Eine schwere Sturmflut mit Rekord-Wasserständen hat an der Küste Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns nach ersten Schätzungen Schäden in dreistelliger Millionenhöhe angerichtet. Am Samstag begannen in den betroffenen Städten und Gemeinden von Flensburg bis Lübeck und Rügen die Aufräumarbeiten.
Zahlreiche Menschen hatten wegen Überschwemmungen ihre Häuser verlassen müssen. An mehreren Stellen brachen Deiche oder wurden überspült. Eine Frau auf Fehmarn starb am Freitag im Sturm. Mecklenburg-Vorpommern kam mit geringeren Wasserständen und weniger Schäden davon. Am Samstagmorgen sanken die Wasserstände mit dem Abflauen des Sturms überall deutlich.

Ein Jahrhundert-Hochwasser erlebte Flensburg, wo der Pegelstand nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in der Nacht 2,27 Meter über dem Normalwert erreichte. Teile des Hafengebiets waren überflutet. Ein ähnlich hoher Wert war in Flensburg zuletzt 1904 mit 2,23 Meter gemessen worden. Aus Sicherheitsgründen schalteten die Stadtwerke den Strom in den betroffenen Bereichen am Hafen ab.
Vergeblicher Kampf gegen das Wasser
Der Kreis Rendsburg-Eckernförde löste am Freitagabend Katastrophenalarm aus. In Eckernförde hatte der Höchstwert bei etwa 2,1 Metern über dem Normalstand gelegen.

In Ostholstein wurden mehrere Strandwälle von den Fluten durchbrochen und Deiche beschädigt. Bei Maasholm und Arnis an der Schlei sowie südlich des Olpenitzer Hafens brachen Deiche, auch in Damp konnte ein Deich nicht gehalten werden. In Schleswig wurde der Hafen überflutet, der Strom wurde abgestellt. In einigen Häfen gingen Sportboote unter.
Mehr als 2000 Einsatzkräfte waren zur Stelle
Feuerwehr, Rettungsdienste, Polizei und Technisches Hilfswerk (THW) waren mit einem Großaufgebot von Kräften im Einsatz. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther dankte den mehr als 2000 Einsatzkräften. „Wir sind wirklich allen extrem dankbar, die in diesen Stunden geholfen haben“, sagte der CDU-Politiker am Samstag. „Schleswig-Holstein hat zusammengestanden angesichts dieser schrecklichen Flutkatastrophe.“

Günther verschaffte sich unter anderem in seiner Heimatstadt Eckernförde einen Überblick über die Schäden. „Wir sind sehr froh darüber, wie wenig Menschen zu Schaden gekommen sind.“
Auf der Ostseeinsel Fehmarn war es am Freitagnachmittag zu einem tödlichen Unglück im Sturm gekommen. Eine 33 Jahre alte Frau wurde in ihrem Auto von einem umstürzenden Baum erschlagen.
Auswirkungen in Mecklenburg-Vorpommern geringer
Die Feuerwehr Rostock verzeichnete 19 Einsätze wegen Sturms und Hochwassers. Bereits am Freitagmorgen sicherten die Einsatzkräfte ein sinkendes Schiff im Stadthafen. In Rostock erreichte der Pegelstand in der Nacht knapp 1,50 Meter über dem Normalwert.
Der für Küstenschutz zuständige Minister Till Backhaus (SPD) sagte: „Im Vergleich zu Schleswig-Holstein und Süd-Dänemark hat Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der Windrichtung Glück gehabt.“ Küstenschutzanlagen und Dünen hätten Gebiete geschützt, die sonst möglicherweise überflutet worden wären.
Verkehr normalisiert sich langsam
Der Bahnverkehr, der am Freitagabend auf mehreren Regionalstrecken in Schleswig-Holstein eingestellt worden war, lief am Samstag wieder an. Einschränkungen gab es noch beim Schiffsverkehr zu den Nordseeinseln und -halligen. Der Sturm hatte das Wasser aus dem Wattenmeer gedrängt und für extremes Niedrigwasser gesorgt. Der Fährverkehr zwischen Deutschland und Dänemark lief am Samstag wieder an.

Erst wenn das Wasser abgelaufen ist, können Experten damit beginnen, Schäden zu erfassen. Neben Deichen und Hochwasserschutzanlagen sind auch Hafenanlagen, Uferbefestigungen und Gebäude betroffen. Der Leiter des Stabes Katastrophenschutz im Innenministerium Schleswig-Holsteins sprach in der Nacht von Schäden in dreistelliger Millionenhöhe.
Der Bundestagsabgeordnete des Südschleswigsche Wählerverbands, Stefan Seidler, reagierte mit Kritik an der Politik auf die Folgen der Sturmflut. Dieser Sturm müsse wachrütteln. „Das Wasser kann völlig ungehindert in unsere Städte und Ortschaften fließen“, so Seidler. „Die Menschen waren auf sich selbst gestellt. Das kann nicht sein.“ (dpa)