Die Zeugin war nur kurz auf der Toilette gewesen. Als sie nach einigen Minuten wieder in die Spielhalle "Admiral" in Überlingen zurückkam, hatte sich die Szene völlig geändert. Zwei bewaffnete Räuber hatten in der Zwischenzeit die Herrschaft über die Spielhalle übernommen. Die 40 Jahre alte Gärtnerin wurde mit dem Befehl "Hände hoch, Du bleibst hier" empfangen. Das war am 6. Februar diesen Jahres kurz vor Mitternacht. Inzwischen ist die gesamte Bande von insgesamt fünf Mitgliedern nach intensiver Polizeiarbeit geschnappt worden. Für die juristische Aufarbeitung ist die Strafkammer am Landgericht Hechingen zuständig. Die Angeklagten müssen sich für vier vollendete Raubüberfälle und einen versuchten Überfall im Zollernalb-Kreis, im Bodenseekreis und im Landkreis Sigmaringen verantworten.

Gangster richtet Waffe auf Frau

Am zweiten Verhandlungstag sagten Zeugen zum Überfall auf einen Edeka-Markt in Winterlingen (Zollernalb-Kreis) und auf die Überlinger Spielhalle aus. Dass es bei der letzten Straftat, einem geplanten Überfall auf einen Discounter-Markt "Treff 3000" in Orsingen-Nenzingen, beim Versuch blieb, ist der Polizei zu verdanken. Die Beamten konnten zwei der Angeklagten am 22. März unmittelbar vor der Tatausführung festnehmen. Die 40 Jahre alte Zeugin des Überlinger Überfalls hatte nach der Tat noch einige Zeit gebraucht, um die psychischen Folgen zu überwinden. Den Moment, in dem einer der Gangster eine Waffe auf sie richtete, beschrieb sie vor Gericht so: "Ich habe innerlich gezittert." Am Tag darauf musste die Zeugin ihren Arzt aufsuchen. Inzwischen, so sagte sie, habe sie das Erlebte verarbeitet. Eine Spielhalle will sie allerdings nicht mehr aufsuchen.

Geldschein löst stillen Alarm aus

Der Service-Mitarbeiter, der die Spielhalle betreut hatte und zum Zeitpunkt des Überfalls bereits die Schließung vorbereitete, war der zweite Zeuge. Zunächst hatte der 59-Jährige an einen Spaß gedacht. Erst als er von den Tätern mit vorgehaltenen Waffen aufgefordert wurde, sich auf den Boden zu legen, sei ihm der Ernst der Sache bewusst geworden. Weil die Räuber nicht an das Geld aus dem Tresor und den Wechselgeldanlagen kamen, begnügten sie sich mit dem Bargeld aus der Thekenkasse. Der Zeuge: "Das waren rund 530 Euro." Weil der Angestellte nicht wusste, ob die vorgehaltenen Waffen echt waren, verzichtete er darauf, mit dem Ziehen eines bestimmten Geldscheines den stillen Alarm bei der Polizei auszulösen. Das holte er erst nach, nachdem die Straftäter in der nächtlichen Dunkelheit verschwunden waren. Allerdings hatte einer der Gäste schon kurz zuvor die Sicherheitskräfte verständigt.

"Immer zuerst die 110 anrufen!"

Die Angeklagten haben ihre direkte Beteiligung zugeben, und sich bei den Zeugen aus Winterlingen und Überlingen entschuldigt. Der Winterlinger Überfall auf den Edeka-Markt ereignete sich am 19. Januar. Er war mit einer Beute von 13 600 Euro aus Sicht der Kriminellen nicht nur erfolgreich, er forderte auch ein Opfer. Die mit Waffen bedrohte Kassierin hat, wie zwei Zeugen bestätigten, den Überfall bis heute nicht psychisch bewältigt. Die Marktleiterin: "Sie fängt sofort an zu heulen, wenn sie auf das Geschehen angesprochen wird." Kritisch wertete der Gerichtsvorsitzende Hannes Breuckler, dass zunächst der interne Sicherheitsdienst informiert worden sei, über den erst die Polizei alarmiert wurde. Sein Rat: "Immer zuerst die 110 anrufen!"

Der Prozess wird am Montag, 5. November, ab 8.30 Uhr in Hechingen am Landgericht fortgesetzt. Die Urteile sollen am 12. November verkündet werden.