Der Friedrichshafener Automobilzulieferer ZF will die Zahl der Beschäftigten in Deutschland im laufenden Jahr maximal auf gleichem Niveau halten. Vielleicht sehe man auch "eine leicht rückläufige Entwicklung", sagte Konzernchef Stefan Sommer am Rande der jährlichen Bilanzpressekonferenz in Friedrichshafen. Um die Entwicklung "sozialverträglich" zu gestalten, nutze man auch die "demographische Kurve" aus, sagte er. In Zukunftsbereichen stellt das Unternehmen, das Ende 2016 weltweit rund 137 000 Menschen beschäftigte, dennoch ein – beispielsweise in den Bereichen E-Mobilität oder Softwaretechnik.

Ein breiterer Mitarbeiteraufbau scheitert nach Ansicht des ZF-Chefs aber an den aktuellen technologischen Herausforderungen und Umbrüchen, denen sich die gesamte Automobilbranche gegenübersieht. "Angesichts der Diskussionen, die wir um die Elektromobilität und die damit verbundene geringere Wertschöpfung haben, wäre es wohl fahrlässig, jetzt noch einmal größere Verpflichtungen einzugehen, was die Beschäftigung angeht." In der Branche geht man davon aus, dass der Umstieg von Verbrennungsmotoren auf E-Antriebe Wertschöpfung und damit auch Jobs in der deutschen Automobilindustrie kosten wird. Auch die Zulieferer stehen daher unter Druck.

Die Jobs am 8800 Mitarbeiter starken Friedrichshafener Stammsitz sind durch einen Pakt mit der Belegschaft bis 2022 gesichert. Ähnliche Vereinbarungen gibt es auch für die Standorte Osnabrück, Passau und Schweinfurt. Am mit 9300 Mitarbeitern größten deutschen ZF-Standort in Saarbrücken fehlt dagegen eine solche Vereinbarung noch. "Damit wir dort gut aufgestellt sind, müssen uns noch einige Dinge einfallen", sagte Sommer mit Blick auf Saarbrücken. Zur weltweiten Beschäftigtenentwicklung äußerte sich Sommer nicht, sagte aber, man folge seinen Kunden in deren Märkte.

Das abgelaufene Geschäftsjahr hat sich für ZF positiv entwickelt. Man habe ein "hervorragendes Ergebnis" eingefahren und ein "Fundament" für die weitere Entwicklung des Unternehmens geschaffen, sagte Sommer, der ZF seit 2012 leitet. Der Umsatz stieg um ein Fünftel auf 35,2 Milliarden Euro, was allerdings darauf zurückzuführen ist, dass der im Jahr 2015 übernommene Konkurrent TRW erstmalig voll in den Geschäftszahlen berücksichtigt wurde. Rechnet man diesen Effekt heraus, legte das Stiftungsunternehmen nur moderat zu. Auch der Gewinn aus dem laufenden Geschäft (Ebit) stieg an, unter dem Strich blieb mit 924 Millionen Euro in den ZF-Kassen aber weniger hängen als im Vorjahr. Damals hätten jedoch Einmal-Effekte, wie der Verkauf der Firmentochter ZF-Lenksysteme an Bosch eine Rolle gespielt, wie Finanzvorstand Konstantin Sauer sagte.

Wenn sich ZF in den kommenden Jahren gut entwickelt, wird das Management davon in erheblichem Maß profitieren. Der aktuelle Geschäftsbericht des Unternehmens weist mit 28,4 Millionen Euro mehr als doppelt so hohe Vergütungen für seinen siebenköpfigen Vorstand aus als im Vorjahr (14,1 Millionen). Rein rechnerisch kann damit jeder ZF-Vorstand mit einer Jahresvergütung inklusive Pensionsansprüche von 4,05 Millionen Euro rechnen. Im Vorjahr waren es 2,82 Millionen Euro. Das ist allerdings nur ein theoretischer Wert. Erstens weist ZF, anders als etwa Daimler, Vorstandsvergütungen nicht einzeln aus. Zweitens sind gut 40 Prozent der Summe an langfristige Ziele geknüpft. Die Vorstände bekommen sie nur ausbezahlt, wenn der Geschäftserfolg "in den kommenden drei bis fünf Jahren" Zielmarken überschreitet. "Der variable Anteil" der Vorstandsvergütungen, sei nach der Übernahme von TRW gestiegen, sagte Sommer. "Aber es hat sich in der Grundstruktur der Gehältern im Vorstand nichts verändert." Auch die Beschäftigten erhalten rund 1100 Euro als Erfolgsprämie plus 15 Euro für jedes Beschäftigungsjahr.

Die Ausgaben für Forschung sind 2016 um 5,5 Prozent auf zwei Milliarden Euro angestiegen. Neue Entwicklungszentren entstanden unter anderem in den USA und in Indien. Allein Hyderabat (Indien) sollen bis 2020 rund 2500 Ingenieure an Zukunftsthemen arbeiten und Software für Roboterautos programmieren. Daneben beteiligt sich ZF an Technologiefirmen. Zuletzt sei eine 45-Prozent-Beteiligung an dem Radarsensor-Spezialisten Astyx übernommen worden, sagte Sommer. Gleichzeitig brauche man auch für neue Mobilitätsformen aber "zuverlässige Mechanik". "Das IPhone auf Rädern" werde es nicht geben.

 

ZF Friedrichshafen

ZF hat 2016 zugelegt. Der Umsatz kletterte gegenüber dem Vorjahr auf 35,2 Milliarden Euro und damit um 20 Prozent. Rechnet man Effekte, die durch die erst Mitte 2015 abgeschlossene TRW-Übernahme entstehen, heraus, betrug das Wachstum noch 2,2 Prozent. Operativ (Ebit) verdiente ZF fast 2,2 Milliarden Euro. Unter dem Stich blieben 924 Millionen Euro hängen.


 

"Wir schließen technologische Lücken"

Stefan Sommer, Chef des Friedrichshafener Zulieferers ZF, spricht über die Risiken des Brexit und neue Technologien im Automobilbereich.

Herr Sommer, 2016 war für die ZF ein gutes Jahr. In wie fern bestehen 2017 Gefahren, die aus weltpolitischen Ereignissen wie dem Brexit oder der Trump-Präsidentschaft beziehungsweise Einschränkungen im Freihandel herrühren?

Wir sehen dass diese Entwicklungen nicht förderlich sind für den Handel zwischen den Regionen. Aktuell sehen wir noch keine Auswirkungen, wenn man einmal von Währungsschwankungen absieht. Aber damit gehen wir in allen Regionen der Welt seit Jahren um.

2017 soll die Integration des 2017 erworbenen Konkurrenten TRW abgeschlossen werden. Sind sie im Zeitplan?

Wir sind mit dem Verlauf des Integrationsprozesses mehr als zufrieden. Wir konnten auf technologischem Feld Boden gutmachen und haben unsere Marktanteile auf beiden Seiten gesteigert. Und wir haben Funktionen innerhalb des Unternehmens vereinheitlicht. Ab dem kommenden Jahr werden wir gemeinsame Prozesse für den ganzen Konzern haben. Insofern ist jetzt der richtige Zeitpunkt zu sagen, wir kümmern uns um die richtige Aufstellung in den Märkten für unsere Kunden.

Der Wettbewerb in der Zulieferindustrie wird immer härter. Sind die deutschen ZF-Werke noch wettbewerbsfähig?

Die deutschen Werke sind sicher in der Mechanik, wo es eine kontinuierliche Effizienzsteigerung gegeben hat, wettbewerbsfähig. Wir brauchen aber einen ausgewogenen Kostenmix, das heißt wir brauchen auch mehr Zulieferung aus Werken im Ausland.

ZF investiert stark in neue Technologien wie autonomes Fahren, Elektroantriebe und Sicherheitstechnologien. Wie sind Sie hier aufgestellt und wo sind noch weiße Flecken auf der Know-how-Landkarte?

In der Sensorik und in der Hochleistungssoftwaretechnologie sind wir heute noch nicht am Ziel, um unseren Kunden umfangreiche autonome Fahrfunktionen anbieten zu können. Wir gehen jetzt den Weg mit Partnerunternehmen und Start-ups diese Lücken zu schließen, um so am Ende Technologieführer in genau diesen Bereichen zu werden.

Fragen: Walther Rosenberger