Gerd Feuerstein

Wie mehrfach berichtet, hatte die Verlässlichkeit der Bahn auf der Strecke von Storzingen nach Sigmaringen immer wieder zu wünschen übrig gelassen, sodass der Landkreis kurzerhand einen Busverkehr einrichtete, der – sehr zum Leidwesen der Eltern – nach Pfingsten eingestellt wurde. Weil es danach seitens der Bahn wieder zu Verspätungen kam, forderten die Stettener Verwaltung und der Gemeinderat eine Nachjustierung des Verkehrskonzepts. Dem konnte Stöhr nur zustimmen. Er nutzte allerdings die Gelegenheit, dem Gremium die Vorzüge des Konzeptes darzulegen, die mit dessen Einführung 2011 eingetreten seien. Klare Vorgabe der Kommunen, der Schulen und der Linienbetreiber sei gewesen, sogenannte "schienenparallele Busverbindungen" auf die Schiene zu verlagern und die wegfallenden Fahrten in sogenannte "Zubringerfahrten zu den Bahnhöfen" zu reinvestieren. "Das Ganze dient der Daseinsvorsorge auf dem Land", sagte Stöhr und zeigte, was sich seither getan habe. So habe die Neuausrichtung nicht nur Stärkung des Bahnhalts in Storzingen und zur Anbindung des Bahnhofs in Hausen im Tal geführt. Auch seien Fahrten im Zwei-Stunden-Takt, ein Berufsverkehr nach Sigmaringen und Tuttlingen, die Erreichbarkeit der Berufsschulen in Bad Saulgau und Aulendorf, der Anschluss an überregionale Zugverbindungen, eine Anbindung von Kreenheinstetten an die Donautalbahn möglich und nicht zuletzt eine verbesserte Anbindung der Schulen in Schwenningen und in Stetten erreicht worden. "Wir haben auch ihren Schulstandort gesichert", sagte Stöhr und machte deutlich, dass ohne dieses Modell die Nachbarschaftsgrundschule in Schwenningen massiv gefährdet sei.

Vor dem Hintergrund, dass man an Schultagen zwischen Stetten und Storzingen 21 Mal (früher 7 Mal) und zwischen Stetten und Schwenningen 15 Mal (früher 5 Mal) täglich pendeln könne, folgerte Stöhr: "Wir haben viel Positives erreicht." Insofern appellierte er, nicht nur ständig die negativen Seiten herauszustellen. Dennoch seien die vielen Zugausfälle nicht zu entschuldigen. Insofern werde sich der Landkreis weiter für eine verlässliche Sicherheit der Verbindungen einsetzen. "Notfalls muss der zweite Zug wieder her", sagte er. Für die Zukunft schlug er eine Bürgerbeteiligung vor, um das Konzept weiter zu optimieren.

Bürgermeister Maik Lehr erkannte die Vorteile an, forderte indes Nachjustierungen. Adrian Schiefer (FW) sagte: "Ich hätte mir Nutzungszahlen für die Busse gewünscht" und mutmaßte, dass viele Verbindungen tagsüber kaum genutzt würden. Die Frage sei, ob man solche Verbindungen nicht einsparen könnte und dafür wieder Schulfahrten mit dem Bus anbieten zu können. "Wir alle haben Sorge, dass sich die Zuverlässigkeit mit dem Zug jemals vernünftig darstellen lässt", sagte er. Inzwischen seien bereits klare Tendenzen erkennbar, dass Eltern ihre Schüler verstärkt nach Albstadt statt nach Sigmaringen zu den weiterführenden Schulen schickten. Günther Töpfer (CDU) sah "die Skepsis vieler Bürger bestätigt", die diese bereits bei der Einführung des neuen Konzeptes geäußert hatten. Zwischenzeitlich seien die Kritiker des Konzeptes in der Mehrzahl, und würden eine optimale Lösung nur noch in einer zentralen Busverbindung sehen. Wenig Verständnis zeigte er, dass Stettener Schüler sich in den Sigmaringer Schulen auch noch Vorhaltungen anhören müssten, wenn sie zu spät kämen.

Daniel Sauter (FW) konnte weder den Ausführungen Stöhrs noch dem Konzept viel Positives abringen: "Es muss doch am Konzept liegen, dass es einen so schlechten Ruf hat", meinte er. Insofern müsse man dieses viel mehr reflektieren und mit Zahlen unterfüttern. "Es ist einfach immer schlechter geworden, insbesondere für die Teilgemeinden", so Sauter. Am Ende herrschte Einigkeit im Rat, dass die Probleme vorwiegend in der Unzuverlässigkeit der Bahn begründet liegen. Nachdem Nutzungszahlen erst ermittelt werden, nahm das Gremium die Ausführungen Stöhrs mit der Maßgabe zur Kenntnis, dass sich der Kreis gegenüber Bahn und Land weiter für eine verlässliche Schülerbeförderung einsetzt. Nach Vorliegen der Nutzungszahlen soll zudem im Bürgerdialog an einer Optimierung des Konzepts gearbeitet werden.

Der Verkehrsraum & die Diskussion

Zum Verkehrsraum "Großer Heuberg" zählen mit Schwenningen und Stetten a.k.M. rund 6700 Bürger. Die Linien werden vom Omnibusunternehmen Beck aus Schwenningen bedient. Das Unternehmen erhält neben den Kosten für die Schülerbeförderung keinerlei weiteren Ersatz vom Landkreis und müsse in eigener Zuständigkeit für die Wirtschaftlichkeit der Linien sorgen. Derzeit nutzen 136 Schüler eine Monatskarte nach Sigmaringen, 191 Schüler nutzen diese in und nach Stetten sowie 15 Schüler aus Schwenningen.

Die unzureichende Schülerverbindung von Storzingen nach Sigmaringen sorgt in der Heuberggemeinde schon seit Monaten für viel Gesprächsstoff. Bereits im Januar hatte BÜrgermeister Maik Lehn in einer Gemeinderatssitzung darauf hingewiesen, dass das Grundproblem nur in Stuttgart zu lösen ist: "Dort sitzen die Verantwortlichen", unterstrich er und bemängelte, dass die Fachleute vor Ort dort nicht gehört würden.

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit habe man den Experten in den Ministerien prophezeit, dass das vorgesehene Konzept nicht funktionieren werde. Langfristig müsse wieder eine durchgängige Zug- oder dauerhafte Busverbindung her, sagte Lehn und forderte das Gremium auf, sich diesbezüglich zu positionieren.

Er sei in Sachen Kommunalpolitik und Schülerbeförderung noch nie so wütend gewesen, hatte Günther Töpfer (CDU) gesagt. "Die Verantwortung liegt bei der Deutschen Bahn und als deren Vertragspartner beim Verkehrsministerium in Stuttgart", sagte Töpfer. Schon bei der Einführung des neuen Nahverkehrskonzepts vor einigen Jahren seien viele Stettener äußerst skeptisch gewesen. Zwar wollte man seinerzeit den Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV) verbessern, doch sei das Ergebnis eine einzige Katastrophe und die Verantwortlichen der Bahn zeigten sich offensichtlich taub.

Auch Töpfers Kollege Adrian Schiefer (FW) und zahlreiche weitere Wortführer hatten ins gleiche Horn gestoßen. "Der neue Nahverkehrsplan ist gescheitert und muss entsprechend der gemachten Erfahrungen angepasst werden", forderte Schiefer. Wie später auch Daniel Sauter (FW) und Klaus-Dieter Halder (CDU) erinnerte er, dass man mit dem neuen Konzept mit seiner zweistündigen Verbindung zwar eine deutlich bessere Anbindung an den ÖPNV bekommen habe, dass diese aber von der Bevölkerung überhaupt nicht angenommen werde.

Ohnehin habe die Schülerbeförderung nur deshalb halbwegs funktioniert, weil seinerzeit dafür ein zusätzlicher Zug eingesetzt wurde: "Mit dem Wegfall dieses Zuges war klar, dass ein Fiasko entsteht", war man einer Meinung. "Das Konzept ist gescheitert, deshalb muss wieder eine durchgängige Busverbindung her", brachte Martin Biebl (ILS) die knapp einstündige Debatte auf den Punkt und war sich am Ende mit seinen Kollegen einig, diese Forderung auf den Tisch zu bringen. (gfe)