Walther Rosenberger und Thomas Domjahn

Rund 50 Milliarden Euro erhalten die Arbeitnehmer in Deutschland jedes Jahr als Extra-Zahlung kurz vor Weihnachten von ihren Arbeitgebern. Wir haben nachgefragt, wie es bei Unternehmen in der Region aussieht.

Automobilzulieferer: Die tariflich entlohnten Stammbeschäftigten von ZF Friedrichshafen erhalten Weihnachtsgeld in Höhe von 25 bis 60 Prozent eines Bruttomonatsgehalts, wobei sich die Höhe an der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie am jeweiligen Tarifgebiet orientiert. „Die außertariflich Beschäftigten werden in anderer Form am Unternehmenserfolg beteiligt, so dass praktisch alle ZF-Mitarbeiter eine Sonderzahlung erhalten“, erklärt ein ZF-Sprecher. ZF hat in Deutschland knapp 50 000 Mitarbeiter an 40 Standorten. Am Hauptsitz in Friedrichshafen beschäftigt der Automobilzulieferer 8700 Mitarbeiter. Ähnlich verfährt das Unternehmen IMS Gear aus Donaueschingen. „Als tarifgebundenes Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie zahlt IMS Gear seinen Mitarbeitern auch in diesem Jahr ein Weihnachtsgeld von bis zu 60 Prozent eines Brutto-Monatseinkommens“, teilt IMS Gear-Personalleiter Sebastian Lang mit. Auszubildende erhalten ein Weihnachtsgeld in Höhe von 60 Prozent ihrer monatlichen Brutto-Ausbildungsvergütung. Zudem zahlt der Automobilzulieferer zusätzlich den Betriebsrentnern ein Weihnachtsgeld in Höhe von 50 Euro. IMS Gear hat weltweit 3000 Mitarbeiter, davon 1950 in Deutschland.

Diese teilen sich auf die drei Standorte Donaueschingen (1260 Mitarbeiter), Eisenbach (530 Mitarbeiter) und Trossingen (160 Mitarbeiter) auf. Auch das Schweizer Unternehmen Georg Fischer (GF), das in seinem zur Automobilsparte zählenden Werk in Singen 1000 Mitarbeiter beschäftigt, zahlt seinen Mitarbeitern Weihnachtsgeld. „Gemäß den geltenden Regelungen beträgt diese Sonderzahlung bei uns 50 Prozent eines Monatsentgelts“, teilt ein GF-Sprecher mit.

Maschinenbau: Der Dieselmotor-Spezialist Rolls-Royce Power Systems (RRPS) aus Friedrichshafen beteiligt seine Mitarbeiter, ähnlich wie der Flugzeugbauer Airbus in Immenstaad, am Unternehmenserfolg. „Rolls-Royce Power Systems und die deutschen Tochtergesellschaften wie zum Beispiel MTU Friedrichshafen bezahlen grundsätzlich Weihnachtsgeld gemäß dem jeweils gültigen Tarifvertrag. Das sind je nach Betriebszugehörigkeit zwischen 30 und 60 Prozent eines Monatsgehalts“, sagt Marcus Wassenberg, Vorstand für Personal und Finanzen. Das Weihnachtsgeld erhalten alle Mitarbeiter bis auf wenige Ausnahmen wie zum Beispiel Praktikanten oder Mitarbeiter in Altersteilzeit. Rolls-Royce Power Systems hat in Deutschland knapp 8000 Mitarbeiter an neun Standorten, der größte Teil (rund 6000) arbeitet in Friedrichshafen.

Zweitgrößter Standort ist das Werk des Tochterunternehmens L’Orange in Glatten (Nordschwarzwald) mit 700 Beschäftigten.

Lebensmittel: Der Nahrungsmittelkonzern Hügli in Radolfzell ist in einem Haustarifvertrag gebunden, in dem für Weihnachten ein zusätzliches Entgelt vereinbart ist. „Wir zahlen allen Mitarbeitern, auch den befristet Beschäftigten, Ende November entlang dieser tarifvertraglichen Vereinbarungen 110 Prozent eines Monatsentgelts zusätzlich aus“, erklärt Endrik Dallmann, Deutschland-Chef des Nahrungsmittelherstellers. In Radolfzell beschäftigt das Schweizer Unternehmen 600 Mitarbeiter.

 

Das 50-Milliarden-Euro-Geschenk


Geschenk zum Jahresende – Weihnachtsgeld.
Geschenk zum Jahresende – Weihnachtsgeld. | Bild: butenkow - stock.adobe.com
Eigentlich kommt die Bescherung schon Ende November – dann wird nämlich für die Mehrheit der deutschen Beschäftigten das Weihnachtsgeld ausbezahlt. Wichtige Fragen und Antworten:
  • Bekommen alle Arbeitnehmer Weihnachtsgeld?
    Nein. Rund 55 Prozent aller Beschäftigten können sich 2017 über Weihnachtsgeld freuen, wie eine repräsentative Umfrage des Tarifarchivs der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erbrachte. Der Anspruch auf Weihnachtsgeld ist nicht gesetzlich geregelt. „Er kann sich nur aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag, Gleichbehandlungsgrundsatz oder betrieblicher Übung ergeben“, erklärt Rainer Jung von der Hans-Böckler-Stiftung.
  • Was ist mit Teilzeitbeschäftigten?
    Auch ihnen kann Weihnachtsgeld zustehen, allerdings anteilig im Verhältnis der Arbeitszeit zur Vollbeschäftigung. Gleiches gilt für geringfügig Beschäftigte. Auch neu angestellte Mitarbeiter oder solche, die das Unternehmen verlassen haben, können noch Weihnachtsgeld bekommen – so erklärt sich, wieso der Autozulieferer IMS-Gear aus Donaueschingen seinen Betriebsrentnern das begehrte Zubrot bezahlt. Pech haben meist freie Mitarbeiter und Zeitarbeiter. Sie bekommen in der Regel kein Weihnachtsgeld.
  • Schauen Nicht-Tarifbeschäftigte in die Röhre?
    Immerhin 44 Prozent aller Beschäftigten in nicht-tarifgebundenen Firmen kommen in den Genuss von Weihnachtsgeld. In tarifgebundenen Unternehmen sind es deutlich mehr – 74 Prozent. Oft orientieren sich nicht-organisierte Betriebe aber an Tarifbestimmungen – schlicht um für Arbeitnehmer interessant zu bleiben. Während allerdings nur gut 40 Prozent der Werker im Osten Deutschlands zu Weihnachten Extra-Geld bekommen, sind es im Westen fast 60 Prozent.
  • Kann der Chef das Weihnachtsgeld verwehren?
    Im Prinzip ja, aber es bedarf dafür guter Gründe, denn der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz bindet den Arbeitgeber. Der Grundsatz verbietet es dem Arbeitgeber, Mitarbeiter ohne sachlichen Grund von Begünstigungen auszunehmen oder ihnen Belastungen aufzuerlegen, erklärt ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Allerdings können Mitarbeiter, die Bonuszahlungen bekommen, vom Weihnachtsgeld ausgeschlossen werden.
  • Kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld streichen?
    Ja und nein. „Das in Tarifverträgen festgeschriebene Weihnachtsgeld darf nicht vom Arbeitgeber gekürzt werden“, erklärt Marion Knappe vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Wenn nicht gezahlt wird, kann das Weihnachtsgeld gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich eingefordert und schließlich vor dem Arbeitsgericht geklagt werden.“ Zahlt der Arbeitgeber freiwillig Weihnachtsgeld oder eine höheren Betrag als im Tarif vereinbart, sieht es anders aus.
  • Wie hoch ist das Weihnachtsgeld?
    Nach Daten des Wirtschaftsinstituts IW werden jährlich in Deutschland rund 50 Milliarden Euro Weihnachtsgeld ausbezahlt. Je nach Tarifvertrag reicht die Spanne von einem halben bis zu einem ganzen Monatsgehalt.
  • Muss das Weihnachtsgeld versteuert werden?
    „Das Weihnachtsgeld ist steuerlich ein sonstiger Bezug und damit lohnsteuerpflichtig“, sagt der Sprecher der Arbeitgeberverbände. Allerdings wird es steuerlich gleichmäßig auf das Kalenderjahr verteilt. Dadurch wird die steuerliche Progression meist abgemildert.
Beate Kaufmann, DPA und Walther Rosenberger

 

Kliniken: Beim Schwarzwald-Baar Klinikum gehen die Ärzte leer aus. Ihr früherer Anspruch auf Weihnachtsgeld wird im aktuellen Tarifvertrag auf das Monatsgehalt umgerechnet, so dass ihnen keine Sonderzahlung zum Jahresende mehr zusteht. Die übrigen Beschäftigten erhalten im November ein Weihnachtsgeld, das je nach Eingruppierung zwischen 53 Prozent und 82 Prozent des Bruttogehalts liegt. Im Schwarzwald-Baar Klinikum arbeiten an zwei Standorten in Villingen-Schwenningen und Donaueschingen zusammen 3000 Mitarbeiter.

Pharma- und Medizintechnik: In der Pharmabranche sind die meisten Firmen noch tarifgebunden – entsprechend wird nach den üblichen Tarifbestimmungen Weihnachtsgeld bezahlt.

Bei Roche, das in Grenzach am Hochrhein ein großes Werk betreibt, und bei Takeda mit einem Großstandort in Singen, erhalten die Mitarbeiter „ein volles Bruttomonatsgehalt“, wie es von den Unternehmen heißt. Takeda beschäftigt an vier Standorten 2000 Mitarbeiter im Inland, Roche rund 15 400 an fünf Standorten. Auch Dr. Kade, das aktuell noch 178 Mitarbeiter in Konstanz in der Pharmaproduktion beschäftigt, bezahlt „ein 13. Monatsgehalt für alle tarifgebundenen Mitarbeiter“, so Dr.-Kade-Sprecherin Juliane Hollenhorst. Die Mitarbeiter von Novartis in Wehr dürfen sich über maximal „95 Prozent des tariflichen Monatsentgelts“ als Jahresleistung freuen – so wie die übrigen der 8900 deutschen Tarifbeschäftigten des Pharmariesen. Auch der Medizintechnik-Weltkonzern Aesculap ist im Metall- und Elektrotarif – und zahlt entsprechend Weihnachtsgeld für seine Mitarbeiter. Das nicht tarifgebundene Medizintechnikunternehmen Karl Storz mit 2800 Mitarbeiter in Tuttlingen, Karlsruhe, München und Berlin, zahlt nach eigenen Angaben dennoch „allen Mitarbeitern“ Weihnachtsgeld – je nach Betriebszugehörigkeit zwischen 30 und 60 Prozent eines Monatsgehalts – orientiert sich also an den Tarifregeln.

Energiebranche: Energieversorger – Konzerne wie Stadtwerke – zahlen generell satt. Bei der EnBW aus Karlsruhe ist es beispielsweise ein Monatsgehalt, das die 21 298 Werker an Weihnachten obendrauf bekommen.

Auch Stadtwerke wie das in Konstanz zahlen ihren rund 850 Mitarbeitern laut einem Firmensprecher ein entsprechendes, tariflich geregeltes Weihnachtsgeld.