Radsport: – „Ach ja“, sagt Annette Griner: „Eigentlich trainieren wir bei jedem Wetter draußen.“ Aber im nächsten Satz gibt die 44-Jährige offen zu: „In diesem Jahr war es nicht immer einfach, sich zu motivieren.“ Für den Fall der Fälle gibt es ja noch einen kleinen Kraftraum im heimischen Keller, sollte es Katzen hageln. Und dort tobten sich die Marathon-Mountainbiker Annette Griner und Wolfgang Mayer vom „Team Wilier Force“ hin und wieder mal aus.
Vor allem, wenn das Frustpotenzial das ertragbare Limit erreicht hatte: „Das war echt hart, wenn ein paar Tage vor dem Start wieder eine Renn-Absage herein flatterte“, verdreht Annette Griner entnervt die Augen: „Wir hoffen, dass das Wettkampf-Geschehen im Jahr 2021 wieder einigermaßen normale Züge annimmt.“
Dabei hatte sich das Biker-Paar aus Niederhof vor Jahresfrist gut vorbereitet: „Wir fangen Ende November mit der Vorbereitung an und steigern unser Training kontinuierlich, bis es dann im März und spätestens April richtig los geht – doch 2020 war alles für die Katz‘“, blickt Wolfgang Mayer, der gebürtige Niederbayer und Wahl-Hotzenwälder im neunten Jahr auf eine „Saison“ zurück, die der 37-jährige Fahrradmechaniker so schnell nicht vergessen wird.
„Im Januar waren wir noch auf Mallorca im Trainingslager – und wirklich guter Dinge“, so Annette Griner, bei der schon kurz danach die Alarmglocken schrillten: „Biker unseres Teams waren im Februar nach Lanzarote geflogen, um dort ein Etappenrennen zu fahren. Kaum waren sie gelandet, wurde das Rennen wegen Corona abgesagt. Ein Rückflug war weder bezahlbar, noch zu bekommen. Kurz danach mussten alle Fahrer auf ihren Hotelzimmern für zwei Wochen in Quarantäne.“
Die Corona-Pandemie nahm ihren Lauf, noch hatten Annette Griner und Wolfgang Mayer berechtigte Hoffnungen, dass bald wieder Normalität einkehren würde: „Zunächst hatten wir mit ein paar Wochen Unterbrechung gerechnet.“ Dann aber wurde Wettkampf um Wettkampf storniert. Irgendwann wurde dem Paar klar, dass nichts mehr so ist, wie es war: „Am Ende blieb uns nur die gemeinsame Teilnahme am Rothaus Bike-Giro im August“, erzählt Wolfgang Mayer ohne Begeisterung von gewöhnungsbedürftigen Auflagen bei einem Rennen in der Pfalz: „Starts in Blocks zu zehn Fahrern, Mundschutz bis eine Minute vor dem Start – daran willst du dich nicht gewöhnen. Das war kein regulärer Wettkampf.“
Am Ende standen nach vier Bike-Tagen im Rothauser Land für das Duo ein paar Ergebnisse, die letztlich nicht der Rede wert waren: „Du bist ja irgendwann aus dem Rhythmus raus, die Form ist futsch. Ständige Renn-Absagen zehren an den Nerven. Die Motivation schwindet von Woche zu Woche. Letztlich haben wir uns nur angemeldet, um überhaupt nochmal einen Wettkampf bestreiten zu können“, so Annette Griner: „Die Deutschen Marathon-Meisterschaften waren erst abgesagt, wurden dann aber zwei Wochen vor dem Termin doch wieder angesetzt. Doch die Teilnehmerzahl war limitiert, wir kamen gar nicht mehr aufs Tableau.“
So nahm ein sportlich wertloses Jahr seinen Lauf und bescherte Annette Griner neben Enttäuschungen rund ums Biken noch einen privaten Schicksalsschlag: „Im Rückblick taten mir die vielen Trainingseinheiten gut, um den Tod meines Vaters zu verarbeiten. Ich glaube, Wettkämpfe hätte ich in dieser Zeit gar nicht bestreiten können“, gibt sie zu bedenken. Trauerarbeit auf zwei Rädern, mitten in der Natur – für die Niederhoferin war es genau das Richtige.
Team Wilier Force gibt Zusage für dritte gemeinsame Saison
Kurz vor Weihnachten blickt das Biker-Paar nicht mehr zurück, sondern optimistisch nach vorn. Entsprechend glücklich waren sie, als positive Signale aus Roth nach Niederhof gefunkt wurden. Die deutsche Zentrale des italienischen Wilier Force-Teams sagte für ein weiteres Jahr zu, die mittlerweile dritte Saison: „Das gibt uns Planungssicherheit, was Material, Startgelder und Organisation betrifft“, atmete Annette Griner durch: „Man lässt sich ja schon mal durch den Kopf gehen, wie es weiter geht, wenn es so weiter geht.“
Ans Aufhören wurde in Niederhof allerdings zu keinem Moment gedacht: „Wir wissen aber von einigen Konkurrenten, die 2021 nicht mehr dabei sind. Auch das eine oder andere Team dürfte sich mangels Sponsorenunterstützung zurückziehen“, befürchtet Annette Griner durchaus ein leichtes Ausdünnen der Szene: „Letztlich kriegst du erst mit, wer nach diesem Jahr noch dabei ist, wenn wieder Rennen stattfinden.“
Jetzt freuen sich die Ausdauer-Sportler auf ihren Weihnachtsurlaub, in die niederbayerische Heimat von Wolfgang Mayer: „Wir werden in kleinstem Kreis in der Familie zusammen sein.“ Und dann geht‘s in ein neues Jahr, für das sich nicht nur die Biker aus Niederhof eine schrittweise Rückkehr zur Normalität erhoffen. „Wir haben uns zwar noch nicht für viele Rennen angemeldet, hoffen aber, dass wir im Sommer die Ritchey Challenge – drei Rennen in Österreich und sechs in Bayern – fahren können“, so Annette Griner: „Und natürlich den Waldhaus Bike-Marathon im Juni.“ Und Wolfgang Mayer nimmt sogar die vermutlich weiter gültigen Hygiene-Vorschriften in Kauf: „Ich stehe dann doch lieber mit Mundschutz am Start, als tatenlos zu Hause auf dem Sofa sitzen zu müssen.“