Als „Pappa“ Noppel, wie der Konditormeister Otto Noppel in Kreisen der Konstanzer Fasnacht genannt wurde, hochbetagt im November 1921 starb, lag die Fasnacht darnieder: Nach dem großen Völkermorden des Ersten Weltkrieges waren „Lustbarkeiten“ verboten, die Menschen hatten bedrückende wirtschaftliche Sorgen.
Vier Jahrzehnte zuvor, wenige Jahre nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871, hatten die Zeichen auf Aufschwung gestanden: Mit Hilfe französischer Reparationszahlungen boomte die sogenannte Gründerzeit, Aktiengesellschaften entstanden und verschwanden wieder, auch das Vereinsleben in Deutschland blühte.
Von der Stammtisch-Idee zur Elefanten AG
Kurz vor der Fasnacht 1880 brachten drei Mitglieder eines Stammtischs neuen Schwung in alte Fasnachtsbräuche. Otto Noppel und die Kaufleute Michael Federspiel und Carl Schaller bauten einen großen Elefanten aus Pappmaché, mit dem sie während der Fasnachtstage 1880 durch die Lokale zogen, um Geld für weitere Fasnachtsaktivitäten zu sammeln.
Im Jahr darauf formierte sich aus diesem Anfang die „Karnevalsgesellschaft“ genannte „Elefanten-Actien-Gesellschaft“. Noppel und seine Mitstreiter lehnten sich in den Organisationsformen an den Rheinischen Karneval an, der damals stilbildend war. So wurden bald darauf Herren- und Damenabende, vor allem aber prächtige, vom wilhelminisch-deutschen Geltungswillen zeitgeistig gefärbte Umzüge veranstaltet.
Mit Gefolge zog Kaiser Barbarossa in Konstanz ein, die Pfahlbauer und die Alemannen kamen, der Kampf gegen die Spanier war zu sehen. Auch kolonial inspirierte Parodien tauchten auf: 1900 zog eine „Kaffernkapelle“ durch Konstanz, „Völkerschauen“ wurden nachgespielt und manche kleine Konstanzerin trug ein schwarzes Gesicht und Baströckchen.
Für lokale Oberschicht war Dabeisein ein Muss
„Pappa“ Noppel stand in den Anfangsjahren an der Spitze dieses bald großbürgerlich mit pelzbesetztem Kragen am Umhang und rotem Frack auftretenden Elferrats. Dessen Mitglieder rekrutierten sich aus der lokalen Oberschicht: Wohlhabende Kaufleute, Brauereieigentümer, erfolgreiche Handwerksunternehmer fanden hier ein humoristisches Betätigungsfeld – und schufen einen bürgerlichen Heiratsmarkt.

Mit der Weimarer Republik wurde die Fasnacht freizügiger und frecher: Die Kulturmetropole Berlin mit ihren Kabaretts und Varietés war das Vorbild der neuen Bunten Abende auf der Konzilsbühne und in anderen Sälen. Otto Noppel starb im November 1921, beerdigt wurde er am 11. November. Seine Nachfolger – bis heute durchweg Männer – blieben der bürgerlichen Tradition treu, doch die Bühne wurde wichtiger als das Umzugswesen.