Selten war sie so gut besucht wie am vergangenen Sonntagnachmittag, die Sauldorfer Kirche St. Sebastian, als der altkatholische Pfarrer Robert Geßman feierlich durch Generalvikar Jürgen Wenge in sein Amt als Ortsgeistlicher für Sauldorf und Meßkirch eingesetzt wurde. Zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens beider Gemeinden hatten sich zu dem Festgottesdienst eingefunden, so etwa Sauldorfs Bürgermeister Wolfgang Sigrist oder auch die beiden Pfarrer der römisch-katholischen Gemeinden Meßkirch und Pfullendorf, Karl Michael Klotz und Martinho Dias Mertola, und der evangelische Kirchanälteste Ulrich Marx.
Der Begriff "Pfarrer" sei ein vertrautes Wort in unserer heutigen Gesellschaft, stellte Generalvikar Wenge in seiner Ansprache fest. Und er erinnere viele Menschen an positive, aber leider auch negative eigene Erlebnisse. Große Teile der heutigen Gesellschaft verbänden den Begriff Pfarrer mit der Eigenschaft der Lebensuntauglichkeit.
Der Hausmeister und Bruder der Kirch-Gemeinde
"Ein Pfarrer ist zunächst einmal ein getaufter Christ, wie jeder andere Getaufte auch," stellte Wenge fest, und alle Getauften seien Schwestern und Brüder. Der Pfarrer sei also in erster Linie ein Bruder in der Gemeinde, da sei also auch keinerlei Platz für klerikale Potenzgebärden, so der Generalvikar.
Ein guter Hausmeister solle er sein, der den Dialog und ein geschwisterliches Miteinander mit seinen Gemeindemitgliedern pflege, gab er dem neu eingesetzten Pfarrer Geßmann mit auf den Weg, und er sei nur einem einzigen Chef vepflichet, und das sei Jesus Christus.
In der synodal verfassten altkatholischen Kirche wird ein Pfarrer im Gegensatz zur römisch-katholischen Kirche nicht per Dekret vom Bischof eingesetzt, sondern nach einer Probezeit in der Gemeinde von bis zu drei Jahren von der Gemeindeversammlung, dem höchsten Entscheidungsgremium, gewählt. Pfarrer Robert Geßmann war vor wenigen Wochen von den beiden Gemeinden Sauldorf und Meßkirch einstimmig zum neuen Pfarrer gewählt worden.
Empfang mit Dudelsäcken als Überraschung
Zu seiner Amtseinsetzung gehörte auch, dass Kirchenvorstand Wilfried Reichle das offizelle Wahlprotokoll verlas, wonach Wenge Pfarrer Geßmann fragte, ob er die Wahl und das damit verbundene Amt annehme. Danach führte er diesen an die liturgischen Orte, Lesepult (Ambo), Taufstein und Altar, um die jeweils damit verbunden Dienste zu deuten.
Der Gottesdienst wurde musikalisch umrahmt von einer Abordnung des Jungchors Regenbogen aus Wald unter der Leitung von Jonas Häuptle, Marita Beckmann an der Orgel und dem Ensemble Susanne Binder, Veronika Böhler und Sonja Hartmann. Im Außenbereich der Kirche sorgte nach dem Gottesdienst bei einem Stehempfang die Abordnung der Heuberg Dragons Pipeband mit ihren Dudelsäcken und die Donautaler Alphornbläser für eine Überraschung.
Altkatholisch
- Die altkatholische Kirche in Deutschland steht bis heute in der Tradition der selbstständigen katholischen Kirchen. Ihr erster Bischof, Josef-Hubert Reinkens, wurde am 11. August 1873 von Bischof Hermann Heykamp (Deventer) von der altkatholischen Kirche der Niederlande geweiht. Noch im selben Jahr wurde er von den Regierungen Preußens, Badens und Hessens als ein den römisch-katholischen Bischöfen gleichgestellter katholischer Bischof offiziell anerkannt.
- Der Name altkatholisch entstand im Hinblick auf die "alte" Lehre der ungeteilten katholischen und apostolischen Kirche – in Abgrenzung zu den neuen Dogmen, die einen Bruch mit den alten Glaubensüberlieferungen darstellten und nicht mehr als katholisch im eigentlichen Sinn angesehen werden konnten. Die altkatholischen Priester und Priesterinnen dürfen heiraten. (win)