„Es ist sehr schwer, heute hier zu sein“, sagt der 25-jährige Bruder des Getöteten am Rande der Verhandlung. Um seinen Körper schlackert das bedruckte T-Shirt. Das Foto sei auf einer Hochzeit aufgenommen worden, Umut K. trägt einen Anzug mit Fliege und roter Ansteckrose am Jacket. Aus Sicht des Bruders gibt es keine gerechte Strafe für die Tat. Er hoffe aber, dass die Höchststrafe verhängt werde.
Was genau ist passiert am 1. Dezember, einem Donnerstag? Die Staatsanwaltschaft schildert es in der Anklage so: Umut K. wird am frühen Abend per SMS von einem Bekannten zu Hilfe gerufen, der Ärger mit zwei Drogenhändlern hat, denen er noch 5000 Euro schuldet. Als Umut K. zur Spielhalle in Hechingen kommt, wo sich der Streit abgespielt hat, sind die beiden Drogenhändler schon weg. Umut K. und sein Bekannter unterhalten sich im Freien.
Mit einem roten Kleinwagen drehen sie Runden um den Block, kommen zweimal an Umut K. und seinem Bekannten vorbei, bevor der 20-jährige Fahrer beim dritten Mal eine Vollbremsung einlegt und der 22-Jährige einmal aus dem Fenster der Beifahrertür auf Umut K. und seinen Begleiter feuert. Dann rasen sie davon, laut Staatsanwaltschaft im Glauben, ihren Schuldner getroffen zu haben. Doch die Kugel hat Umut K. in die Brust getroffen. Er stirbt wenige Minuten später.
Nun sitzen die mutmaßlichen Täter im Gerichtssaal, tragen rasselnde Fußfesseln und schildern ihre Lebensläufe. Sie kennen sich bereits aus ihrer Kindheit. Obwohl sie Arbeit hatten, sollen sie spätestens im Sommer vor der Tat begonnen haben, sich durch Drogenhandel etwas dazuzuverdienen. Sie kauften nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Drogen vom 36-jährigen Mitangeklagten und verkauften sie auf Kommissionsbasis an ein Dealer-Duo weiter, das ihnen schließlich die 5000 Euro schuldig blieb. Möglicherweise war Umut K. in die Geschäfte der befreundeten Dealer involviert, wie aus der Anklage hervorgeht. Auch das muss im Prozess geklärt werden.
Der Vater (52) des Getöteten schildert seinen Sohn beim Prozessauftakt als selbstständigen jungen Mann, der seiner Familie nicht zur Last fallen wollte.
Unter den Zuhörern ist eine frühere Sportlehrerin, die ihn als fairen, beliebten und cleveren Schüler der Grund- und Werkrealschule beschreibt. Sie habe Umut K. wenige Wochen vor seinem Tod zufällig getroffen, er habe ihr von seinen Konstanz-Plänen erzählt. Die Nachricht vom Tod habe sie und ihre Kollegen schockiert. „Für uns war klar: Das muss eine Verwechslung sein.“
Die Stimmung im Gerichtssaal ist am ersten Verhandlungstag gedrückt und gereizt zugleich. Zwei Personen mit Umut-T-Shirts werden aus dem Saal verwiesen. Es hat am Rande der Verhandlung einen Konflikt mit Angehörigen eines Angeklagten gegeben. Bedrohungen würden nicht geduldet, sagt der Richter. „Bei aller verständlichen emotionalen Beteiligung, bitte ich Sie, so ruhig und sachlich zu bleiben wie heute“, sagte er an die verbliebenen Zuhörer gerichtet.
Der Prozess wird am 21. Juni fortgesetzt, bis zum September sind Verhandlungstage geplant.