Radsport: – Einsam und alleine in der Wüste. Meilenweit kerzengerade Straßen verschwinden am Horizont. Sie scheinen nie zu enden. Der Asphalt flimmert bei teils 45 Grad Hitze. Die eindrucksvollen Gesteinsformationen des Monument Valley erheben sich majestätisch aus der vegetationsarmen Umgebung. Ein beeindruckender Anblick. David Pancke (25) aus Birkendorf wirkt auf seinem Fahrrad wie ein kleiner Punkt in der Landschaft. Ob er vom imposanten Panorama etwas mitbekommt? Er konzentriert sich auf die Strecke und bewältigt eine seiner schwierigen Etappen beim Race Across America, bei dem berühmten Radrennen von der West- zur Ostküste der USA.

4810 Kilometer von Oceanside in Kalifornien bis ins Ziel im Yachthafen von Anapolis an der Chesapeake Bay in Maryland. Die Strecke führt durch zwölf US-Bundesstaaten von Kalifornien, durch Arizona, Utah, Colorado, Kansas, West Virginia, Missouri, Indiana, Ohio, Pennsylvania, Illinois nach Maryland. Die Sportler schwitzen in der Mojave- und Sonora-Wüste, fahren durch das Monument Valley, über drei 3000-Meter-Pässe der Rocky Mountains, die Appalachen, durch die Great Planes, das Gras- und Weideland der schier unendlichen Prärie von Kansas, passieren die historischen Bürgerkriegsschlachtfelder von Gettysburg und überqueren vier der größten amerikanischen Flüsse: Colorado, Mississippi, Missouri und Ohio. Sie überquert einmal die berühmte Route 66.

Alles liest sich wie ein Bericht einer eindrucksvollen Reise. Für David Pancke und das achtköpfige Team Special Unified Lions mit den 13 Begleitern war es eine Strapaze, eine Herausforderung, am Ende eine grandiose Leistung. Wenige Tage nach der Rückkehr nach Deutschland sitzen David und Vater Roland Pancke in ihrem Trikot entspannt am Tisch. Roland Pancke war einer der Begleiter, zuständig für die Navigation.

Er klappt sein Notebook auf, zeigt beeindruckende Bilder von den Etappen der Tour, vor allem von seinem Sohn auf dem Fahrrad. Beide haben sich noch nicht ganz erholt von den Anstrengungen, aber sie sind stolz.

„Wir haben bewiesen, dass geistig Behinderte es schaffen, dieses Rennen zu bewältigen“, sagt Roland Pancke, „mit Unterstützung geht es.“ Es habe viele Skeptiker gegeben. Und mit einem Augenzwinkern und einem Lächeln verrät er: „Na gut, einmal haben wir uns verfahren.“ Am Ende hat alles geklappt. Um 1.16 Uhr Ortszeit, nach der Tour durch drei Zeitzonen, kam das Team in Anapolis an. Ein Foto zeigt glückliche Gesichter. Sieben Tage, neun Stunden und 48 Minuten, nachdem sie Oceanside verlassen hatten, kam das Team im Ziel an. Die Platzierung war egal, wichtig war das Ankommen.

Vier geistig Behinderte, David Pancke und seine aus vielen Rennen bekannten Sportsfreunde Philippa „Pippa“ Bartels aus Lindwedel bei Hannover, Andreas Winter aus Hamburg und Matthias Dangl aus dem bayerischen Mindelheim, sowie die vier Nichtbehinderten Torsten Bierwisch und Roland Holz aus Braunschweig, die Hamburgerin Kathrin Schlieter und Katrin Bartels, bildeten das Achterteam. Drei dieser Radsportler waren dieses Rennen bereits gefahren. Kopf des 21-köpfigen Unternehmens war Lutz Tantow.

Stolz zeigt David Pancke seine Medaille, die er aus den Staaten mitgebracht hat. Er hat schon viele Trophäen in seinem Schrank zu Hause in Birkendorf. Er war mehrfacher Gewinner der nationalen Special Olympics. Kurz vor der Abreise in die USA bei den nationalen Wettkämpfen in Hannover heimste er drei Siege ein, über 10, 15 und 25 Kilometer. Nach 2014 in Düsseldorf ist es sein zweites Triple. David erinnert sich aber vor allem noch gerne an die Weltspiele in Shanghai, wo er 2007 Gold, Bronze und einen sechsten Platz holte. Dies alles erscheint klein im Gegensatz zu den jüngsten Erlebnissen in den USA.

David lacht, weiß nicht so recht, wie er seine Eindrücke beschreiben soll. Zu viele waren es: „Ich war zum ersten Mal in den USA. Es hat Spaß gemacht. Im Ziel war es wunderbar, ich war glücklich und kaputt.“ Bei den Nachtfahrten sei es ein bisschen unheimlich gewesen mit den Tiergeräuschen. Er denkt nach und lacht, klingt etwas schadenfroh: „Wir haben Schweizer überholt.

“ Vater Roland verrät: „Ich habe zum ersten Mal einen Kojoten gesehen.“ Sicher hat David einiges von den Landschaften entlang der Strecke mit bekommen. Am Ende war das Radfahren wieder einmal wichtig für ihn. Wie viele Kilometer David gefahren ist, weiß er nicht so genau. Roland Pancke schätzt, dass jeder im Team zwischen 600 und 500 Kilometer absolviert hat.

Fest steht: An diese Reise – mit einer tollen Tour – werden sich David und Roland Pancke wie die anderen Teammitglieder sicher noch lange erinnern.

Zur Person

David Pancke (25) wohnt in Birkendorf. Er besuchte in Tiengen die Carl-Heinrich-Rösch-Schule, fand auf dem Wege der Integration in den ersten Arbeitsmarkt eine Stelle als Lagermitarbeiter in einem Baumarkt. Er wird unterstützt vom Förderverein Special Olympics und trainiert seit 2007 beim VBC Waldshut-Tiengen. Neben dem Radsport ist er bei der Feuerwehr Birkendorf aktiv, und er unterstützt als Betreuer Trainer Marco Albrecht bei den Fußballern des FC Schlüchttal II.