Wenn im Frühjahr die Tage länger werden und die Sonne wieder wärmer scheint, dann beginnt für Felix Krüger die schönste Vorbereitung des Jahres.
Die Runde der Zweitliga-Handballer der HSG Konstanz, für die der 25-Jährige an den Wochenenden mit der Nummer 17 auf dem Parkett steht, ist nicht gemeint. Die geht da normalerweise bereits ins letzte Drittel. Im März bringt Krüger ausnahmsweise nicht sich selbst in Form, sondern sein Motorrad. Heute muss das Hinterrad gewechselt werden.

Die Uni und der Sport bestimmen sein Leben. Die zweite große Leidenschaft des gebürtigen Schwarzwälders ist neben dem Handball aber eine Triumph Speed Triple. Knallrot. 130 PS.

Seit zwei Jahren sitzt der Student bei schönem Wetter regelmäßig im Sattel. „Immer, wenn ich Zeit habe an den Sonntagen oder wenn frei ist oder im Urlaub“, sagt der 1,98 Meter große Blondschopf und grinst.
„Beim Motorradfahren kann ich gut abschalten, wenn es stressig ist. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich nach einem Spiel, das nicht so gut gelaufen ist, eine Runde gefahren bin.“

Unterwegs auf dem Rücken seiner roten Maschine, das ist eine ganz besondere Art von Freiheit für Felix Krüger.
Im Hörsaal geben die Professoren den Ton an, in der Halle muss er nach der Pfeife von Trainer Daniel Eblen tanzen – auf dem Bike aber „bestimme nur ich, wohin es geht und wann angehalten wird“, sagt er selbst.
Manchmal kommt sein ein Jahr jüngerer Bruder Florian am Bodensee vorbei, und die beiden Krügers touren durch die Berge in der Schweiz oder Österreich.
Oder Felix fährt durch die Serpentinen des Schwarzwalds nach Hause zu seiner Familie nach Alpirsbach, wo er aufgewachsen ist und die ersten Handballschritte gemacht hat.

Bis zur B-Jugend spielt Krüger in seinem Heimatort, anschließend für den TuS Schutterwald.
Nach dem Abitur, da ist er 18 Jahre alt, folgt er dem Ruf seines Cousins Matthias Faißt ins Team der HSG Konstanz.

Nur ein Jahr darauf macht der Teenager den Motorradführerschein. Onkels und Cousins begeistern den jungen Mann für ihr Hobby – und zeigen ihm, wie man kleinere Reparaturen gleich selbst erledigt.
„Vieles habe ich mir auch selbst mit Videos aus dem Internet beigebracht“, sagt Felix Krüger, während er die Schrauben am Auspuff löst. Erst wenn der weg ist, kann auch das Rad abgenommen werden.

„Am Anfang hatte ich mir ein ganz günstiges Motorrad gekauft, an dem ich nix kaputtmachen konnte“, fährt er lachend fort.
Zwei Jahre fährt er die günstige Variante, dann sieht er im Frühjahr 2017 den roten Flitzer in der Werbung – und will ihn unbedingt haben.
Seitdem kümmert er sich rührend um seine rote Triumph. „Ich habe noch keinen Handballer gehört, der gesagt hat, dass er die Arbeit vor der Saison liebt“, sagt Krüger, „beim Motorrad macht beides Spaß: das Fahren und die Vorbereitung.“
Im Moment muss der Handballer Felix Krüger eine doppelte Zwangspause einlegen. Wegen Corona und weil er sich das Kreuzband gezerrt hat und an schmerzhaften Mikrorissen im Knochen leidet.
Da ist das Bike für den Mechaniker in ihm eine willkommene Abwechslung vom sportlichen Nichtstun.

Das Rad ist runter und wird zum Auswuchten in die Werkstatt gebracht, dann schraubt Felix Krüger es wieder fest und schiebt das rote Bike zurück in die Garage.

Die Zeit der Reparaturen mag zwar auch ihren Reiz haben, so richtig viel Spaß macht das Motorrad aber, wenn es fährt. Besonders im Frühjahr, wenn die Tage länger werden und die Sonne wieder wärmer scheint.