Julius Bretzel

Viele Berufspendler fürchten den Winter: Schnee, Eis und Glätte auf den Straßen machen den Arbeitsweg in den kalten Monaten unberechenbar. Kommt man da überhaupt ins Büro? Bis der Gehweg geräumt und das Auto freigeschaufelt ist, kann es dauern, und dann muss man auf den Straßen noch vorsichtiger sein als sonst, weil die Unfallgefahr steigt. Und Bus und Bahn sind bei Schneefall und Eis meist auch nicht viel zuverlässiger. Kann man da etwas dafür, wenn man zu spät zur Arbeit kommt?

Zu Spät wegen Schnee und Eis: Kein Lohn wegen Witterung?

Die Gewerkschaft Verdi schreibt: „Grundsätzlich gilt, dass es Sache der Beschäftigten ist, wie sie zur Arbeit kommen. Ihrem Arbeitgeber, ihrer Arbeitgeberin schulden sie pünktliches Erscheinen.“ Der Arbeitnehmer trägt das im Arbeitsrecht bekannte Wegerisiko. Wer zur spät zur Arbeit kommt, hat in der Zeit, in der er nicht gearbeitet hat, auch keinen Anspruch auf Lohn, so Verdi. Denn es gilt: Ohne Arbeit kein Lohn.

Zu Spät zur Arbeit: Müssen die Stunden nachgeholt werden?

Ausgefallene Stunden müssen laut Verdi nicht nachgeholt werden. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Wenn für die Arbeit ein Überstundenkonto geführt wird, zählen die ausgefallenen Stunden als Minusstunden und können entsprechend zu einer späteren Zeit nachgeholt werden. Der Arbeitgeber könne aber niemanden zwingen, die morgens ausgefallenen Stunden abends dranzuhängen.

Arbeitsweg: Abmahnung wegen Schnee und Glatteis?

Wenn sich auf dem Arbeitsweg bereits abzeichnet, dass es mit der Pünktlichkeit nichts mehr wird, müssen Beschäftigte auf jeden Fall ihren Arbeitgeber informieren, da sie in der Mitteilungspflicht stehen. „Nur dann, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig Bescheid weiß, kann er die Arbeit anders verteilen und die Ausfälle entsprechend einplanen“, erklärt der Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB Rechtsschutz). Wer seiner Informationspflicht nicht nachkommt, riskiert demnach tatsächlich eine Abmahnung.

Verdi schreibt, es komme auf den Einzelfall an, weil eine Abmahnung nur für ein vorwerfbares Verhalten ausgesprochen werden dürfe. „Eine Abmahnung bei einem kurzfristigen Wintereinbruch oder wenn es wegen eines Unfalls zu Verkehrschaos kommt, wäre sicher nicht zu rechtfertigen.“ Aber: „Die Ausrede, wegen des Schnees nicht rechtzeitig zur Arbeit erscheinen zu können, dürfte der Arbeitgeber spätestens nach drei oder vier Tagen nicht mehr hinnehmen.“ Dann wäre eine Abmahnung laut Verdi gerechtfertigt.

Schnee und Eis: Wann können Beschäftigte doch mit Lohn rechnen?

In manchen Fällen können Beschäftigte, die durch Schnee, Eis und Unwetter verhindert werden, laut den Gewerkschaften doch mit Lohn rechnen.

Der eine Fall betrifft Ausnahmefälle: Wenn die Arbeit überhaupt nicht stattfinden kann, weil es witterungsbedingt zu größeren Störungen des Betriebsablaufs kommt. Dies betrifft laut Verdi dann nicht mehr das Wegerisiko, sondern das allgemeine Betriebsrisiko. Und das trägt grundsätzlich der Arbeitgeber. „Für den Arbeitnehmer heißt das, dass er seinen Lohn weiter erhält, auch wenn er nicht arbeitet“, so Verdi. Dasselbe gilt natürlich im Sommer, zum Beispiel bei einem Sturm.

Ein anderer Fall ist die Verhinderung durch einen subjektiven Grund. Dieser liege zum Beispiel vor, wenn aufgrund der Witterung der Kindergarten oder die Schule geschlossen bleibt und der Arbeitnehmer keine andere Betreuungsmöglichkeit findet, so der DGB Rechtsschutz. In diesem Fall bestehe zumindest für einige Tage Anspruch auf Weiterzahlung des Lohnes.

Übrigens: Es gibt wichtige Urlaubsregelungen, die Beschäftigte unbedingt kennen sollten. Und auch zu Pausenzeiten sollten Arbeitnehmer ihre Rechte kennen.