Das gab es wohl noch nie an einem Narrenspiegel der Trubehüeterzunft in Bohlingen: Über 250 bestgelaunte Narren im Publikum versahen die Akteure bei der Schlussnummer mit stehenden Ovationen. Und das nicht ohne Grund. Zuvor gab es auf der Festbühne der Aachtalhalle ein musikalisch-närrisches Experiment zu bestaunen: Der Narrenrat versuchte sich in Röckchen als Tanzgarde und wurde dabei von der Zunftmusik unterstützt, die sich spontan auf die Bühne gesellte und feurige Guggenmusik aufspielte. Für diesen grandiosen Auftritt mit zahlreichen Gassenhauern gab es den stürmischen Beifall.
Ein frotzelnder Präsident
Dabei hatten es die Trubehüeter in diesem Jahr nicht einfach mit dem Programm für einen Narrenspiegel. Über die fehlenden lustigen Themen hielten sie sich selbst den Spiegel vor, doch „vom Gasthaus Sternen und über den Ortsvorsteher wollen wir nichts erzählen“, frotzelte Narrenpräsident Tobias Müller. Der 27 Jahre alte Präsident glänzte mit viel trockenem Witz und guter Mimik, als Mr. Pre(ä)sident begrüßte er zuvor die Besucher köstlich im „Amerikanisch-Bollinger“ Dialekt. Neben der Narretei ist Tobias Müller auch ein versierter Musiker der Zunftmusik, diesen Vollblutnarren gehört eindeutig die Zukunft.
Die Trubehüeter wagten zudem etwas Neues und engagierten das „Grundele-Ballett“ des Narrenverein Reichenau. Die tanzenden Frauen von der Halbinsel brillierten zur Filmmusik „Avatar“ und wurden zu einer Zugabe aufgefordert. Den Heimvorteil genoss dagegen das Erfolgsduo Ingrid Müller und Peter Sigmund, diesmal als schlafendes Ehepaar, das sich witzig um Einbrecher im Haus sorgte. Köstlich die Mimik der beiden Narren.
Närrische Bauplatzvergabe
Am Narrenspiegel darf das Glossieren über Mitbürger nicht fehlen, diesmal nahmen die Trubehüeter den Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler mitsamt dem Gemeinderat auf die Schippe ihres Klamauks.

Die Bauplatzvergabe im Baugebiet Hinter Hof stieß den Narren auf, einem „reichen Schwoben“ mit Geldkoffer in der Hand, oder einer kinderreichen Familie händigten die Singener ohne Zögern einen Bauplatzschein aus. Lange Gesichter gab es dagegen bei den einheimischen Bohlinger Bewerbern, so dem Multi-Vereinsmensch Max (Fredi Kolb), der in allen Dorfvereinen aktiv ist. Ihn vertrösteten die Singener auf das nächste Baugebiet in 20 Jahren. „Ihr Singener sind scho so Heldä“, wetterten die Narrenräte.
„Tanzende Zwuckl“ sorgten für Lachsalven im Publikum und drei Narrenpolizisten hatten sich das stille Örtchen für eine Spaßnummer ausgesucht. Jürgen Sterk als singender und musizierender Trubehüeter hatte die Bewunderung zu seinen gereimten Liedversen verdient. Als Bertä vum Ackerland im herrlich „schwätzenden Bollinger Dialekt“ glänzte einmal mehr das Original Werner Müller.

Ehrung für Roland Matt
Eine besondere Ehrung wurde dem Dirigenten der Musikkapelle Roland Matt zuteil, der seit 30 Jahren und mit viel Herzblut den Dirigentenstab in seinem Heimatdorf schwingt. Für diese Förderung des Brauchtums mit der Zunftmusik wurde Roland Matt mit dem Titel “Ehren-Zunftmusik-Dirigent“ ausgezeichnet.
