In Deutschland gibt es knapp 5,7 Millionen pflegebedürftige Menschen. Abhängig von der Höhe ihres Pflegegrads sowie der Art der Pflege erhalten sie Leistungen von der Pflegeversicherung. Trotzdem ist immer ein Eigenanteil zu zahlen. Wenn Betroffene allerdings durch die Folge eines Arbeitsunfalls pflegebedürftig werden, können sie laut der Berufsgenossenschaft BGHW zusätzliche Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bekommen.
Genau dafür kämpft Samuel Koch seit 2020 in einem besonderen Fall. Der Schauspieler und Autor hatte sich laut der Deutschen Presseagentur (dpa) am 4. Dezember 2010 bei „Wetten, dass..?“ bei einem Sturz mehrfach das Genick gebrochen. Die Folge: eine Querschnittslähmung, die das Leben des heute 37-Jährigen für immer verändert hat. Am Mittwoch, 24. September 2025, haben er und sein Anwalt, Oliver Negele, vor dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel einen Teilerfolg erzielt, der zum Präzedenzfall in der Pflege werden könnte.
Rückblick im Fall Samuel Koch: Was ist 2010 bei „Wetten, dass..?“ passiert?
Mit damals 23 Jahren ist Samuel Koch bei der von Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker moderierten TV-Livesendung „Wetten, dass..?“ mit einer besonderen Wette angetreten. Wie die dpa berichtet, wollte er mit Sprungstelzen im Vorwärtssalto nacheinander fünf ihm entgegen fahrende Autos zunehmender Größe überspringen.
Als Koch zum vierten Salto ansetzte, ging etwas schief. Bei seinem Sprung über das Fahrzeug, das ausgerechnet von seinem Vater gesteuert wurde, stürzte der junge Mann schwer und zog sich bei dem Unfall lebensbedrohliche Verletzungen zu.
Vor dem BSG berichtete der pflegebedürftige Samuel Koch nun, er habe in den ersten zwei Jahren nach dem schweren Unfall „rein ums physische Überleben gekämpft“. Bis zur Corona-Pandemie habe er sich finanziell „ganz gut über Wasser halten“ können. Dass er für alle pflegerischen Kosten selbst habe aufkommen müssen, habe er naiv hingenommen. Schließlich habe er einen Fehler gemacht und sei selbst schuld gewesen. Dafür sollten nicht „irgendwelche Gebührenzahler“ aufkommen müssen. Ihm sei auch schnell klar gewesen, dass er wieder arbeiten wolle. Der damalige Kunstturner und Stuntman arbeitet heute laut Bild-Zeitung als Schauspieler, Redner und Autor. Beim Dreh der Serie „Sturm der Liebe“ habe er 2014 auch seine Frau kennengelernt.
Präzedenzfall in der Pflege: Samuel Koch erringt fast 15 Jahre nach „Wetten, dass..“-Unfall einen Teilerfolg
Wofür kämpft Samuel Koch seit fünf Jahren vor Gericht aber eigentlich? Er möchte, dass sein Sturz bei „Wetten, dass..?“ als Arbeitsunfall anerkannt wird und die Unfallversicherung ihn finanziell bei den Kosten für die Pflege unterstützt. „Wenn mein Leben dadurch sei’s nur um 50 Euro im Monat leichter werden könnte, dann nehme ich das dankbar an“, sagte Koch der Bild. Seine Kosten belaufen sich laut der Zeitung immerhin jeden Monat auf einen fünfstelligen Euro-Betrag. Die stemmt er größtenteils selbst, in „Extremfällen“ würde sein Vater „von seiner Rente was zuschießen“.
Eine klare Entscheidung hat das BSG am 24. September noch nicht gefällt. Aber das Gericht hat das Urteil der Vorinstanz laut dpa aufgehoben und den Fall zurück an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg verwiesen.
Der Grund: Mangels ausreichender Feststellung des LSG könne das BSG nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Unfall in der Sendung ein Arbeitsunfall ist oder wie ein solcher zu behandeln sei, erklärte die Vorsitzende Richterin Elke Roos. Nach Ansicht des Gerichts sei nicht auszuschließen, dass Koch als Unternehmer seines Wett-Teams wie ein Versicherter zu behandeln sei, weil ein Team-Mitglied – Kochs Vater hatte den Unfallwagen gesteuert – am Unfall beteiligt war. Das LSG muss nun also nachbessern.
Oliver Negele, Kochs Anwalt, bezeichnete die Entscheidung des BSG als Teilerfolg. Der dpa sagte er, er rechne sich nun gute Chancen aus, „dass das Landessozialgericht dann unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts auch zum von uns angestrebten Ergebnis kommt, sprich der Anerkennung als Arbeitsunfall“.
Eine solche Entscheidung könnte als Präzedenzfall auch anderen Betroffenen helfen. Mit Blick auf den nun andauernden Rechtsstreit sagte Koch der dpa, er kämpfe weiter – „für meine Familie, die mit viel Arbeitseinsatz und viel Geld auch versucht, mich am Leben zu halten und für die vielen, vielen anderen Menschen. Für die Menschen, bei denen auch diese Fälle nicht geklärt sind und wo die Familien und die Angehörigen, die Eltern, die Kinder, die Geschwister kämpfen, dass die Versorgung gesichert werden kann“.