Sandra Markert

Nur ein Kontomodell pro Bank und nur 567 von 1700 Kreditinstituten im Vergleich: Der Verbraucherzentrale Bundesverband bezeichnete den Girokontenvergleich des Portals „Check24“ als „unbrauchbar“ und ging dagegen erfolgreich vor Gericht vor. Immerhin war das Angebot eine durch den TÜV Saarland zertifizierte Seite, die einen von der EU geforderten marktumfassenden Kontenvergleich bieten sollte. Seit Mitte Januar ist das Angebot abgeschaltet, eine Alternative für Verbraucher nicht in Sicht. Da stellt sich die Frage: Kann man Vergleichsportalen überhaupt noch trauen?

Wie funktionieren Vergleichsportale?

Wer ein Portal wie „Check24“ oder „Verivox“ auf der Suche nach einem günstigen Anbieter für Strom, Gas, Versicherungen oder eben ein Girokonto nutzt, erwartet einen objektiven Vergleich verschiedener Anbieter. Doch die privat wirtschaftenden Portale müssen Geld verdienen – und bekommen deshalb Provisionen von den Anbietern, die sie listen. Im Bereich Versicherungen beispielsweise erzielen Vergleichsportale dem Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen zufolge 90 Prozent ihrer Gewinne aus Provisionszahlungen. Ob diese Zahlungen Auswirkungen auf das Ranking haben, ob der gesamte Markt abgebildet wird und wie die Ergebnisse zustande kommen: All das bleibt den Nutzern in der Regel verborgen.

Weit über 1000 Stromanbieter gibt es in Deutschland. Wer will da den Überblick behalten?
Weit über 1000 Stromanbieter gibt es in Deutschland. Wer will da den Überblick behalten? | Bild: Catherine Waibel, dpa

Sparen Nutzer von Vergleichsportalen tatsächlich Geld?

Das Bundeskartellamt ist dieser Frage von 2017 bis 2019 nachgegangen. Das Ergebnis: Verbraucher können sich nicht darauf verlassen, „tatsächlich das beste Angebot zu bekommen“. Weiter heißt es in der Untersuchung: Es kann sein, dass Verbraucher Entscheidungen treffen, die sie „bei vollständiger Kenntnis der Markttatsachen so nicht getroffen hätten“.

Privat wirtschaftende Portale wie „Verivox“ bekommen Provisionen von Anbietern, die dort gelistet werden.
Privat wirtschaftende Portale wie „Verivox“ bekommen Provisionen von Anbietern, die dort gelistet werden. | Bild: Martin Gerten, dpa

Warum werden bei Vergleichsportalen oft nur wenige Anbieter gelistet?

Je mehr Anbieter auftauchen, umso höher ist der Aufwand für die Vergleichsportale: „Es kostet vor allem viel Zeit, die Daten immer aktuell zu halten“, sagt Sally Peters, geschäftsführende Direktorin des Instituts für Finanzdienstleistungen in Hamburg. Umgekehrt müssen die Anbieter, die bei den Portalen mitmachen wollen, in der Regel für jeden Kunden, der ihnen darüber übermittelt wird, eine Provision zahlen. Das wollen nicht alle. Für den Kunden bedeutet eine geringe Marktabdeckung, dass er sich nicht umfassend informieren kann. Beim „Check24“-Girokontenvergleich war nicht einmal ein Drittel der Finanzinstitute vertreten.

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Die Untersuchung des Bundeskartellamtes zeigte, dass besonders bei Krediten und Versicherungen auf den Portalen nur ein kleiner Teil der Anbieter mitmacht. In den Bereichen Energie, Telekommunikation und Flüge ist die Marktabdeckung dem Bundeskartellamt zufolge bei Vergleichen dagegen hoch.

Wer derzeit Girokonten vergleichen möchte, muss die Angaben mühsam selbst zusammensuchen oder einen kommerziellen Anbieter wählen. Warum findet sich kein anderer zertifizierter Anbieter?

Bereits 2014 hat die EU von ihren Mitgliedern verlangt, dass sie mindestens eine Seite zur Verfügung stellen sollen, auf der sich Verbraucher unabhängig über die Preismodelle und Konditionen von Girokonten informieren können. Den Mitgliedstaaten blieb überlassen, ob ein privater oder staatlicher Akteur den Vergleich betreiben soll. In Deutschland hat man sich für die kommerzielle Plattform „Check24“ entschieden. „Mehrere andere Interessenten privater Plattformen haben aufgrund der hohen Kosten abgewunken“, sagt Sally Peters vom Institut für Finanzdienstleistungen Hamburg. Nun ist eine staatliche Vergleichsplattform im Gespräch, betrieben durch die Finanzaufsicht Bafin. „Die meisten anderen EU-Länder bieten solche Seiten bereits über öffentlich-rechtliche Anbieter an“, sagt Sally Peters. Auch die Stiftung Warentest ist als neuer Anbieter im Gespräch. Die gemeinnützige Organisation vergleicht bereits regelmäßig die Konditionen von Girokonten. Die Ergebnisse sind kostenpflichtig über die Online-Datenbank abrufbar.

Mitarbeiter sitzen in der Zentrale des Vergleichsportals Check24 in München. Auf der Glasscheibe ist das Logo zu sehen.
Mitarbeiter sitzen in der Zentrale des Vergleichsportals Check24 in München. Auf der Glasscheibe ist das Logo zu sehen. | Bild: MATTHIAS BALK, dpa

Auch schon früher gab es immer wieder Kritik an der Arbeit von Finanzvergleichsportalen. Wovor sollte man sich noch in Acht nehmen?

„Viele Probleme, die wir bei einer Studie für den Bundesverband der Verbraucherzentralen 2017 festgestellt haben, bestehen immer noch“, sagt Sally Peters vom Institut für Finanzdienstleistungen. So sind die Finanzierung der untersuchten Portale, das Zustandekommen der Rankings und die Aktualität der Daten häufig nicht transparent dargelegt. Insbesondere wenn sich die Vergleichsportale über Provisionen finanzieren, sollte dies laut Verbraucherzentrale Bundesverband deutlich an prominenter Stelle kenntlich gemacht werden. Beliebt ist auch der Trick mit der Nullplatzierung: Hier taucht vor der Nummer eins im Ranking ein Anbieter auf, der dort für sich wirbt – aber nicht unbedingt der günstigste ist.

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Gibt es für Verbraucher eine Alternative?

Eine gute Wahl sind die Tests der Stiftung Warentest, die wegen staatlicher Zuschüsse auf Werbeeinnahmen verzichtet und unabhängig arbeiten kann. Dort findet man aber nicht alle Themen. Selbst vergleichen ist für die Verbraucher auch keine Alternative. Denn wer nach einem neuen Tarif für Strom, Gas, Telefon sucht oder nach einem günstigen Kredit oder Girokonto, müsste Angebote im vierstelligen Bereich vergleichen.

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