2. Bundesliga: HSG Konstanz – EHV Aue 28:26 (15:12). – Dass sogar eine nahezu leere Halle bei einem Geisterspiel explodieren kann, bekommen die wenigen Zuschauer am Schänzle exakt 54 Sekunden vor Abpfiff des Zweitligaduells zwischen der HSG Konstanz und dem EHV Aue zu hören. Die Gastgeber führen mit 27:26, längst ist Zeitspiel angezeigt, als Tom Wolf ins Eins-gegen-eins geht und das erlösende 28. Tor wirft, das der HSG den sechsten Saisonsieg sichert.
In diesem einen Moment fällt die ganze Anspannung von den zuletzt verunsicherten Konstanzern ab. „Am Ende sind wir froh, ein wenig erlöst“, gibt Trainer Daniel Eblen zu. Nach knapp 80 Gegentoren gegen den HSV Hamburg (29:40) und den Dessau-Rosslauer HV (31:37) hatte er eine Reaktion gefordert.
In der Schänzlehalle war es deshalb auch in den Tagen vor dem Spiel laut geworden. „Wir haben im Training weniger taktisch gearbeitet, wir wollten ein bisschen emotionaler sein“, sagt Trainer Eblen.
„Wenn gedeckt wird, müssen wir umso lauter sein. Das fördert zum einen die Kommunikation und auf der anderen Seite auch den Zusammenhalt und die Aggressivität.“
Tatsächlich präsentieren sich die Konstanzer lange wie verwandelt
Die Hausherren treten mit einer ganz anderen Körpersprache, vor allem in der zuletzt gescholtenen Defensive, auf. Nach einer ausgeglichenen Viertelstunde (7:7) bestrafen die starken Rückraumspieler Tom Wolf und Joschua Braun zwei vergebene Angriffe des EHV mit dem 9:7, ehe eine wichtige Parade von Torhüter Michael Haßferter den Weg ebnet zur ersten Drei-Tore-Führung.
In der Abwehr verschaffen die Gastgeber sich immer wieder durch aggressives Zupacken Respekt, vorne agieren sie nahezu fehlerfrei.
Dieses energische Auftreten scheint den Tabellensechsten sichtlich zu nerven. Fünf Minuten vor der Pause hat der Auer Kreisläufer Bengt Bornholm Glück, dass er weiterspielen darf. Er lässt sich zu einem Revanchefoul hinreißen, doch seinen Tritt gegen Michel Stotz übersehen die Unparteiischen.
Davon unbeeindruckt nehmen die Hausherren einen 15:12-Vorsprung mit in die Pause. „Man hat gemerkt, dass die Konzentration von Beginn an da war. Man hat das Kribbeln gespürt, und wir waren aggressiv, aber nicht unfair und haben gut gespielt“, resümiert Trainer Daniel Eblen.
Zwischenzeitlich wie in einem Rausch
Ohne die verletzten Moritz Ebert, Felix Jaeger und Samuel Wendel sowie die angeschlagenen Peter Schramm und Patrick Volz auf der Bank machen die Konstanzer zunächst auch Hälfte zwei eine gute Figur. Zwischenzeitlich spielen sie sich fast in einen Rausch, zehn Minuten vor Schluss scheint die Partie beim Stand von 26:19 für die bis dahin souveränen Gastgeber entschieden.
„Wir haben aggressiver gespielt und nicht so viele Fehler gemacht, das war die entscheidende Sache“, sagt Daniel Eblen, doch dann, ganz plötzlich, ist alle Leichtigkeit verschwunden aus einem begeisternden Auftritt. „Man hat gesehen: So stabil ist das noch nicht. So lange es gut läuft, funktioniert‘s“, erklärt Eblen. Mit jedem Fehler wird das Zittern seiner Spieler aber größer, schwinden die Kräfte, schleicht sich die Verunsicherung wieder in die Köpfe.
Der Vorsprung schmilzt Tor um Tor. Fünf Treffer, vier, drei, zwei, einer. Aue will einfach nicht aufgeben, während bei den Gastgebern die Nerven flattern.
„Wir standen vor der Frage: Ziehen wir das Ganze durch oder wechseln wir noch?“, sagt Eblen über die Gedanken auf der Trainerbank. Die Entscheidung ist, das Spiel mit einer „kleinen Formation zu Ende zu spielen“, so Eblen.
Lob des Trainers für die Bankspieler
Was allerdings nicht bedeutet, dass die Spieler, die nicht auf dem Parkett stehen, keinen Anteil haben am späten Happy End. „Viele sind nicht zum Einsatz gekommen, doch die Stimmung zwischen den Bankspielern und denen auf dem Feld war sehr gut“, sagt der Trainer.
„Es war sehr wichtig, wie alle in den schwierigen Situationen mitgeholfen und die Emotionen hochgehalten haben. Ich weiß, wir brauchen alle 16, und wenn alle wieder fit sind, können wir die Last vielleicht auch wieder auf mehreren Schultern verteilen.“
So steht die HSG-Bank fast geschlossen während der letzten Minuten, ehe alle Konstanzer gemeinsam den Siegtreffer von Tom Wolf bejubeln. „Vor allem war wichtig, dass wir mal wieder eine gute Leistung in Angriff und Abwehr gebracht haben“, freut sich der erleichterte Daniel Eblen, „dass dann noch beide Punkte dabei herausgesprungen sind, umso besser.“
HSG Konstanz: M. Wolf, Haßferter (Tor); Stotz (1), Schlaich (2), Czako (1), Hild (1), T. Wolf (9/3), Dangers (3), Krüger, Maier-Hasselmann, Beckmann (2), Braun (6), Jud (3), Volz, Schramm, Knezevic.