Die 58. Minute im Freiburger Europa Park-Stadion. Christian Günter flankt auf Michael Gregoritsch, der von Stuttgarts Verteidiger Zagadou attackiert wird. Der Sport-Club-Angreifer geht zu Boden, bleibt liegen. Elfmeter?

Stegemann schaut und gibt Strafstoß

Nein, Schiedsrichter Sascha Stegemann lässt weiterspielen, bis er von Videoassistent (VAR) Sören Storks an den Bildschirm gebeten wird. Stegemann schaut sich die Szene an und gibt Strafstoß. Es ist eine richtige Entscheidung, weil Zagadou nicht den Ball getroffen hatte, sondern nur Gregoritschs Fuß. Vincenzo Grifo nutzt die Chance zum 1:1, nachdem in der ersten Halbzeit Führich die Stuttgarter in Führung gebracht hatte.

Ab sofort brodelt es in Bruno Labbadia. Er ist kein Freund des VAR, Torlinientechnik okay, auch die Überprüfung auf Abseits sei in Ordnung, aber mit den für seinen Geschmack viel zu oft vorkommenden Einmischungen in Sachen Foulspiel kann der Instinktmensch Labbadia nichts anfangen.

Erzürnter Labbadia

Dann kommt die 81. Minute und mit ihr die Situation, die den VfB-Coach endgültig auf die Palme bringt. Nach einem Zweikampf mit Zagadou geht Freiburgs Ritsu Doan effektvoll zu Boden. Schiri Stegemann hat freie Sicht und signalisiert sofort, dass es keinen Elfmeter für Freiburg geben wird.

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Mehrfach geht der Zeigefinger seiner rechten Hand von links nach rechts und wieder zurück. „Wenn du die Reaktion des Schiedsrichters gesehen hast, dann war das eindeutig: kein Foulspiel“, sagt der erzürnte Labbadia. Dass sich dann der VAR erneut melde, sei „einfach unmöglich, weil es sich ja niemals um eine klare Fehlentscheidung gehandelt hat. Und nur dann soll der VAR eingreifen.“

Nach Labbadias Meinung „gefühlt gut zehn Minuten“

Stegemann geht an den Bildschirm und benötigt ziemlich lang für seine Entscheidungsfindung – gestoppt 90 Sekunden, nach Labbadias Meinung „gefühlt gut zehn Minuten“, so oder so zu lange eben, wenn es sich doch um eine eindeutige Angelegenheit handeln soll. Am Ende entscheidet Stegemann wieder auf Elfmeter und Grifo verwandelt zum zum 2:1.

Schiri Stegemann: Zweimal Elfmeter nach Videobeweis für den SC Freiburg.
Schiri Stegemann: Zweimal Elfmeter nach Videobeweis für den SC Freiburg. | Bild: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Grant Hubbs

Es ist der Freiburger Siegtreffer, weil in der Nachspielzeit ein Freistoß von Stuttgarts Sosa ans Lattenkreuz kracht. „Täglich grüßt das Murmeltier“, sagt der VfB-Trainer, „wieder gut gespielt, wieder nicht belohnt.“ Das muss sich schnell ändern, will der VfB den Klassenerhalt schaffen. Am wichtigsten sei, so Labbadia, „dass wir den Kopf oben behalten und ruhig bleiben“.

Streich stiller Beobachter

Ruhig bleiben gilt aber nicht für das Thema Videoassistent. „Die Schiedsrichter sollen eigenständige Entscheidungen treffen“, fordert Bruno Labbadia, „so wie das aber inzwischen gehandhabt wird, werden sie enteiert.“ Für ihn gehört der VAR abgeschafft, er wünsche sich wieder Schiris, die sich etwas trauen, auch wenn er vielleicht mal benachteiligt würde. Was er sagen wollte: lieber Verlieren durch mannhaft getroffene Fehlentscheidungen auf dem Rasen als durch unnötige Eingriffe aus einem Kölner Geisterkeller.

Und die Freiburger? Christian Streich war ja wegen seiner Sperre nur stiller Beobachter in einem Stadionraum. Sein Vertreter, Co-Trainer Lars Voßler, freute sich über den Sieg und das dafür nötige „Spielglück“. Nur Sportvorstand Jochen Saier ging auf den VAR ein und hielt auch den zweiten Elfmeter für korrekt. „Wenn er es sich anschaut, muss er ihn geben“, sagte Saier. Wenn das Bruno Labbadia gehört hätte, wäre er wohl komplett aus der Haut gefahren. Weil eben der VAR gar nicht hätte eingreifen dürfen, Stegemann keine TV-Bilder gesehen hätte und das Spiel womöglich 1:1 ausgegangen wäre.