Eishockey: Matthias Hoppe ist derzeit um seinen Job nicht zu beneiden. Nach jedem Heimspiel der Wild Wings analysiert der ehemalige Nationaltorhüter das Spiel und präsentiert seine Schwenninger Top Fünf. Wie schon des Öfteren zuvor, musste Hoppe am vergangenen Freitag nach der 0:3-Niederlage gegen Wolfsburg erneut passen. Angesichts der desolaten Vorstellung der Schwenninger Profis fühlte sich der 60-Jährige nicht in der Lage, fünf Spieler aus dem schwachen Kollektiv hervorzuheben. Hoppe: „Wenn ich dann noch lese, dass sich einige Spieler noch für einen neuen Vertrag empfehlen können und solche Leistungen bringen, kann ich nur den Kopf schütteln. Der Einzige, der sich immer wieder mit starken Vorstellungen aufdrängt, ist Dustin Strahlmeier. Aber er hat ja schon einen Vertrag.“

In der Schlussphase der Partie gegen Wolfsburg machten die Fans ihrem Unmut lautstark Luft. „Ohne Dustin könnt ihr alle gehen“, hallte es von den Rängen. Hoppe kann die Wut der Anhänger nachvollziehen. „Beim Spiel Letzter gegen Vorletzter waren immerhin 2800 Besucher in der Halle. Das zeigt: Viele Zuschauer halten der Mannschaft trotz der zahlreichen Enttäuschungen immer noch die Treue. Und dann müssen sie mit ansehen, dass der Vorletzte Wolfsburg weit mehr Einsatz zeigt als die Gastgeber. Das ist völlig unverständlich, zumal es Schwenningens letzte Chance war, das Tabellenende noch zu verlassen.“ Seit der 1:3-Niederlage am Sonntag in Augsburg ist endgültig klar: Schwenningen wird die „rote Laterne“ nicht mehr abgeben.

Die Schwenninger Eishockey-Legende glaubt, dass einige Weiterverpflichtungen für die kommende Spielzeit verfrüht waren. Egal, ob Einsatz, Tempo, Passgenauigkeit, die Fähigkeit, ein Spiel zu lesen oder eine robuste Körpersprache – Hoppe vermisste solche Tugenden bei etlichen Schwenninger Profis und fällt ein hartes Urteil. „Ich hätte mit dem einen oder anderen den Vertrag nicht mehr verlängert“, sagt Hoppe. Aktuell haben neun Spieler bereits ein Arbeitspapier für die kommende Saison (siehe Infokasten).

Hoppe stand von 1982 bis 1999 selbst 17 Jahre lang zwischen den Schwenninger Pfosten und ist auch nach seiner aktiven Karriere engagierter Beobachter des Eishockey-Sports am Neckarursprung. Der Haudegen hat schon einige Höhen und Tiefen des Klubs miterlebt. Die aktuelle Runde zählt Hoppe allerdings zu den Tiefpunkten. „Das war mit die schlechteste Saison der vergangenen Jahre. Wenn eine Mannschaft in zehn Spielen kein Tor erzielt, ist das ein Armutszeugnis.“ Ein Mann im Team der Wild Wings tut ihm besonders leid: „Armer Dustin, kann ich da nur sagen. Was er alles ertragen muss, was vor ihm geschieht. Ich für meine Person wäre als Torhüter nicht so ruhig geblieben.“

Mit Ausnahme von Strahlmeier macht Hoppe in erster Linie die Abwehr verantwortlich für die verkorkste Saison. „Wir verlieren in der eigenen Zone viel zu viele Zweikämpfe. Manchmal wirkt es so, als ob der Gegner selbst bei nummerischer Gleichzahl Powerplay spielt. Auch das Aufbauspiel, die Grundlage für einen guten Angriff, ist mangelhaft. Von Schüssen aus der Distanz ist überhaupt nichts zu sehen. Gerade die Versuche von der blauen Linie sind wichtig, um vor dem Tor eine zweite Chance zu kriegen. Dass unsere Verteidiger mit die wenigsten Scorerpunkte in der DEL haben, spricht für sich.“

Die Frage, ob die Mannschaft falsch zusammengestellt wurde, vermag Hoppe aus dem Stegreif nicht zu beantworten. „Da muss nach der Saison eine genaue Analyse erfolgen.“ Allerdings macht er nicht allein Trainer und Manager für die Fehlgriffe verantwortlich. „Schuld daran sind auch die Profis selbst. Sie entwerfen bei den Verhandlungen ein viel zu positives Bild von sich und werden diesem später nicht gerecht. Auch ein vermeintlicher Leistungsträger wie Philip McRae entpuppte sich im Laufe der Runde als Mitläufer. Hoppe: „Er wirkte viel zu passiv und fabrizierte auch noch schwerwiegende Fehler.“ Rihards Bukarts habe zwar ab und zu seine Klasse aufblitzen lassen, seine Qualitäten aber viel zu wenig gezeigt. Hoppe: „Gerade solche Spieler müssen mehr bringen.“ Ville Korhonen, Istvan Bartalis und Anthony Rech bescheinigt er eine passable Leistung. Dustin Strahlmeier und Verteidiger Mirko Sacher seien die einzigen „treibenden Kräfte“ gewesen.

Was Hoppe bei den Wild Wings vermisst, ist Konstanz. „Die Mannschaft hat auswärts die besten Teams geschlagen, auf eigenem Eis aber häufig versagt. Dieses Team ist zu Hause keine Macht. Gerade dieses Merkmal hat Schwenningen in früheren Jahren ausgezeichnet. Damals war das Bauchenberg-Stadion eine Festung.“

Bleibt die Frage: Was muss sich ändern, damit die Wild Wings sportlich wieder bessere Zeiten erleben? Hoppes Antwort ist ebenso einfach wie eindeutig. „In diesem Kader ist etwas faul. Leute wie Stefano Giliati führten sich auf dem Eis auf, als ob sie gar nicht zum Team gehörten. Gerade die Schwenninger Mannschaft muss als Kollektiv auftreten, um qualitative Schwächen zu kompensieren. Deshalb muss ein größerer Umbruch erfolgen. Die Mannschaft braucht frisches Blut.“