Eine hochkarätige Besuchergruppe hatte sich gestern bei der Alno AG zur Frühstücksrunde unter dem Titel "Morgenstund" für Gespräche und eine Betriebsbesichtigung angemeldet: Mitglieder des vor zwei Jahren gegründeten Unternehmensverbandes Kreis Sigmaringen (UVS). Vorstandschef Max Müller erklärte, dass sich der Küchenhersteller in einem schwierigen Umfeld befinde, aber sich durch die Restrukturierungsmaßnahmen so aufgestellt habe, dass es vorangehe. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER präzisierte der seit 2011 amtierende Konzernchef: "Wir erwarten für 2017 eine schwarze Null."
Erstmals nach vielen Jahren werde das Unternehmen Geld verdienen, denn die Kostenstruktur stimme jetzt. Man habe die Belegschaft um rund 300 Beschäftigte verringert, wobei das anvisierte Sparvolumen von 20 Millionen Euro erst im kommenden Jahr vollständig und nachhaltig "durchschlagen wird." Für die betroffenen Mitarbeiter am Stammsitz in Pfullendorf, dessen Erhalt nach Angaben von Müller gesichert ist, wurde eine Beschäftigungsgesellschaft gegründet. Abgeschlossen ist auch der angekündigte Jobbau von 100 Arbeitsplätzen im Ausland beziehungsweise in der Schweiz. Nachdem von der jüngsten Entlasswelle ausschließlich die Verwaltung betroffen ist, sieht Alno-Vorstandschef Müller das bisherige Beschäftigungsmissverhältnis zwischen Produktion und nicht administrativen Bereichen aufgelöst.
Landrätin Stefanie Bürkle stellte im Anschluss mit dem Vorsitzenden Alfons Mattes, Geschäftsführer von Kendrion, den Unternehmerverband UVS kurz vor, dessen Mitgliederzahl sich binnen zwei Jahren von 27 auf 53 erhöhte. Als Kommunikations- und Begegnungsplattform könnten Unternehmer branchenübergreifend neue Kontakte knüpfen. Angesichts der Kreishistorie mit den badischen, hohenzollerischen und württembergischen Gebieten und Gemeinden, die sich heute noch in manchen Verbandsgrenzen widerspiegle, sei ihr die Gründungsnotwendigkeit einer Institution wie der UVS schnell klar geworden, erklärte die Kreischefin. Dann nutzten die drei Dutzend Besucher die Gelegenheit, die Alno-Produktionsstätte bei einer 45-minütigen Werksbesichtigung in Augenschein zu nehmen. Das ist eine sehr gute Gelegenheit, sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen", erklärte Frank Werz, Geschäftsführer der gleichnamigen Vakuum Wärmebehandlung GmbH, der von Gammertingen nach Pfullendorf gekommen war, im SÜDKURIER-Gespräch. Im Anschluss nutzte die UVS-Vorstandsriege das Angebot der Alno und hielt in den Räumen eine Sitzung ab, bei der es nach Angaben von Landrätin Bürkle vornehmlich um die Infrastruktur im Landkreis ging. Ein Thema war die Planung für die Nordtrasse, die bekanntlich in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes aufgenommen wurde. Als "Schlüsseltechnologie" für die Betriebe wie den Landkreis bezeichnete Bürkle den Breitbandausbau, wo man sehr gut unterwegs sei. "Wir haben schon viel Glasfaser im Boden", erklärte die Landrätin nicht ohne stolz. Wirtschaft, Seite 9
Fachkräftemangel ist das Problem!
Im SÜDKURIER-Gespräch benannte der WIS-Geschäftsführer die rückläufigen Ausbildungszahlen im Landkreis als seine größte Sorge. Die Zahl der Beschäftigten erhöhe sich seit Jahren, während die Einwohnerzahl im Kreis sich verringere. "Wir müssen junge Menschen halten und sie für unsere Firmen, unsere Wirtschaft begeistern", macht der Experte deutlich. Entscheidend ist für ihn, dass Schüler und Studenten den Weg in die heimischen Betriebe finden. Dazu entwickelt er eine so genannte "Sinnestour", eine Art Firmenpool, in dessen Mitgliedsbetrieben die WIS auch kurzfristig Betriebsbesichtigungen durchführen kann. Mit dabei sind unter anderem die Firma Mahle aus Leibertingen und jüngst sagte auch die Treppenbaufirma Wiehl aus Bingen ihre Teilnahme zu. In das Konzept mit eingebunden ist die Hochschule Sigmaringen-Albstadt. Aktuell herrsche in der Region annähernd Vollbeschäftigung und umso wichtiger ist es nach Überzeugung des Wirtschaftsförderers, dass die Studenten die Vorzüge der heimischen Betriebe und des Ländlichen Raumes kennen und schätzen lernten. Der Vorsitzendes des Unternehmerverbandes UVS, Geschäftsführer Alfons Mattes von der Firma Kendrion, brachte das Bestreben des Verbandes auf den Punkt: "Wir müssen die Menschen für die Wirtschaft begeistern!"
Dr. Bernhard Kräußlich managt den Unternehmerverband und ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung und Standortmarketing (WIS) GmbH Landkreis Sigmaringen