Nach der tödlichen Attacke eines großen Hundes der Rasse Kangal auf eine Seniorin in Stetten am kalten Markt (Kreis Sigmaringen) sind die Halter angeklagt. Eine Frau und ihr getrennt lebender Ehemann müssen sich ab dem morgigen Dienstag im Amtsgericht Sigmaringen wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Der Fall sorgte vor ziemlich genau einem Jahr für großes Aufsehen.
Der Hund hatte der Staatsanwaltschaft Hechingen zufolge am Abend des 30. Mai 2017 eine Frau angegriffen und mit Bissen in Kopf und Hals getötet. Der Kangal griff die 72-Jährige demnach an, als sie auf einem Fußweg das Grundstück passierte, auf dem der Hund gehalten wurde. Der Weg wird ausschließlich von Fußgängern benutzt, er ist für Autos gesperrt. Ein von einer Zeugin alarmierter Notarzt konnte sich erst um die Frau kümmern, als der Hund von ihr abgelassen hatte – die Hilfe kam jedoch zu spät. Das Tier wurde schließlich von der alarmierten Polizei erschossen.
Vier Hunde ohne Aufsicht
Das Grundstück der damals 43-jährigen Hundehalterin war nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft nicht für die Haltung des Tieres geeignet. Die Verhältnisse waren nicht so, dass eine artgerechte Haltung möglich war. Außerdem sei das verwendete Hundehalsband zu schwach gewesen, sodass sich der Kangal losreißen und die Passantin attackieren konnte. Die Besitzerin des Hundes war bei dem Vorfall nicht daheim. Sie hatte drei Hunde und 20 Katzen in ihrem Haus den ganzen Tag alleine gelassen und war unterwegs im Vertrauen, dass die vielen Vierbeiner ruhig bleiben. Die Tiere waren an diesem Tag sich selbst überlassen und ohne jede Aufsicht.

Im Prozess wird der Witwer des Opfers als Nebenkläger auftreten, wie der Direktor des Amtsgerichts Sigmaringen, Christoph Freudenreich, im Vorfeld des Verfahrens dazu mitteilte. Der Witwer will den Tod seiner Frau juristisch aufgearbeitet wissen.
Das Schöffengericht in Sigmaringen will den bisher vorliegenden Informationen zufolge 20 Zeugen und drei Gutachter befragen. Eine medizinische Sachverständige berichtet demnach von den gravierenden Verletzungen der Seniorin, die zum schnellen Tod der Frau nach dem Angriff des aggressiven Kangal führten.
Ein Fachmann vom tierärztlichen Untersuchungsamt stellt die Ergebnisse der Untersuchung des erschossenen Kangals vor. Ein Tierarzt soll allgemein über das Verhalten von Hunden Auskunft geben, zumal in den vergangenen Monaten immer wieder Hunde auf Wanderer oder Passanten losgehen und diese auch verletzen. Häufig waren es Rottweiler; aber auch andere Hunderassen greifen Menschen gelegentlich an. Für den Prozess wurden zunächst vier Verhandlungstage bis 10. Juli angesetzt.
Das ist ein Kangal
Der Kangal stammt wohl von Herdenschutzhunden der Nomaden ab, die von Zentralasien nach Anatolien zogen. Heute wird er vor allem in der Türkei gezüchtet und als Hütehund eingesetzt. Benannt ist er nach der Stadt Kangal in der Provinz Sivas (Zentralanatolien). Das Männchen wird bis zu 65 Kilogramm schwer. In zwei deutschen Bundesländern wird diese Rasse inzwischen als „vermutlich gefährlich“ eingestuft, nämlich in Hessen und in Hamburg, in Baden-Württemberg nicht.