Kommen jetzt die stationären Kontrollen an den Grenzen?
Nein. Solche Kontrollen direkt an der Grenze, die bei der EU-Kommission beantragt werden müssen, gibt es seit 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich. Für weitere Grenzabschnitte will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) einen solchen Antrag bislang nicht stellen.
Stattdessen plant sie verstärkte Kontrollen in der Nähe der Grenze und vertritt die Rechtsauffassung, dass die Bundespolizei dabei punktuell auch direkt an der Grenze Fahrzeuge anhalten kann. Außerdem will Faeser mehr gemeinsame Streifen mit Polen und Tschechien.
Was spricht für stationäre Kontrollen?
Schleuser sind dadurch leichter zu schnappen, denn bei Kontrollen jenseits der Grenze sind sie oft schon verschwunden, wenn die Polizei die irregulär eingereisten Menschen aufgreift.
Zurückweisungen an Schengen-Binnengrenzen sind rechtlich nur dann zulässig, wenn zuvor die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen gegenüber der EU-Kommission notifiziert wurde. Allerdings kommen Zurückweisungen ohnehin nur in relativ wenigen Fällen zur Anwendung, etwa wenn ein Ausländer mit einer Einreisesperre belegt ist oder keinen Asylantrag stellt.
Wie oft kommt es zu Zurückweisungen?
An den Grenzkontrollstellen an der deutsch-österreichischen Landgrenze wurden im ersten Halbjahr 2023 nach Angaben der Bundesregierung 4489 Menschen zurückgewiesen.
Im gleichen Zeitraum wurden an der deutsch-schweizerischen Landesgrenze, wo die Bundespolizei gemäß einer Vereinbarung mit Bern auf schweizerischem Hoheitsgebiet in Zügen kontrollieren darf, 4787 Ausländer zurückgewiesen, vor allem weil sie keine gültigen Reisedokumente vorweisen konnten.

Was spricht gegen stationäre Grenzkontrollen?
Sie binden viel Personal. Wenn die Kontrollen an einer Stelle verstärkt werden, nehmen die unerlaubten Einreisen erfahrungsgemäß nach einer Weile an einem anderen Grenzabschnitt zu, weil sich die Menschen, die nach Deutschland wollen, und ihre Schleuser darauf eingestellt haben.
Außerdem fällt es oft schwer, wenn solche Kontrollen erst einmal eingeführt wurden, einen Ausstieg zu finden. Denn das wirkt dann leicht wie ein Signal, dass ein Staat seine Bestimmungen mit Blick auf irreguläre Migration lockern will.
Das zeigt das Beispiel der Kontrollen in Bayern. Die waren im Herbst 2015 erstmals beantragt worden. Seither sind sie immer wieder verlängert worden – auch von Nancy Faeser. Das ärgert vor allem die Grünen, die solche Kontrollen generell für falsch halten.
Wo in der EU gibt es aktuell sonst noch stationäre Kontrollen?
Obwohl im Schengen-Raum eigentlich das Prinzip der offenen Binnengrenzen gilt, sind es aktuell mehrere Staaten, die diese Karte gezogen haben. Spanien beispielsweise hat vom 28. September an für einige Tage Kontrollen angekündigt und dies mit Sicherheitsvorkehrungen rund um die informelle Tagung der Staats- und Regierungschefs in Granada begründet.
An Häfen mit Fährverbindungen zu Schengen-Staaten kontrolliert Norwegen und begründet dies mit Risiken für kritische Infrastruktur an Land und im Seegebiet sowie der Gefahr durch russische Geheimdienstaktivitäten. Dänemark führt für seine Kontrollen an der Landgrenze zu Deutschland gleich mehrere Gründe an, unter anderem organisierte Kriminalität, irreguläre Migration und die Bedrohung durch islamistischen Terror.
Österreich hat für einige Abschnitte Grenzkontrollen notifiziert, Schweden für alle Binnengrenzen. Auch Frankreich hat unter Verweis auf Terror-Risiken und irreguläre Migration über die zentrale Mittelmeerroute und die sogenannte Balkanroute Kontrollen an seinen Grenzen beantragt.