Der Tod einer 72 Jahre alten Rentnerin durch einen Hundeangriff am 30. Mai 2017 in Frohnstetten findet nun ein zweites juristisches Nachspiel. Die beiden Hundehalter waren in erster Instanz vom Schöffengericht Sigmaringen zu Bewährungsstrafen verurteilt worden und hatten über ihre beiden Verteidiger gegen das Urteil Berufung eingelegt. Daher kommt der Fall nun ab Mittwoch, 6. Februar, vor dem Landgericht in Hechingen erneut zur Verhandlung. Es sind drei Verhandlungstage angesetzt.
Bewährungsstrafen von eineinhalb und zwei Jahren
Der Mann und die Frau waren wegen fahrlässiger Tötung zu Gefängnisstrafen von eineinhalb und zwei Jahren verurteilt worden. Sie mussten diese Strafen aber nicht antreten, weil das Schöffengericht die Freiheitsstrafen zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt hatte. Außerdem hatte das Schöffengericht verfügt, dass die Hundehalter jeweils 100 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten haben. Während der Bewährungszeit dürfen sie keinen Hund halten, der über 20 Kilo wiegt.
Rechtsanwälte gehen nicht von Fahrlässigkeit aus
Wie Rechtsanwalt Jens-Ole Meßow auf SÜDKURIER-Anfrage bestätigte, habe er, genauso wie sein Kollege Ulrich Weber, gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Meßow: „Wir gehen nicht von der in Sigmaringen festgestellten Fahrlässigkeit aus.“ Es sei für die Angeklagten nicht vorhersehbar gewesen, dass das Lederhalsband reißen würden, mit dem der Hund angebunden war.
Nachbarin hörte Schreie der Frau und alarmierte Polizei
Was war geschehen? Der Vorfall vom 30. Mai 2017 hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der von einem offenkundig mangelhaft gesicherten Grundstück entlaufene Hund der Rasse Kangal tötete eine 72 Jahre alte Frau, die auf einem öffentlichen Fußweg unterwegs war, der an dem Grundstück vorbeiführte. Aufgeschreckt durch die Schreie der Frau, alarmierte eine Nachbarin über den Notruf die Polizei. Pressesprecher Markus Sauter vom Polizeipräsidium Konstanz erklärte damals: „Der Alarmruf ging um 20.09 Uhr ein, um 20.14 Uhr machte sich die erste Streifenbesatzung von Sigmaringen aus auf den Weg und war um 20.26 Uhr vor Ort.“
Insgesamt drei Hunde auf dem Grundstück erschossen
Die Rettungssanitäter und der Notarzt konnten jedoch erst eingreifen, nachdem der Hund von seinem Opfer abgelassen hatte und auf das Grundstück seiner Besitzerin zurückgekehrt war. Das Tier wurde von einem Polizeibeamten erschossen. Zwei weitere Hunde, die sich ebenfalls auf dem Grundstück befanden, mussten von Jägern erlegt werden, damit die Beamten das Haus gefahrlos betreten konnten.
Hund war ab frühmorgens auf dem Grundstück angekettet
Wie auch im Sigmaringer Prozess bestätigt wurde, hatte die Kangal-Halterin das Haus um 7 Uhr morgens verlassen und war erst gegen Mitternacht wieder zurückgekehrt. In diesem Zeitraum war der Hund auf dem kleinen Gartengrundstück angekettet, das durch einen etwa 1,40 Meter hohen Zaun gegen den Fußweg abgesichert war. Als die Rentnerin vorbeiging, riss sich der Hund los und stürzte sich auf sein Opfer. Später fanden die Polizisten in dem Haus noch 20 Katzen.
Halter hatten keine Erfahrung mit Kangal
Die Hundehalterin und ihr früherer Ehemann, der ebenfalls angeklagt war, lebten zum Zeitpunkt des Vorfalls und auch ein Jahr später während des Prozesses in Sigmaringen von Hartz IV. Auf die Frage von Staatsanwalt Jens Gruhl, wie es möglich sei, unter Hartz-IV-Bedingungen so viele Tiere zu halten, erklärten die Angeklagten, sie hätten das Futter von einer Tier-Tafel erhalten. Sie sagten aus, von Hundehaltung im Allgemeinen und von der Haltung der Hütehunderasse Kangal im Besonderen keine Erfahrung gehabt zu haben.
Rechtsanwalt Jens-Ole Meßow hatte erklärt, die Angeklagten hätten insgesamt nicht vorhersehen können, dass das Halsband des Hundes reißen und der Hund einen Menschen töten könnte. Deshalb plädierten die Verteidiger vor dem Schöffengericht im vergangenen Jahr auf Freispruch.
Der Prozess am Landgericht Hechingen beginnt am Mittwoch, 6. Februar 2019 um 9 Uhr. Fortsetzungstermine sind am 11. und 27. Februar ebenfalls um 9 Uhr.