Aufs Handy schimpfen kann jeder, das Handy abschalten niemand. Das war schon beim Fernseher so. Keiner zwang uns, täglich zweieinhalb Stunden vor der Glotze zu sitzen. Aber abschalten war rein emotionstechnisch nicht drin. Das ging mit dem Smartphone so weiter. Eine repräsentative Studie ergab jetzt: Die durchschnittliche Nutzung des Smartphones liegt bei 2,1 Stunden täglich; bei den 18- bis 29-Jährigen ist jeder Vierte sogar länger als vier Stunden pro Tag online.
Ein Leben ohne Mobiltelefon
Es gibt ein Leben auch ohne Mobiltelefon. Wer es nicht glaubt, besuche das Hotel Spielweg im Schwarzwälder Münstertal. Das traditionsbewusste Hotel wird in der fünften Generation von den beiden Töchtern geführt: mit viel jugendlichem Charme, Knowhow – und ohne Mobiltelefon. Es gibt WLAN und Festnetz-Telefon, aber wegen der hohen Berge drumherum ein Loch im Mobilfunknetz. Wer SMS braucht und eine Zwei-Stufen-Authentifizierung, muss ein Stück ins Tal hinunter.
Schlimm? Die Besitzerfamilie Fuchs wartet auf einen Sendemast, manche Gäste ebenfalls, die meisten allerdings genießen ihr Offline-Dasein. Landhausgarten und Terrasse, die Stuben des Restaurants, die Liegewiesen am Bach, die Pools, Sauna, Kamin-Lounge – und nirgendwo hängt einer am Smartphone. Kein Gequatsche mit Siri, Alexa oder der Freundin daheim. Kein als Freiheit getarnter Verfügbarkeitswahnsinn. Endlich Ruhe. Menschen schauen sich in die Augen statt mit Alienpupillen aufs Display. Live is life.
„Drücke die Eins“
Natürlich geht es auch anders, zumal in Japan, in den ersten Roboter-Hotels. Dort steht etwa ein Dinosaurier an der Rezeption und schnarrt: „Willkommen im Henn na Hotel. Wenn du einchecken willst, drücke die Eins.“ Einchecken mit Gesichts-Scanning, es braucht keinen Türschlüssel. Roboter tragen das Gepäck. Auf dem Zimmer gibt es ein Smartphone, um die Geräte zu steuern. Licht und Fernseher gehorchen auf Stimm-Befehl. Und so weiter.
Digitale Lustbarkeiten
Solche digitalen Lustbarkeiten haben auch unsere Hotellerie nicht ruhen lassen. Um Personal zu sparen. Und um dem Gast personalisierte Vorschläge zu machen, etwa durch Push-Nachrichten in einer digitalen Gästemappe.
Einsamer Höhepunkt: Die Hotelkette Ibis bot in Genf und Zürich Social-Media-Sitter an. Instagram-Profis und Influenzer sorgen für die besten Posts auf dem Profil des Gastes. Damit er das Smartphone abschalten kann. Damit er sich den wichtigen Dingen des Lebens zuwenden kann. Im Hotel Spielweg wären das zum Beispiel Speis und Trank, die eigene Käserei und Jagd. Patron Karl-Josef Fuchs, Koch und Jäger, hat auch aparte Kurse in petto wie: „Wir zerlegen ein Hinterwälder Rind.“ So richtige Offline-Erlebnisse halt.