Herr Klinkner, warum gibt es rund um den Bodensee eigentlich eine so große Handball-Begeisterung, während die Sportart am Hochrhein und im Südschwarzwald nur in wenigen Vereinen ausgeübt wird?

Alexander Klinkner (51) ist seit Juli 2019 Präsident des Südbadischen Handball-Verbands.
Alexander Klinkner (51) ist seit Juli 2019 Präsident des Südbadischen Handball-Verbands. | Bild: Privat

Das ist eine gute Frage, die mich auch schon beschäftigt hat. Ich habe mal versucht, das mit älteren Mitstreitern im Präsidium zu analysieren. Es hat wohl ein Stück weit damit zu tun, dass es zumindest früher in kleineren Ortschaften im Schwarzwald weniger geeignete Sporthallen gab als auf dem flachen Land. Die Infrastruktur mag ein Teil der Erklärung sein, andere Gründe kenne ich aber nicht.

So beliebt Handball am Bodensee auch sein mag, die Mitgliederzahlen in Südbaden sind rückläufig. Inzwischen sind weniger als 30000 Handballer in 121 Vereinen registriert. 2025 soll der Verband nun sogar aufgelöst werden und zusammen mit den Verbänden Baden und Württemberg in einen gemeinsamen Verband aufgehen. Warum soll diese Strukturreform her?

Die Zahlen stimmen, zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir bei den Mannschaftsmeldungen zuletzt einen leichten Zuwachs registrieren konnten. Damit können wir die Corona-Delle der vergangenen zwei Spielzeiten ein Stück weit kompensieren. Dennoch muss sich was ändern, denn in einigen Bezirken müssen Mannschaften wegen zu weniger Teams in der Liga dreifache oder vierfache Spielrunden austragen. Die Zusammenführung der Verbände unter anderem soll für zukunftsträchtige und attraktive Spielklassen sorgen.

Das bedeutet, dass auf die Mannschaften längere Fahrten zu Auswärtsspielen zukommen, oder?

Ja, das kann sein. Aber wir wollen versuchen, das zu kompensieren, etwa durch neue Spielsysteme. Denkbar ist, dass wir auf Turniersysteme umstellen oder andere Lösungen finden.

Was spricht noch für einen einzigen Verband in Baden-Württemberg?

Wir glauben, dass wir so auch effizienter werden. Wir wollen die Clubs noch besser unterstützen, wollen auch Stellen schaffen, um vor Ort zu helfen. Zuletzt hat der Deutsche Handball-Bund und Handball Baden-Württemberg bundesweit Erfahrungswerte eingesammelt. Diese umfassen konkrete Anleitungen für die Clubs, je nachdem ob sie gezielt Kinder gewinnen wollen, oder Schiedsrichter, oder Ehrenamtliche. Dass muss nicht jeder Verein neu erarbeiten. Solche Dinge sind aber nur möglich, wenn wir uns noch besser organisieren. Außerdem gibt es auch Vorgaben der Politik, wonach Fördergelder eigentlich nur an einen Partner pro Sportart im Land ausgeschüttet werden sollen, nicht an drei wie bislang.

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2025 soll es soweit sein. Was wird sich dann konkret für die Vereine ändern?

Wir wollen die 14 Bezirke in den drei Verbänden neu strukturieren, sodass nur noch ein Verband mit acht Bezirken entstehen soll. Dadurch werden sich die Ligenzusammensetzungen ändern. Auch der Beitrag muss angepasst werden, da in den Verbänden bislang unterschiedliche Systeme existieren, z.B. ab welcher Altersklasse ein Beitrag eingezogen wird, ob es Sockelbeiträge pro Club gibt oder nicht oder ob die höheren Klassen höhere Beiträge zahlen.

Gibt es Widerstände?

Es gibt viele Diskussionen. Das ist auch normal. Aber größere Widerstände sind mir nicht bekannt. Im Gegenteil: Die Vereine in Südbaden haben beim Verbandstag im Juli das Präsidium mit überwältigender Mehrheit beauftragt, die Zusammenführung der Verbände voranzutreiben – 189:7 Stimmen. Nordbaden mit seinen 30 000 Mitgliedern lässt seine Mitgliedsvereine am 20. Mai abstimmen, Württemberg mit seinen 90 000 Mitgliedern am 21. Oktober.

Und wie sieht der weitere Fahrplan aus?

Am 9. März 2024 wird es einen außerordentlichen Verbandstag in allen drei Landesverbänden geben. Bis dahin gibt es noch viel zu tun, das ist ein riesiger Aufwand für alle daran beteiligten Personen in den Präsidien. Ich hoffe, dass unsere Anstrengungen dann honoriert werden. Und zur Spielrunde 2024/25 ist dann klar, dass Platz X in der Spielklasse Y nach dieser Saison berechtigt, in der Saison 2025/26 in der neuen Struktur in der Spielklasse Z zu spielen.

Zur Person

Zur Person: Alexander Klinkner (51) ist seit Juli 2019 Präsident des Südbadischen Handball-Verbands. Er ist verheiratet, hat einen zwölfjährigen Sohn und arbeitet als Vertriebsleiter bei einem Automobilzulieferer. Er spielte selbst Handball beim SV Niederbühl im Bezirk Rastatt bis auf Verbandsebene. Klinkner wohnt in Ettlingen. (sal)
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