Frau Staehly, Lüneburg ist seit einiger Zeit Mittelpunkt Ihres Berufslebens. Sie stehen dort seit diesem Sommer für die Daily Novela „Rote Rosen“ vor der Kamera. Ist Ihre Familie mit Ihnen umgezogen oder pendeln Sie?

Ich bin zur Pendlerin geworden, und freitags heißt es, manchmal nachmittags, aber meistens erst abends: Ab in den Zug und Richtung Potsdam! Wenn ich Glück habe, ist meine Tochter auch noch wach, wenn ich dort ankomme.

Wie gefällt es Ihnen von Montag bis Freitag in Lüneburg?

Ach, ich bin ganz bezaubert von dieser Stadt! Lüneburg ist wunderschön und ich mag auch die Größe der Stadt sehr gern. Ich habe von Anfang an den Vergleich zu meiner Wahlheimat Potsdam gezogen. Wenn man dort Trubel möchte, fährt man nach Berlin, und wenn nicht, dann bleibt man im beschaulichen Potsdam. Ein ähnliches Gefühl habe ich in Lüneburg: Wenn man möchte, kann man nach Hamburg fahren, um große Kultur zu erleben oder ausgiebig shoppen zu gehen. Ich finde es sehr attraktiv an einer Stadt, wenn eine Metropole in der Nähe ist, man dort aber nicht wohnen muss.

Als Ihnen die Rolle angeboten wurde, haben Sie Ihre Zu- oder Absage davon abhängig gemacht, was Ihre Familie zu der Umstellung sagt?

Als ich die Anfrage bekommen habe, habe ich tatsächlich erstmal den Familienrat einberufen. Es war klar, dass ich dann nur am Wochenende zu Hause bin und dass ich pendeln muss. Nachdem sowohl mein Mann als auch meine Tochter gesagt haben: „Ja, das schaffen wir für diese Zeit“, konnte ich überhaupt erst sagen: Ja, ich will! (lacht)

Sie drehen alles in allem zehn Monate, haben aber schon nach wenigen Tagen am Set gesagt, Sie hätten das Gefühl hatten, schon ewig dabei zu sein. Das klingt nach einer angenehmen Arbeitsatmosphäre.

Die Aussage ist zwei Dingen geschuldet. Einmal habe ich mich tatsächlich sehr gut aufgenommen gefühlt, wir Neuen haben uns von Anfang an wirklich wahnsinnig gut verstanden und haben neben der ganzen Arbeit sehr viel Spaß zusammen. Aber das hat auch damit zu tun, dass man als Schauspieler oder Schauspielerin oft nur ein paar Tage am Set hat, wenn zum Beispiel eine Episodenrolle spielt. An Tag drei ist da schon Bergfest. Wenn man sich da nicht schnell wohl fühlt, ändert sich das bis zum Ende der Produktionszeit nicht mehr. Deshalb knüpfe ich immer schnell Kontakte knüpfe, damit ich mich einfügen kann und gut mit den Leuten klarkomme.

Diana Staehly (von links) als Jördis Kilic, Sebastian Deyle als Dr. Klaas Jäger und Birthe Wolter als Franka Böttcher.
Diana Staehly (von links) als Jördis Kilic, Sebastian Deyle als Dr. Klaas Jäger und Birthe Wolter als Franka Böttcher. | Bild: ARD/Stefanie Jockschat

Sie spielen Jördis Kilic. Wenn Sie sie mir vorstellen würden, wie würden Sie sie beschreiben?

Ich würde sie als sehr herzlich beschreiben, ein liebevoller Familienmensch, allerdings vielleicht ein wenig zu aufopfernd … Jördis ist ein glücklicher Mensch. Aber ich glaube, ihr fehlt ein bisschen die Me-Time, also Zeit für sich selbst. Sie muss herausfinden, wer sie eigentlich ist und was sie will – als Frau, nicht als Ehefrau oder Mutter, und ein wenig egoistischer werden.

Braucht es denn Egoismus im positiven Sinne, um eine starke Frau zu sein?

Das Wort Egoismus ist ja leider negativ konnotiert. Aber ich glaube, dass Selbstliebe sehr wichtig ist, um glücklich zu sein – auf sich selber und seine Bedürfnisse zu achten. Wenn man nicht zufrieden ist, dann kann man meiner Meinung auch anderen keine Liebe oder Freundschaft schenken.

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Bei „Rote Rosen“ stehen Frauen ab Mitte 40 im Vordergrund. Diese Lebensphase ist für viele einschneidend. Wie fühlt sich dieses Alter für Sie an?

Ich muss sagen, es fühlt sich für mich persönlich gut an. Ich habe mit meinem Alter eigentlich noch nie gehadert und bin noch nie in Versuchung gekommen, mich jünger zu machen. Klar bin ich auch manchmal schockiert, wenn ich sehe, dass ich meine besten Freundinnen jetzt seit 35 Jahren kenne. Wenn man diese Zahl plötzlich sieht, ist man doch erstaunt. (lacht)

Es ist allerdings so, dass ich privat viel weniger ein Problem mit dem Alter habe als beruflich. In Deutschland ist es leider immer noch so, dass die Rollen für Frauen ab 40 weniger werden, dass in Hauptrollen eher Männer im reifen Alter zum Zuge kommen. Und natürlich schwingt bei mir als Schauspielerin beim Älterwerden die Sorge mit, dass ich erst wieder in ein paar Jahren als Oma gebucht werde – und dann nicht in der Hauptrolle. Ich hatte immer Glück. Ich habe, seit ich 19 bin, immer gearbeitet und habe viele verschiedene Rollen gespielt. Aber geht das auch so weiter?

2004 ging es mit „Stromberg“ los, dieses Bild entstand 2006: Oliver Wnuk (von links), Martina Eitner-Acheampong, Christoph ...
2004 ging es mit „Stromberg“ los, dieses Bild entstand 2006: Oliver Wnuk (von links), Martina Eitner-Acheampong, Christoph Maria Herbst, Bjarne Mädel und Diana Staehly. | Bild: Rolf Vennenbernd/dpa

Haben Sie denn das Gefühl, dass sich in den vergangenen Jahren schon etwas zum Positiven verändert hat?

Ja, die Fernsehlandschaft verändert sich, die Art des Geschichtenerzählens, man rückt auch Frauen über 40 in den Vordergrund. Und ich hoffe, dass das Thema noch mehr ins Bewusstsein der Zuschauer und der Verantwortlichen bei den Sendern gelangt.

Wären Sie eigentlich gern noch mal 20?

Die Frage stelle ich mir tatsächlich öfter.

Und was antworten Sie sich dann?

Ich glaube, ich wäre gern noch mal 20 – aber nicht, weil ich mich in dem Alter besser gefühlt habe, sondern eher, um sagen zu können: Ich habe noch alles vor mir.

Jördis ist verheiratet, hat Kinder und verliebt sich trotzdem in einen anderen Mann. Hat sie dafür aus Ihrer Sicht nachvollziehbare Gründe?

Ja, ihr fehlt etwas im Leben. Es gibt eine Seite an ihr, die sie lange versteckt hat und die sie mit dem Umzug nach Lüneburg wieder entdeckt. Und ich glaube, dass sie diese Seite an sich auch vermisst hat – und da sind wir wieder bei der Selbstliebe. Jördis hat ihre eigenen Bedürfnisse sehr lange hintenangestellt. Ihr Ehemann ist vielleicht ihr bester Freund, aber ihr fehlt die Leidenschaft.

Die coolste Kommissarin bei „Movie Meets Media“ 2018: Diana Staehly (“Soko Köln“).
Die coolste Kommissarin bei „Movie Meets Media“ 2018: Diana Staehly (“Soko Köln“). | Bild: Georg Wendt/dpa

Die Serie wird seit 17 Jahren ausgestrahlt, sogar im italienischen Fernsehen. Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Ich fand das Konzept schon immer interessant, weil es eine der ersten war, die Frauen jenseits der 40 in den Mittelpunkt gestellt hat, ihre Bedürfnisse und ihre Liebesgeschichten. Und es sind sehr starke Schauspieler, die hinter dem Produkt stehen. Natürlich ist das, was wir machen, eine Art Fließbandarbeit. Es ist nicht die Zeit, Drehbücher über Jahre zu entwickeln. Wir haben ein wahnsinniges Pensum. Täglich wird eine Folge gedreht. Dafür braucht es viel Herzblut, und das bringen hier alle mit, vor und hinter der Kamera. Die Liebe zum Produkt überträgt sich auf die Zuschauer.

War die Umstellung auf Fließbandarbeit, wie Sie es nennen, schwer?

Ich muss sagen: So anstrengende Dreharbeiten hatte ich noch nie. Ich musste noch nie so viel Text lernen … Eine Szene dauert hier meist um die zweieinhalb Minuten, das ist viel und das sind auch wahnsinnig viele Worte, die man beim Dreh können muss. Ich mache im Grunde nichts anderes als arbeiten, schlafen und Text lernen.

Das geht über eine Strecke von zehn Monaten, aber ich glaube, viel länger könnte ich das in dem Maße nicht stemmen. Gerade weil viel Zeit für das Pendeln draufgeht und ich am Wochenende ja auch für meine Familie da sein und nicht immer nur lernen will. Ich wusste vorher, dass es viel wird, trotzdem habe ich es fast ein bisschen unterschätzt.

Sie haben schon viele Serien gedreht, wenn auch keine täglichen. Viele Zuschauer kennen Sie als Tanja Seifert-Steinke in „Stromberg“, vor allem aber auch als Controllerin Patrizia Ortmann in „Die Rosenheim-Cops“. Ist das ein Kompliment, wenn man als Schauspielerin bleibenden Eindruck hinterlässt?

Auf jeden Fall! Und ich find‘s eigentlich ganz schön. Ich werde inzwischen tatsächlich am meisten auf die „Rosenheim-Cops“ angesprochen. Diese Nebenfigur, die ich über Jahre gespielt habe, ist so in den Köpfen der Menschen geblieben, dass ich täglich noch zig Zuschriften bekomme, dass ich doch bitte wieder mitmachen soll. Das ist natürlich ein Kompliment, auch weil ich selber diese Rolle so gern mochte.

Es gibt Rollen, die einem mehr oder weniger Spaß machen oder die man mehr oder weniger interessant findet. Aber das war eine der Figuren, die ich wahnsinnig gern gespielt habe, und das, obwohl sie noch nicht mal sehr nah an mir als Person dran ist.

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Könnten Sie sich vorstellen, dass Frau Ortmann irgendwann zurückkommt?

Absolut! Das kann ich mir unbedingt vorstellen. Ich habe mich bei den „Rosenheim-Cops“ immer wahnsinnig wohl gefühlt. Das war ein tolles Team und ich war da wirklich gern.

Wenn man Ihren Namen hört, denkt man schnell an die Schweiz. Wo kommt der Name Staehly denn her?

Er kommt tatsächlich ursprünglich aus der Schweiz. Meine Vorfahren hießen Stähli, sie sind nach Amerika ausgewandert und haben den Namen dort angepasst. So ist diese ungewöhnliche Schreibweise entstanden.