Der Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – heute ist die Sängerin Rebekka Bakken an der Reihe.
Wissen Sie in der Regel, was Sie hoffen? Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Nein, ich würde auf nichts hoffen wollen. Ich lasse mich gerne angenehm überraschen.
Können Sie ohne Hoffnung denken?
Ich habe auf jeden Fall den Eindruck, dass ich es kann.
Hoffen Sie auf ein Jenseits?
Ich hoffe nicht.
Kann Ideologie zur Heimat werden?
Ja, aber ich würde dort nicht gerne leben.
Empfinden Sie die Erde überhaupt als heimatlich?
Wenn ich ein Außerirdischer wäre, der am Weihnachtsabend auf die Erde kommt, würde ich das wahrscheinlich glauben.
Welche Probleme löst eine gute Ehe?
Keine. Man muss immer noch die Arbeit machen. Eine Ehe kann zur Lösung von Problemen führen, von denen man nicht wusste, dass man sie alleine hat.
Halten Sie Geheimnislosigkeit für ein Gebot der Ehe oder finden Sie, dass gerade das Geheimnis, das zwei Menschen voreinander haben, sie verbindet?
Warum ist es so wichtig, Geheimnisse zu haben? Sie spielen keine Rolle, aber der Geheimnisträger ist derjenige, der sich der Wahrheit nicht für würdig hält.
Warum scheuen Revolutionäre den Humor?
Herr Uljanow hat sich Lenin genannt. Finden Sie das nicht komisch?
Gibt es einen klassenlosen Humor?
Ja. Andererseits kann man über alles scherzen, wenn man Klasse benutzt.
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Menschen.
Verändert im Alter sich der Humor?
Sicher – Witze über die Genitalien werden mit dem Alter immer raffinierter.
Wie alt möchten Sie werden?
Das Alter ist nicht meine Entscheidung.
Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?
Ich muss keine toten Menschen sehen oder stören.
Hätten Sie lieber einer anderen Nation (Kultur) angehört und welcher?
Ich wäre gerne in Schweden geboren worden. Ich würde mich an der etwas besseren Küche erfreuen und im Alter einfach nach Norwegen auswandern.
Wenn Sie Macht hätten zu befehlen, was Ihnen heute richtig scheint, würden Sie es befehlen, gegen den Widerspruch der Mehrheit? Ja oder Nein.
Nein.
Warum nicht, wenn es Ihnen richtig scheint?
Die Menschen haben einen freien Willen und lernen aus den Konsequenzen. Ich würde mich nicht in diese Dynamik einmischen.
Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie‘s noch? Angabe des Alters.
Ich glaube immer noch, dass ich klüger werden werde. Mein Alter? Ich bin Sängerin, ich werde nie mein Alter angeben.
Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik?
Ja, das ist die einzige Kritik, der ich vertraue.
Gesetzt den Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wir erklären Sie es sich, dass es dazu nie gekommen ist?
Durch die schiere Gnade Gottes.
Was fehlt Ihnen zum Glück?
Eigentlich bin ich ziemlich glücklich.
Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?
Seit ich auf der Welt bin, weiß ich, dass mein Körper kaputt gehen wird. Ich kann nicht leben, wenn ich diese Tatsache leugne oder mich dagegen wehre.
Was tun Sie dagegen?
Ich stelle mir ab und zu den Tod vor.
Wovor haben Sie mehr Angst: dass Sie auf dem Totenbett jemand beschimpfen könnten, der es nicht verdient, oder dass Sie allen verzeihen, die es nicht verdienen?
Vergebung hat nichts mit Verdienen zu tun.