Jahr für Jahr wird es für privat Krankenversicherte teurer: Mal müssen sie happige 10 Prozent Prämienaufschlag verkraften. Mal kommen sie mit 4 Prozent Aufpreis davon, wie Anfang dieses Jahres. Wer sich in jungen Jahren für die private Absicherung (PKV) entschied, müsse inzwischen „mit einer Verdoppelung der Beiträge alle 10 bis 12 Jahre rechnen“, betont Daniela Hubloher von der Verbraucherzentrale Hessen.

Private Krankenversicherung: Im Alter oft sehr teuer

Vielen dämmert erst nach Hochzeit und Familiengründung, dass der anfangs günstige Status als Privatpatient auf Dauer doch schwer ins Geld geht – und eine Bindung fürs Leben ist. Schnell wieder zurück in die gesetzliche Schiene, wenn es mit Kindern oder im Alter empfindlich teuer wird, geht nicht.

„Dennoch gibt es mehr Möglichkeiten zurück in die Kasse als man denkt“, sagt Bastian Landorff, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Bayern. Ein Überblick, was alles geht:

Gehalt zurückschrauben

Wollen Arbeitnehmer wieder zurück in eine gesetzliche Kasse schlüpfen, gibt es für sie folgenden Türöffner: Die Gutverdiener müssen noch vor ihrem 55. Geburtstag konsequent ihr Einkommen reduzieren. Entscheidend ist, dass das Einkommen unter die Jahres­arbeits­entgelt­grenze (JAEG) fällt. Sie liegt aktuell bei 64.350 Euro brutto im Jahr. Dazu zählen regel­mäßige Sonderzah­lungen wie Prämien, Weihnachts- oder Urlaubs­geld.

Rutscht ein Angestellter mit seinem Verdienst auch nur einen Euro unter diese Grenze, darf er nicht mehr in der privaten Schiene bleiben und wird sofort versicherungspflichtig in der GKV. Auch die Kinder dürfen mit zurück in die beitrags­freie Familien­versicherung. Die Gehaltsreduzierung muss nicht einmal sehr lang durchgehalten werden.

Gehalt reduzieren? Paradox, aber manchmal spielt das Arbeitnehmern in die Karten.
Gehalt reduzieren? Paradox, aber manchmal spielt das Arbeitnehmern in die Karten. | Bild: Zacharie Scheurer, dpa

Rein rechtlich betrachtet könnte ein Tag unter der JAEG schon reichen, um den privaten Vertrag beim Versicherer zu kündigen, wie Kaja Keller erläutert, Arbeitsrechtsexpertin bei Gansel-Rechtsanwälte in Berlin. Doch viele Kassen machen dann Ärger. „Eine Verdienstreduzierung von mehr als drei Monaten müsste aber ausreichen, um zurück in die Kasse zu kommen“, so Landorff.

Wer schon am 31. Dezember 2002 privat versichert war, muss sein Gehalt sogar bis unter die besondere Lohngrenze von 58.050 Euro brutto im Jahr drücken. Ein Gehaltsverzicht muss immer gut durchgerechnet sein. Je näher das Einkommen an der JAEG liegt, desto eher kann es sich lohnen. Wechselwillige dürfen selbst dann weiter im gesetzlichen System bleiben, wenn ihr Gehalt später wieder üppig ausfällt. Sie können sich dann freiwillig versichern.

Umstieg zurück in die gesetzliche Kranenkversicherung möglichst bis Anfang 40

Wer sparen und in die Kasse zurück will, sollte nichts auf die lange Bank schieben, rät Verbraucherschützerin Daniela Hubloher: „Bis Anfang 40 macht ein Umstieg noch Sinn, mit zunehmendem Alter rechnet es sich nicht mehr.“ Wechselwillige sollten bereits ihren Versichertenstatus als Rentner im Blick haben, mahnt auch Keller. Ob sich ein Abschied aus der privaten Schiene lohnt, hängt nicht allein von der Beitragsersparnis, sondern auch vom Zeitpunkt ab.

Mit dem Chef zu reden und die Lage zu besprechen, ist immer ein Weg.
Mit dem Chef zu reden und die Lage zu besprechen, ist immer ein Weg. | Bild: Fabian Strauch, dpa

Denn: Nur wer in der zweiten Hälfte seines Arbeitslebens mindestens 90 Prozent Mitglied einer Krankenkasse oder mitversichert war, kann im Alter in die günstige Krankenversicherung der Rentner hinein. Kommt der Wechsel erst spät im Leben, müssen sich Versicherte im Alter freiwillig gesetzlich oder doch wieder privat krankenversichern. Und das kann jeweils teuer werden.

Wer Wege raus aus der PKV sucht, kann sich bei den Verbraucherzentralen kostengünstig Rat holen. Auch Fachanwälte für Sozialrecht, Rentenberater und auch die Krankenkassen selbst bieten Unterstützung an.

Mit der Firma reden

Seit 2019 ist die sogenannte Brückenteilzeit, also ein vorübergehendes Zurückfahren der Arbeitszeit, eine echte Option, unter die JAEG zu kommen – und damit raus aus der PKV, rein in eine Kasse.

Aber: Gesetzlichen Anspruch auf garantierte Rückkehr zum vollen Arbeitspensum und altem Gehalt hat nur, wer schon länger als sechs Monate in einer Firma mit mehr als 45 Arbeitnehmern arbeitet. Wer zu den gut 14 Millionen Menschen gehört, die in kleineren Betrieben arbeiten, ist in Sachen Teilzeit auf die Kulanz der Chefin angewiesen.

Arbeitszeit reduzieren, etwa mit Brückenteilzeit, schafft Möglichkeiten zum Kassenwechsel.
Arbeitszeit reduzieren, etwa mit Brückenteilzeit, schafft Möglichkeiten zum Kassenwechsel. | Bild: Zacharie Scheurer, dpa

Andere Option: Mit der Firma ein Arbeitszeitkonto vereinbaren. Da hinein fließen beispielsweise 25 Prozent des Gehalts, während der Beschäftigte voll weiterarbeitet, aber nur 75 Prozent ausgezahlt bekommt. Auch dieses Herunterfahren des Verdiensts reicht oft schon aus, um sofort versicherungspflichtig zu werden. Das angesammelte Guthaben kann dann für eine bezahlte Auszeit genommen werden.

Eine dritte Option für die, die knapp über der JAEG-Hürde verdienen: Einen Teil des Bruttogehalts per Entgeltumwandlung direkt in eine betriebliche Altersvorsorge investieren. Auch das kann das Jahresbrutto deutlich drücken und die Versicherungspflicht in der GKV auslösen.

Beim Partner mitversichern

Ein Türöffner kann auch die beitrags­freie Familienversicherung sein, wie Hubloher betont. Dieser Weg zurück zur Kasse ist unabhängig vom Alter, kann also auch über 55 hinaus interessant sein. Ein Privatversicherter muss dabei mit einem gesetzlich kranken­versicherten Partner verheiratet sein oder in einer einge­tragenen Lebens­part­nerschaft leben.

Was vorrangig zählt, ist das Einkommen. Der Wechselwillige darf nur noch wenig oder gar kein Geld mehr nach Hause bringen. Mehr als 470 Euro Einkommen im Monat sind bei der Mitversicherung nicht erlaubt, mit einem Minijob höchs­tens 450 Euro. Dabei zählen alle Einkünfte mit, auch Miet- und Zins­einnahmen.

„Das kann Paaren helfen, bei denen der eine vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden will“, erläutert Landorff. Selbst ein Rentner, der seine Einkünfte über die Flexirente vorübergehend senkt, kann sich mitversichern.

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Ab ins Ausland und mehr

Ein eher exotischer Weg führt übers europäische Ausland. In Ländern wie Frank­reich, Österreich oder Dänemark gibt es eine obliga­torische Kranken­versicherung, die mit dem deutschen Kassensystem gleichgestellt ist. Zieht jemand etwa in die Niederlande zum Arbeiten, muss er sich dort krankenversichern, ob angestellt, selbst­ständig, jung oder alt, Gut- oder Geringverdiener, wie Stiftung Warentest betont. Der Vertrag mit der privaten Krankenversicherung muss vorher gekündigt sein.

Kommt der Beschäftigte zurück, kann er in eine deutsche Kasse hinein. Die Rückkehr kann auch ein Ehrenamt im Bundes­freiwil­ligen­dienst ebnen. Wer sich für ein freiwil­liges soziales oder ökologisches Jahr meldet, wird versicherungspflichtig.

Ein bitterer Weg aus dem privaten System heraus ist Arbeitslosigkeit. Wer seinen Job verliert und Arbeitslosengeld I bezieht, landet automatisch in der Krankenkasse.

Nur noch ein wenig selbstständig

Für Selbstständige und Freiberufler ist es besonders schwierig, die teure private Absicherung loszuwerden, so Hubloher. Solange sie hauptberuflich selbständig arbeiten, können sie nicht in die Kasse zurück. Eine Option ist, die Firma aufzugeben und sich eine Festanstellung für unter 64.350 Euro brutto im Jahr zu suchen. „In der Praxis meist nicht gangbar“, winkt Landorff ab.

Andere Option: Über einen Teilzeitjob versicherungspflichtig werden und die Selbst­ständig­keit im Nebenberuf ausüben. Nächste Option: Die Firma vorübergehend auf kleiner Flamme fahren, so dass der Gewinn nachweislich unter 470 Euro im Monat liegt. „Gründliche Beratung tut Not“, empfiehlt Landorff.