Die Verhandlungen über den geplanten Arbeitsplatzabbau bei der Alno laufen auf Hochturen und sind in der Endphase. Es geht um 350 Jobs, die der neue Mehrheitsaktionär, die zur Prevent-Gruppe gehörende Tahoe Investor GmbH, abbauen und dadurch jährlich 20 Millionen Euro einsparen will. An den deutschen Standorten Enger, Coswig und Pfullendorf sollen 250 Arbeitsplätze, und zwar ausschließlich in der Verwaltung, wegfallen beziehungsweise verlagert werden.
Gestern bestätigten Alno-Pressesprecher Markus Gögele und Betriebsratsvorsitzende Waltraud Klaiber, dass eine Verlagerung von Kundenserviceeinheiten nach Bosnien verhandelt wird. Im westfälischen Enger wurde die Belegschaft vom neuen Finanzchef Christian Brenner über die Pläne informiert, was nach Angaben der IG Metall den Abbau von 75 der 150 Verwaltungsstellen bedeuten würde, wie die Gewerkschaft in einem Brief an ihre Mitglieder erklärte. Um möglichst viele Arbeitsplätze zu retten, habe die IG Metall einen Alternativvorschlag erarbeitet und für die Verhandlungsführung mit der Firmenleitung von den Mitgliedern ein Verhandlungsmandat erhalten. Gestern Abend informierte die Pfullendorfer Betriebsratsvorsitzende Waltraud Klaiber die IG-Metall-Mitglieder über den Verhandlungsstand. Nach ihren Angaben sind in den Kundencentern in Pfullendorf, Coswig und Enger derzeit 160 Mitarbeiter beschäftigt. Die Verhandlungen mit der Geschäftsleitung werden am heutigen Freitag fortgesetzt und es soll noch eine weitere Runde geben. Nach Informationen des SÜDKURIER steht dabei auch die Gründung eine Transfergesellschaft auf der Tagesordnung.
Bei den Entlassungswellen in den vergangenen 15 Jahren wurden für betroffene Beschäftigte solche Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften gegründet, zuletzt vor zwei Jahren, als konzernweit 100 Verwaltungsstellen gestrichen wurden. Nachdem ein Küchenmagazin vermeldet hatte, dass Prevent mit dem Stellenabbau jährlich zehn Millionen Euro einsparen wolle, erklärte Alno-Pressesprecher Gögele auf Anfrage, dass die Differenz zu dem anfangs postulierten Sparvolumen von 20 Millionen Euro daher komme, dass man zehn Millionen Euro im Inland und zehn Millionen Euro im Ausland einsparen wolle. In einer Mitteilung Ende Januar wurde kein konkreter Betrag mehr genannt, sondern ein "zweistelliger Millionenbetrag sollte bereits im laufenden Jahr eingespart werden."
Warum man mit dem geplanten Abbau von 100 Arbeitsplätzen im Ausland denselben Spareffekt wie dem Canceln von 250 inländischen Jobs erzielt, darauf gab es keine Antwort. Wobei die geplanten Einsparungen beim Kundenservicecenter durch die Verlagerung nach Bosnien auch nur einen Teil des Sparvolumens von zehn Millionen Euro ausmachten. Klar ist, dass sich die Verhandlungen im Endstadium befinden und die Arbeitnehmervertreter um jeden Arbeitsplatz aber auch die Sicherung des Unternehmens und damit die 1800 Beschäftigten kämpfen, die nach dem Abbau von 350 Jobs weltweit noch übrig bleiben würden. Für Branchenkenner scheint die Verlagerung der Verwaltungsarbeitsplätze nach Sarajewo möglich, während man aber nicht mit einer Verlagerung der Produktion ins kostengünstige Bosnien rechnet.
Personal
In Deutschland sind am Stammsitz in Pfullendorf sind 800 Mitarbeiter beschäftigt, in Coswig 350 und im westfälischen Enger etwa 450. Der Personalaufwand betrug im Jahr 2015 weltweit 136 Millionen Euro. Im Jahr 2011 betrugen die Kosten für 1845 Beschäftige rund 98,5 Millionen Euro. (siv)