Marcus Giebel

In Deutschland wird viel über die Arbeitsmoral der Bürger diskutiert. Gerade angesichts der seit vielen Monaten schwächelnden Wirtschaft, die einfach nicht mehr in Schwung kommen will. Einerseits predigen gerade viele jüngere Menschen mit Blick auf eine Menge Jahre im Berufsleben die Work-Life-Balance, bei der auch die Freizeit zu ihrem Recht kommen soll.

Andererseits setzt es Kritik an Denkanstößen zu einer möglichen Vier-Tage-Woche. Die Gegner sehen in diesem Fall etwa die Produktivität gefährdet. In aller Regel wird in Deutschland von einer 40-Stunden-Woche ausgegangen, verteilt auf die fünf Wochentage. Dabei fällt mal mehr, mal weniger Arbeit an. In ersterem Fall sind Überstunden nicht auszuschließen. Aber kann der Chef diese von seinen Angestellten verlangen? Diese Frage wird in diesem Text geklärt.

Arbeitszeit: Welche Regeln gelten hinsichtlich der Anzahl der Stunden?

Im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) wird unter Paragraf 3 „Arbeitszeit der Arbeitnehmer“ festgelegt, dass die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten darf. Es gibt jedoch eine Ausnahme: „Sie kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.“

In Paragraf 7 „Abweichende Regelungen“ findet sich zudem unter Absatz acht der Hinweis, dass „die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten“ darf.

Überstunden: Was ist darunter zu verstehen?

Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Überstunden als das „Überschreiten der Arbeitszeit, die durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag festgelegt ist“. Allerdings gilt: „Da die betriebliche Arbeitszeit fast überall unterhalb der gesetzlichen Normalarbeitszeit liegt, ist oft Überarbeit gegeben, ohne dass gleichzeitig Mehrarbeit vorliegt.“

Mehrarbeit ist ein Begriff aus der alten Arbeitszeitordnung und meint die Arbeit, die über die frühere gesetzliche Normalarbeitszeit von 48 Wochenstunden hinausging. Im Vergleich dazu umfassen Überstunden die „über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit, welche die gesetzlich zulässige Arbeitszeit nach dem ArbZG nicht überschreitet“. Überstunden haben folglich eine Unter- und eine Obergrenze.

Überstunden: Darf mein Chef sie von mir verlangen?

Chefs dürfen von ihren Angestellten nicht ohne Weiteres Überstunden verlangen. So informiert die IG Metall, dass ein Arbeitsvertrag oder ein Tarifvertrag eine bestimmte Anzahl von Wochenarbeitsstunden vorsieht, „alles, was darüber hinaus geht, sind Überstunden und müssen nicht geleistet werden, weil sie ja auch vertraglich nicht vereinbart sind“.

Ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, müssen diese nur dann geleistet werden, wenn sie zuvor vereinbart worden sind. „Alleine aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers lässt sich keine Befugnis zur Anordnung von Überstunden ableiten“, schreibt die IG Metall.

Eine Ausnahme bilden lediglich Notfälle, wenn also Überstunden im Interesse des Betriebes dringend erforderlich sind. Es muss dann jedoch ein ungewöhnliches, nicht vorhersehbares Ereignis vorliegen. Kapazitätsengpässe oder vermehrter Arbeitsanfall reichen nicht aus.

Die IHK Regensburg erwähnt zudem, dass es zulässig ist, „eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag einzubauen, wonach sich die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers auch auf die (mündliche) Anordnung von Überstunden erstrecken soll“.

Besteht ein Betriebsrat, ist dieser vor jeder Überstundenanordnung zu beteiligen. Ansonsten müssen Überstunden nicht geleistet werden. Dies ist im Betriebsverfassungsgesetz unter Paragraf 87 „Mitbestimmungsrechte“ festgelegt.

Laut Gabler Wirtschaftslexikon greift diese Regelung auch, wenn die Überstunden nur für einen Arbeitnehmer angeordnet werden sollen. Allerdings entfällt die Mitbestimmung des Betriebsrats, „wenn die Maßnahme durch nur den einzelnen Arbeitnehmer betreffende Umstände veranlasst wird“.

Übrigens: Der Vorgesetzte kann seinen Mitarbeitern nicht einfach komplett abwegige Aufgaben zuweisen. Ebenso hat er nicht das Recht, unpassende Pausenzeiten vorzugeben. Arbeitnehmer wiederum können allerdings nicht einfach eine Reise buchen und hoffen, dass sie zu der Zeit auch Urlaub bekommen. Grundsätzlich drohen bei Fehlverhalten Ermahnung oder Abmahnung, die mündlich oder schriftlich ausgesprochen werden können.