Auf Anfrage des SÜDKURIER erklärte Betriebsratsvorsitzende Waltraud Klaiber, dass man keine Stellungnahme gegenüber der Öffentlichkeit abgibt und auch die Belegschaft nicht mit einem Aushang am „Schwarzen Brett“ über das Gespräch am Dienstag informiert, auch weil es keine konkreten Zahlen gebe. Bestätigen wollte sie lediglich, dass in Pfullendorf die Mitglieder des Betriebsrates sowie der IG Metall am Verhandlungstisch saßen, aber auf die Frage, wer auf der Gegenseite Platz genommen hat, gab Klaiber keine Auskunft. Und auch Pressesprecher Markus Göggele erklärte knapp: „Zu laufenden Verhandlungen sagen wir nichts!“
Gestern Vormittag informierte Waltraud Klaiber ihre Betriebsratskollegen in Pfullendorf sowie ihre Kollegen auch in Enger und Coswig. In der kommenden Woche sollen die Gespräche mit der Geschäftsführung fortgesetzt werden. Ob dann bekannt wird, wie viele Jobs in Pfullendorf wegfallen? Klar ist, da ausnahmslos die Verwaltung „bluten“ soll und da in Pfullendorf in den vergangenen Jahren die Verwaltung zentralisiert sowie 800 der 1500 bundesweit Beschäftigten hier arbeiten, dass mindestens 150 Jobs am Stammsitz wegfallen und damit müsste der Produktionsstandort einen erneuten personellen Aderlass von 20 Prozent verkraften. Damit würde die positive Entwicklung, was die Beschäftigtenzahl angeht, jäh gestoppt. Seit der Übernahme und Verlagerung der Piatti-Küchenproduktion vom schweizerischen Dietlikon nach Pfullendorf hat sich die Mitarbeiterzahl in den vergangenen zwei Jahren von rund 730 um zehn Prozent erhöht. Mit Hinweis auf die Kahlschlag-Pläne des einstigen Alno-Vorstandschefs Jörg Deisel, der Pfullendorf zerschlagen und lediglich noch eine Belegschaft von 250 Beschäftigten zubilligen wollte, bewerten etliche Verantwortliche diese Entwicklung als Erfolg.
Der neue Mehrheitsaktionär, die Tahoe GmbH, hatte angekündigt, dass man an einem langfristigen Engagement an Alno interessiert sei, allerdings bedürfe es eines radikalen Kursschwenks. Man werde alles auf den Prüfstand stellen und „jeden Stein umdrehen“, hatte der neue Finanzchef Christian Brenner bei der Mitarbeiterversammlung vergangenen Freitag erklärt, als er mit Vorstandschef Max Müller die Restrukturierungspläne vorstellte und begründete. Seit einigen Wochen sind Experten der Prevent-Gruppe, zu denen Tahoe gehört, in den Werken unterwegs, durchleuchten die Betriebsabläufe und suchen Einsparpotenziale. Klar ist, dass der Konzern neben Schulden von rund 160 Millionen Euro auch über Vermögenswerte verfügt. Dazu gehören neben den Immobilien unter anderem die Markenrechte. In einem Interview hatte die im Dezember geschasste Finanzchefin Ipek Demirtas erklärt, dass eine Prüfungsgesellschaft allein die Marke „Alno“ mit rund 60 Millionen Euro taxiert. Auf 60 Millionen hatte Demirtas in einer Aktionärsversammlung auch die Verlustvorträge beziffert, die der Konzern quasi gegenrechnen beziehungsweise einsetzen könnte, falls er irgendwann Gewinnsteuern zahlen müsste.
Bekanntlich verfügt die Tahoe GmbH aktuell über 43,13 Prozent der Stimmanteile an der Alno AG, wobei der Investor lediglich 26,61 Prozent der Aktien gekauft hat. Weiteren Einfluss sicherte sich die in Frankfurt a.M. ansässige Firma über so genannte Stimmrechtsvereinbarungen. Einen solchen Vertrag hat Vorstandschef Max Müller abgeschlossen, der mit seiner Familie rund 6,7 Prozent Alno-Aktien gekauft hat. Auf den Börsenkurs des Papiers hat die Ankündigung des Restrukturierungsprogramms bislang keine große Wirkung, denn mit 48 Cent befindet man sich unter jenen 50 Cent, die Tahoe den Altaktionären geboten hat.