Die zweite Auflage des  Sommernachtsfestivals ist zumindest klimatisch recht abenteuerlich geraten. Drei Stunden lugt die Sommersonne hervor, was selbst die Hauptakteure, die Sportfreunde Stiller, bei ihrem ersten Auswärtsspiel in der Kreisstadt zu einer Huldigungs-Hymne "Lass die Sonne raus" animiert. Kaum hat das populäre Trio den "guten Turn" des Wetters gefeiert und eine dreiviertel Stunde gespielt, da zeigt sich, dass ihr Draht nach oben nicht ganz so perfekt ist. Sintflutartiger Regen prasselt im Donaupark aus weit geöffneten Himmelsschleusen herunter und alle Fans ohne Regencape werden im Nu pitschnass. Doch weder die "Sporties", fragloser Höhepunkt des Abends, noch die Konzertbesucher, über 5000 an der Zahl, lassen sich die gute Stimmung vermießen.

Das Publikum ist generationsdurchmischt, viele jüngere Leute darunter, sie wollen sich die Performance der Sportfreunde Stiller, von einer eindrucksvollen Lightshow getragen, nicht entgehen lassen. "Applaus, Applaus", dieses anmutige Lied kommt früh zum Zuge, womit Peter Brugger, Sänger und Gitarrist der munteren Bajuwaren, den Fans Anerkennung für ihre Tapferkeit bei diesem Sauwetter zollt. Einige Frauen zeigen es anschaulich, dass man auch beschirmt ausgelassen seinem Bewegungsdrang nachkommen kann. Den anfänglichen Test der Sportfreunde, "ob ihr mitsingen könnt", haben alle textsicher bestanden. Schon beim dritten Stück "New York, Rio, Rosenheim" wirkt auch die härteste Kategorie an Typen der Fraktion "Stehen und Armeverschränken" mit. Gemeinsam wird der Schlachtruf der isländischen Fußballer bei der Europameisterschaft, dieses "Huhu", intoniert.

Damit hat das in den FC Bayern und TSV 1860 München fußballverliebte Trio dieses Match in der Kreisstadt gewonnen. Trommler "Flo" Weber, der sein Arbeitsgerät tüchtig malträtiert und Bassist "Rüde" Linhof zimmern ein grundfestes Gerüst. Musikalisch ist es ein stimmiger Streifzug durch die 20-jährige Historie der Band mit Gassenhauern, die alle so lieben.

Für den Riff-Rock-Auftakt haben in den frühen Abendstunden Razz, die fünfköpfige deutsche Indie-Rockband aus dem Emsland mit eigenstilistischen Elementen gesorgt. Und die nordirische Formation Ash, sie wird dem Britpop und Indie-Rock zugeordnet, manche Stücke klingen ähnlich wie die new wavigen Simple Minds, zum Teil pflegen sie eine recht punkige Attitüde. Die Bühne ist vorgewärmt.

Und zwar für die Senkrechtstarter aus Wien, für Wanda. Die Popband hat den Sprung in die Spitzencharts Österreichs geschafft und mit ihren Liebesliedern die Herzen ihrer großen Fangemeinde erwärmt, die mit respektablem Anhang nach Sigmaringen gefolgt ist. Ihre Songs variieren mit Rock'n'Roll und Indie-Rock und sind Referenzen an Wolfgang Ambros. Ihr betriebsam in die Menge winkender Frontmann und Sänger Michael Marco Fitzthum, der sich mit Künstlernamen Marco Michael Wanda nennt, bringt das Publikum so richtig in Wallung. Sein "2800 Mal Bussi" – das kommt an, die Austrianer lassen keine Wünsche offen.

Die Sonne lacht, als der Songwriter Axel Bosse mit seiner siebenköpfigen Combo die Bühne betritt. Der sympathische Mann aus Hamburg erzeugt Partystimmung, sein Nummer-eins-Studioalbum "Engeltanz" hat ihn in Deutschland populär gemacht. Seine Interaktion mit dem Publikum ist unterhaltsam. Launig erzählt er, dass er zum Konzert die falsche Tasche erwischt hätte, mit alten Hochzeitsschuhen drin, die ihm nicht mehr passen. Doch trotz dieser Tortur ist er nicht davon abzuhalten, so fröhlich und ausgelassen über die Bühne zu hüpfen – mit der energetischen Ausstrahlung eines Springinsfelds. Er verbreitet gute Laune und animiert zum Tanzen und Arme schwenken, manche seiner Indie-Pop-Songs klingen melancholisch, ein starker Auftritt, der Laune auf die das Stiller-Trio macht.

Für die "Sporties" geht die Spielzeit um 22.45 Uhr nach mehreren Zugaben zu Ende. Derweil hat sich am Ausgang eine kleine Seenplatte gebildet – die einzige Hürde für überglückliche Fans.

 

Sommernacht-Festival

Im Vorjahr waren es neben Sunrise Avenue vor allem die alten Haudegen in der Rockmusik, Deep Purple und Alan Parsons Live Projekt, die ein Publikum jenseits der 50er Jahre bedienten. Bei der Zweitauflage überwiegen neben Topact Sportfreunde Stiller vier populäre Newcomer-Gruppen – ihr Resonanzboden findet ein erheblich jüngeres Publikum in Sigmaringen. (jüw)