Jeder vierte Fahrschüler besteht praktische Prüfung nicht

Endlich frei und unabhängig. So fühlen sich diejenigen, die erstmals den Führerschein in der Hand halten und damit die Möglichkeit, mit einem Auto jegliches Ziel auf dieser Erde ansteuern zu können. Der „Lappen“ galt viele Jahre als Statussymbol, aber immer mehr Fahrschülern bleibt der Tag der Führerschein-Prüfung in schlechter Erinnerung – statt Freude und Erleichterung zu spüren, hören sie: „Durchgefallen.“ In Baden-Württemberg sind im vergangenen Jahr knapp 37,8 Prozent der Fahrschüler an der Theorieprüfung gescheitert (2016: 35,8 Prozent). Bei der praktischen Prüfung sieht es nur wenig besser aus. Bei etwa jedem vierten Fahrschüler (24,1 Prozent; 2016: 22,4 Prozent) hatte der Prüfer etwas so Gravierendes zu bemängeln, dass es am Ende nicht fürs Bestehen reichte.

Der digitalen Generation fehlt technisches Verständnis

Klaus Heusel, Fahrlehrer aus Pfullendorf, bestätigt diesen Trend: „Es scheitern tatsächlich mehr Prüflinge in der Theorie und besonders bei der praktischen Prüfung.“ Heusel, seit mehr als drei Jahrzehnten als Fahrlehrer tätig, hat eine Hauptursache für die erhöhte Durchfallquote ausgemacht. Zuvörderst vermisst er bei Angehörigen der digitalen Generation ein generelles Verständnis für die Technik sowie die Erfordernisse des Autofahrens und des Straßenverkehrs. Früher hätten Kinder und Jugendliche als Beifahrer das Verkehrsgeschehen aufmerksam beobachtet, während diese heutzutage während der Autofahrt auf das Handy starren und die Außenwelt kaum mehr wahrnehmen.

Bei der praktischen Fahrprüfung durchzufallen, bedeutet heutzutage für viele Fahrschüler kein großes Problem. Bilder: Siegfried Volk, ...
Bei der praktischen Fahrprüfung durchzufallen, bedeutet heutzutage für viele Fahrschüler kein großes Problem. Bilder: Siegfried Volk, mapoli-photo/stock.adobe.com | Bild: Volk, Siegfried

Führerschein zum 18. Geburtstag ist nicht mehr so wichtig

Laut Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg, spielt auch die sinkende Bedeutung des Führerscheins eine Rolle: „Einer der Hauptgründe dürfte sein, dass der pünktliche Erwerb des Führerscheins zum 18. Geburtstag bei Jugendlichen – im Vergleich zu früher – deutlich an Bedeutung verloren hat.“ Deshalb werde auch das Nicht-Bestehen oftmals als „nicht so schlimm“ betrachtet.

Theorievorprüfung mit der Handy-App

So sieht es auch die 17-jährige Melissa aus Pfullendorf, die mitten in der Führerscheinausbildung steckt und weder vor der theoretischen noch praktischen Prüfung Bedenken hat. „Wenn ich nicht bestehe, wäre das nicht so schlimm. Man kann die Prüfung ja noch einmal machen“, sieht sie dem Termin gelassen entgegen. Zur Vorbereitung auf die rund 100 Prüfungsfragen nutzt sie die Lern-App auf dem Handy, statt der klassischen Papierbögen.

Fahrlehrer Klaus Heusel ist mit seinem Schützling, der 17-jährigen Melissa aus Pfullendorf, sehr zufrieden.
Fahrlehrer Klaus Heusel ist mit seinem Schützling, der 17-jährigen Melissa aus Pfullendorf, sehr zufrieden. | Bild: Volk, Siegfried

Zufallsgenerator wählt Theoriefragen aus

Die Theorieprüfung von heute unterscheidet sich deutlich von dem, was viele Autofahrer von ihrem großen Tag in Erinnerung haben. Mittlerweile werden die 30 von einem Zufallsgenerator ausgewählten Fragen auf einem Tablet-PC beantwortet. Dazu gehören reine Textfragen ebenso wie Fragen mit Bild und Fragen zu einem Videoclip, der bis zu fünfmal angeschaut werden kann. Pro falsch beantworteter Frage gibt es drei bis fünf Fehlerpunkte. Ab elf Fehlerpunkten oder zwei Fehlern bei Vorfahrtsfragen ist der Schüler durchgefallen. „Da außerdem bei den Bilderfragen zahlreiche Varianten in den Prüfungsfragenkatalog aufgenommen wurden, wurde das Bestehen der Prüfung durch reines Auswendiglernen praktisch unmöglich gemacht.

Zahl der Fahrstunden hat sich erhöht

Dagegen gab es bei der Praxisprüfung kaum Änderungen. Der Fahrschüler ist auf sich gestellt, der Prüfer sitzt ihm im Nacken – doch der Verkehr macht es den Experten zufolge für Prüflinge schwerer als früher. „Denke ich an meine Fahrausbildung vor über 30 Jahren, ist der Verkehr in diesen Jahren immer mehr und somit auch anstrengender geworden. Auch deshalb habe sich die durchschnittliche Zahl an normalen Fahrstunden auf 20 bis 25 erhöht, ohne Nacht-, Überland- und Autobahnfahrten versteht sich. Die erhöhte Stundenzahl ist nach Angaben von Heusel auch ursächlich für die deutlich gestiegenen Führerscheinkosten. In den 70er und 80er Jahren mussten Fahranfänger im Durchschnitt noch 1000 DM für Theorie und Praxis bezahlen, während heutzutage zwischen 2000 und 2500 Euro fällig werden.

Drängler nerven Fahrlehrer

Eines nervt Fahrlehrer Klaus Heusel, wenn er mit einem Schützling im Auto unterwegs ist: Das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmern gegenüber dem Anfänger. Manches Mal ertönt ein Hupen, wenn der Fahrschüler vermeintlich zu langsam unterwegs ist, dabei aber vorschriftsmäßig fährt. Oft klebten andere Fahrer hinter dem Fahrschulauto, ohne den Sicherheitsabstand zu beachten. „Dabei hat doch jeder mal als Anfänger begonnen“, appelliert der Pfullendorfer an die Vernunft der scheinbar erfahrenen Verkehrsteilnehmer, doch Rücksicht auf ihre künftigen Wegbegleiter im Straßenverkehr zu nehmen.

 

Testen Sie Ihr Theoriewissen

Wie gut würden Sie heute noch bei der theoretischen Führerscheinprüfung abschließen? Machen Sie den Test! Mehrere korrekte Antworten sind möglich.

  1. .Wie lange dauert es, bis 1,0 Promille Alkohol im Blut abgebaut ist?

zehn Stunden

eine Stunde

fünf Stunden

  1. .Wo tritt besonders häufig
    Aquaplaning auf?

an Bahnübergängen

bei Gefälle

bei Spurrillen

  1. .Sie fahren bei Nebel auf der Autobahn und haben 50 Meter Sicht. Wie schnell dürfen Sie höchstens fahren?

50 km/h

70 km/h

100 km/h

  1. .Wie verhalten Sie sich, wenn ein
    Bus an einer Haltestelle hält und Warnblinklicht eingeschaltet ist?

Beim Vorbeifahren durch ausreichenden Abstand eine Gefährdung von Fahrgästen ausschließen

Warten, wenn Fahrgäste behindert werden können

Nur mit Schrittgeschwindigkeit weiterfahren, nötigenfalls anhalten

  1. .Sie fahren mit 30 km/h. Dabei beträgt der Bremsweg nach der Faustformel bei einer normalen Bremsung neun Meter. Wie lang ist der Bremsweg unter gleichen Bedingungen bei 60 km/h?

18 Meter

22 Meter

36 Meter

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