Der Karlsplatz in Sigmaringen war am Samstag Schauplatz einer Kundgebung gegen den geplanten Abbau von Kalkstein am Mittelberg im Donautal. Zwischen 100 und 150 Menschen sind der Einladung des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Sigmaringen, der Interessengemeinschaft (IG) „pro Mittelberg“ und „Fairwandel“ Sigmaringen gefolgt und haben mit Plakaten, Schildern und Transparenten, aber auch mit Zwischenrufen ihre Meinung kundgetan.

Zu den Rednern gehörten neben Gerhard Stumpp vom BUND, Klaus-Peter Bürkle von der IG „pro Mittelberg“ und Armin Eha, Naturparkgastronom, Vizevorsitzender des Donautaltourismus-Hohenzollern e.V. und Vize des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) Sigmaringen in Personalunion sowie auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden sowie die Bundestagskandidaten Robin Mesarosch (SPD) und Stephan Link (FDP).
Rüdiger Sinn von der Initiative „Fairwandel Sig. e.V“ rief dazu auf, sich an der Unterschriftenaktion zu beteiligen. Die eingeladenen Landes- und Bundestagsabgeordneten Klaus Burger und Thomas Bareiß (beide CDU) konnten aus terminlichen Gründen ebenso wenig anwesend sein, wie der Bundestagskandidat Johannes Kretschmann (Grüne). Alle drei ließen ein Statement durch Gerhard Stumpp verlesen.
Gastronomen sind dagegen

Anlass für die Demonstration war der Entwurf des neuen Regionalplans des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben, der noch im Juni verabschiedet werden soll, aber nach wie vor das Projekt Kalkabbau in Thiergarten enthält. Dagegen laufen nicht nur Umweltschützer Sturm – immerhin liegt das Abbaugebiet komplett im FFH-Gebiet und im Europäischen Vogelschutzgebiet –, auch die Bewohner der Donautalgemeinde und die Gastronomen des Naturparks halten mit Argumenten dagegen.

„Das Donautal in seiner Einzigartigkeit zerstören zu wollen, ist einfach unfassbar“, sagte das Ehepaar Kapitza aus Sigmaringen. Ihr selbst gemaltes Schild zeigt einen riesigen Lkw, der dabei ist, eine Entenmutter mit Küken als Symbol für die Natur zu überrollen. Auch Schulkinder aus dem Donautal wie die Geschwister Jakob, Lasse und Hannes Kocher aus Neidingen oder die zehnjährige Marlene Bertsch aus Thiergarten haben aktiv an der Demo teilgenommen und auch ihre Schilder selbst gemacht. „Kalkabbau ist nicht schlau“, oder „Mittelberg ist kein Kalkbergwerk“ stand darauf zu lesen.

Aber auch ältere Menschen, wie Klothilde Metzler aus Thiergarten, ließen es sich nicht nehmen, an dieser Kundgebung teilzunehmen. „ Ich trau mich wegen des vielen Verkehrs schon am Wochenende nicht mehr über die Straße, wie soll das erst werden, wenn die Lkws kommen?“ meinte die Thiergartnerin und fügte mit einem Anflug von Resignation hinzu: „Die ganze Sache macht mich sehr, sehr traurig!“

Für Kalkabbau nicht das Donautal verschandeln
Auch Elke Hilzinger aus Laiz befand: „Die Kalkvorkommen am Mittelberg sind es nicht wert, eine solche Kostbarkeit wie das Donautal zu verschandeln“. Ein Herr, der ungenannt bleiben möchte, sagte: „Auch für uns aus dem Zollernalbkreis ist das Donautal ein Naherholungsgebiet, das erhalten bleiben soll“. Vor diesem Hintergrund forderte er mehr Informationen über die Kreisgrenzen hinaus. „Das geht uns schließlich alle an!“
Stumpp erinnerte in seiner Rede sowohl an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021, das die Generationengerechtigkeit anmahnt, als auch das des Europäischen Gerichtshofs, das Deutschland „wegen völlig unzureichender Umsetzung der FFH-Richtlinien“ anklagte. Im Übrigen sei das Gutachten zum Thema Klima im nun zu beschließenden „neuen“ Regionalplan aus dem Jahr 2009 und damit veraltet: „Deshalb gehört es nicht in Kraft gesetzt“.

Auch der Flächenverbrauch, der laut aktuellem Koalitionsvertrag bis zum Jahr 2035 bei Netto-Null liegen soll, „ist mit dem jetzigen Entwurf nicht zu schaffen“, denn momentan liege der noch 4,8 Hektar pro Tag. Bogner-Unden forderte in ihrer Rede die Verantwortlichen auf, „den betreffenden Passus aus dem Regionalplan zu streichen“. Klaus-Peter Bürkle fand es nicht nachvollziehbar, „warum hier ein Zielabweichungsverfahren genehmigt worden ist“. Er forderte den Regionalverband unter dem Beifall der Anwesenden unmissverständlich auf: „Stoppen Sie diesen Wahnsinn!“

Bessere Lösungen müssen möglich sein
Viel Zuspruch erhielt Robin Mesarosch. Der junge Nachwuchspolitiker redete, wie ihm der Schnabel gewachsen war und traf damit voll den Nerv des Publikums. Eine Gemeinde wie Beuron sollte aus finanziellen Gründen nicht gezwungen sein, ihre Natur zu verkaufen, es müsse bessere Lösungen geben. Außerdem: „Der Mensch fliegt zum Mond, hat tolle Dinge erfunden, da muss es doch möglich sein, eine Zahnpasta ohne hochreine Kalke herzustellen“, meinte er unter lautem und amüsiertem Beifall. Auch dürfe es nicht sein, dass ein „einzelner Adliger, der in der Schweiz lebt, hier bei uns einen Berg abtragen will, um noch mehr Millionen zu machen“. Dem stünden die hier lebenden Menschen entgegen, die das nicht wollen. „Wir sind viele und ich möchte, dass wir noch mehr werden, denn wir können was bewirken!“ Und als Zusatz: „Wir sind mehr, als dieser eine!“