„Ich glaube, man träumt gar nicht, wenn man hart schläft.“ Dieser Satz aus dem zeitübergreifenden Theaterstück „Frühlingserwachen“ von Frank Wedekind aus dem Jahr 1891 ziert den Flyer zum Klassenspiel der Waldorfschule am 8. und 9. April.

Bezeichnend ist der Satz aus dem Dialog der Hauptprotagonisten Moritz und Melchior, zweier Heranwachsenden. Das Stück handelt von den großen Themen des Lebens, von Liebe und Tod, von männlichen Regungen und von Mädchen. Es geht um Sexualität und Erwachsenwerden, dem sich die 22 Schüler der Klasse 12A in ihrem Theaterprojekt einen Zugang verschaffen.

Der Regisseur Nils Daniel Finckh inszenierte bildgewaltig, weit über den bloßen Text hinausgehend. „Es geht mir um Liebe, ums Zuhören, ja dem ins jugendliche Herz hineinhören, dem begleiten, nicht erziehen wollen“, so der Regisseur und Schauspieler und Vater von vier Kindern.

Viel Freude bereite ihm seine Arbeit mit den im Durchschnitt 18 Jahre alten Schülern. Das Alter spiele hier eine große Rolle, die Schauspieler seien noch dran am jugendlichen Alter der Figuren, aber hätten schon die nötige Distanz, um im Stück nicht zu Opfern zu werden. Wie entwickelt sich der Körper und was ist der Tod? Fragen, die für Finckh unmittelbar zum Erwachsen werden dazugehören und in ihrer Aktualität über die Jahrhunderte nichts verloren haben. Das Wechselspiel zwischen der Leichtigkeit der Jugend und den gewaltigen, ja gewaltvollen Bildern des jähen Endes derselben berühren auf eigentümliche Art sehr und zeigen die Tiefe seiner Inszenierung.

Sascha Juskowiak spielt den Melchior. „Die Beziehung mit Wendla ist viel leichter zu spielen als die Wut“. Wut sei schwer herstellbar auf der Bühne, er habe sich Stück für Stück in seine Rolle gearbeitet. Die Hilfe des Regisseurs sei dabei ungeheuer wertvoll gewesen, erzählt der Schüler. Schon im Alter von zwölf Jahren sei er überwältigt gewesen von der Frage: „Warum leben wir überhaupt“, die jetzt mit 18 Jahren nicht mehr eine so große Rolle für ihn spiele. Das Zusammenspiel mit den anderen bedeute ihm viel und er freue sich auf einen spannenden Theaterabend.

Die tragische Rolle der „Wendla“ übernimmt Marie Kronauer. Am Anfang sei es ihr schwer gefallen, sich ständig zwischen der kindlich, rotznasigen Art und der Hilflosigkeit hin- und herzubewegen. „Der Bruch von Fröhlichkeit und Verzweiflung hat mich tief berührt“, erzählt die Laienschauspielerin. Die Innenwelt, die sich nach Außen kehrt, habe ihr viel Respekt vor der Stimmung des Stücks abverlangt. Insgesamt sei die Rolle der Wendla schwer zu fassen, da sie auf eine Art so neutral wäre. Die Spielfreude überwiegt aber auch bei ihr und die Freude, diese Herausforderung zu meistern, ist ihr anzusehen.

Moritz, der dritte im Bunde der Hauptdarsteller, wird gespielt von Benjamin Falk. Moritz begeht im Stück Selbstmord und das bliebe für ihn persönlich unvorstellbar, so der 18-jährige Schüler.

„Die Tür zum Leben steht für Moritz offen und dennoch wendet er sich ab, das Leben ist ihm zu viel“, erklärt Falk. Ihm ist eine Nähe zur Tragik tatsächlich passierender Geschehnisse klar und er könne sich durch die Arbeit mit dem Stück Situationen vorstellen, wie sich die Menschen fühlen und was sie dazu treibe, erzählt ein nachdenklicher junger Mann.
 

Zur Person

Nils Daniel Finckh, Schauspieler und Regisseur, wurde 1968 in Ulm geboren. Der Enkel des Widerstandskämpfers Eberhard Finckh wuchs teilweise in Überlingen auf. Seine Schauspielausbildung absolvierte er in Stuttgart, dem Tessin und in Hamburg. Der Nachwuchsschauspieler des Jahres 1993 spielte an verschiedenen Bühnen in Deutschland. Im Fernsehen bekannt wurde er durch die Rolle des Oliver Thalberg in “Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Im Herbst 2010 inszenierte er die Uraufführung „Böse Schafe“, die für einen Theaterpreis vorgeschlagen ist. Finckh lebt mit Frau und drei Kindern in Hamburg.