Sabine Tesche protokolliert

Wenn man schon nicht offiziell feiern kann, was werden Sie dieses Jahr an der Fasnacht machen? Was vermissen Sie in diesem Jahr am meisten

Ich persönlich werde dieses Jahr an Fasnacht ganz normal arbeiten und nach Feierabend und am Wochenende die Fasnachtszeit mental genießen, in alten Erinnerungen schwelgen, die Zeitungsberichte zur Fasnacht verfolgen, alte Bilder und Videoclips und die ein oder andere Fernsehsendung zur Fasnacht anschauen. Fasnacht ist für uns Narren so wie sie im Kalender steht vorhanden, ob wir unser Brauchtum öffentlich zur Schau tragen dürfen oder auch nicht. Am meisten vermisse ich den „positiven“ Streß der ganzen Fasnachtsorganisation und natürlich die tollen Umzüge und Veranstaltungen. Vor allen Dingen aber die vielen tollen Begegnungen, das Miteinander und die Fröhlichkeit und Ausgelassenheit der Menschen.

Gibt es Erinnerungen an das Fasnachts-Ausfalljahr wegen des Irak-Kriegs?

Nein, eigentlich nicht. Ich bin ein Späteinsteiger, was die organisierte Vereinsfasnacht angeht. Aus der Vereinsgeschichte weiß ich allerdings, dass der Narrenverein Tengen 1991 ein großes Narrentreffen geplant hatte, welches abgesagt werden musste. Das war für die damals Verantwortlichen kein leichter Schritt.

Worauf freuen Sie sich zur Fasnet 2021?

Freuen? Ich freue mich zumindest darüber, dass wir am Rathaus, an der Kita und an der Grundschule beim Narrenbaumloch aus den Christbäumen von der Kirche und Stadt etwas größere, geschmückte Ersatznarrenbäume aufstellen konnten. Dann freue ich mich über die leuchtenden Kinderaugen in der Kita am Schmotzigen Dunschtig, wenn sie trotz fehlendem Besuch der Narren, Fasnacht feiern und die traditionellen Überraschungseier vom Narrenverein bekommen. Und ich freue mich über unsere Aktion „Fasnet aus der Tüte“. Mit der Tüte und vor allem deren Inhalt können alle zu Hause im Kreise der Familie, im kleinen erlaubten Kreis ein wenig Fasnet feiern.

Wie bewerten Sie den Umgang der Verbände und Vereinigungen mit den Corona-Herausforderungen?

Die Verbände und Vereinigungen haben gut daran getan schon frühzeitig eine gemeinsame Linie zu fahren und alle Großveranstaltungen, Umzüge und Narrentreffen abzusagen.

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Kann das Internet nach Corona die Fasnet der Zukunft bereichern?

Bereichern ist vielleicht übertrieben. Die Fasnacht lebt vom Miteinander, von der Geselligkeit, von der Freude der Menschen. Das kann man medial meiner Meinung nach nicht auffangen. Das Internet und die sozialen Medien werden von uns schon lange genutzt und unterstützen vor allem im organisatorischen und informativen Bereich.

Was ist für Sie der Geist der Fasnet, der auch ohne Veranstaltungen weiterlebt, und was zeichnet die Fasnet in ihrem Heimatort aus?

Der Geist der Fasnet steckt in jedem selbst der gerne Fasnacht macht oder sich der Narretei verschrieben hat. Es ist immer wieder faszinierend, wie pünktlich zur fünften Jahreszeit alle parat stehen und es kaum erwarten können, egal ob groß oder klein. So lebt das Brauchtum und ersteht jedes Jahr neu. Alte Rituale, die auch ohne Veranstaltungen gelebt werden, geschehen dann halt zu Hause. Man holt das Häs hervor, stellt die Maske ins Fenster, schmückt die Wohnung, das Haus, macht aus dem Christbaum ein Narrenbäumle, hängt die Fasnetsfahne auf…

Wer ist denn in diesem Jahr das wichtigste Mitglied in der Narrenzunft?

Das ist eine schwierige Frage. Wichtig sind alle Mitglieder. Jeder trägt zum Gelingen unserer Fasnacht und Fortbestand des Brauchtums bei. Natürlich könnte man den Vorstand, die Gruppenleiter oder einzelne Personen die alle mit speziellen Fähigkeiten zu gewissen Aufgaben im Hintergrund wirken, benennen. Das würde aber dem Einzelnen nicht gerecht.

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Glauben Sie, dass die Fasnet 2022 sein wird, wie immer?

Da ich Optimist bin, habe ich die große Hoffnung, dass die Fasnet 2022 stattfinden wird. Ob sie sein wird wie immer, das wäre schön. Scheuklappen sollte man allerdings nicht aufhaben. Fasnacht und Brauchtum leben ja auch von Veränderung und wir werden uns der Entwicklung der Corona-Pandemie anpassen.

Kommt Ihr Häs‘ in diesem Jahr überhaupt zum Einsatz?

Nicht so oft wie sonst üblich. Aktuell nur zum Bilder machen, das Jahr über zum Spalierstehen bei Hochzeiten und dann hoffentlich am 11.11. zu unserer traditionellen Martinisitzung.

Haben Sie ein persönliches Motto für diese Saison?

Nicht wirklich. Etwas Halbes ist nichts Ganzes, darum lieber dieses Jahr verzichten, damit wir alle nächstes Jahr gesund wieder mit Begeisterung Fasnet feiern und das Brauchtum leben können.

Was ist für Aschermittwoch geplant?

Am Aschermittwoch wird wie immer aufgeräumt, die Deko im Haus abgebaut, das Narrenbäumle entsorgt, die Fahne abgehängt, das Häs versorgt, ja und dann geht‘s wieder los, Planung für die nächste Saison... Nach der Fasnet ist bekanntlich vor der Fasnet.

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Zu Zunft, Serie und Person

  • Zur Serie: Zum Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus finden in diesem Jahr praktisch keine offiziellen Fasnachtsveranstaltungen im Hegau statt. Welche Stimmung das auslöst, wo es vielleicht doch ein bisschen Freude gibt und welche Hoffnungen die Narren der Region in die Zukunft gemeinsam setzen – dazu kommen in der Serie elf Narren zu Wort. Jeder von ihnen bekommt die gleichen elf Fragen vorgelegt, die die Singener SÜDKURIER-Redaktion gemeinsam erstellt hat.
  • Zur Person: Michael Grambau ist seit vielen Jahren Präsident der traditionsreichen Tengener Narrenzunft und fast noch länger für die Liste Freie Bürger/SPD im Tengener Gemeinderat aktiv. Dass er ein Gespür für andauernde Zeiteinheiten hat, hat Tengens Bürgermeister Marian Schreier närrisch dokumentiert und den besonders sorgfältigen Ausführungen Grambaus rund um die seit 1893 aktive Tengener Narrenzunft Kamelia speziell eine lokale Zeit-Einheit gewidmet: ein Grambau.
  • Zur Zunft: Der Narrenverein Kamelia Tengen hat sich im Jahre 1882 aus dem Männergesangverein Liederkranz herausgebildet. Aus der anfänglichen „Krakeelia“ soll der spätere Vereinsnamen „Kamelia“ abgewandelt hervorgegangen sein. Im Narrenbuch heißt es: „Die Gründung datiert schon vom uralten, grauen Altertum, ja sogar schon seit Erschaffung der Welt im Jahr 1893 her, denn offenbar dachte ihr Schöpfer zuerst an die Kameeler in Thengen“ Was hat aber der Graf mit der Gründungsgeschichte zu tun? Als 1519 die Tengener Hinterburg abbrannte, rettete der damalige Graf einen seiner Burgnarren aus der brennenden Burg. Aus diesem historischen Hintergrund wurde 1966 eine Burgnarrenmaske geschaffen, mit dem dazugehörigen Schirmherr Graf Christoph. (tes)