Lina Frijus-Plessen

Der Grad der Behinderung (GdB) drückt nicht nur aus, wie stark eine Person durch eine körperliche, seelische oder geistige Beeinträchtigung im Alltag eingeschränkt ist, sondern soll auch entsprechende Nachteilsausgleiche für Betroffene schaffen. Ab einem GdB 50 gilt man nach § 2 Abs. 2 SGB IX als schwerbehindert und kann in verschiedenen Lebensbereichen von gewissen Vorteilen profitieren. Dazu zählen etwa Steuererleichterungen, Anspruch auf Zusatzurlaub oder der ermäßigte Eintritt zu Veranstaltungen.

Und auch beim Thema Mobilität werden spezielle Vorzüge gewährt. Unter bestimmten Voraussetzungen fahren schwerbehinderte Menschen vergünstigt oder sogar kostenlos im öffentlichen Nahverkehr. Mit einem GdB von mindestens 70 können zusätzliche Vergünstigungen bei Bahnfahrten im Fernverkehr in Anspruch genommen werden.

Welche Vorteile gelten mit einem GdB 70 im Nahverkehr?

Ein Grad der Behinderung von 70 reicht allein nicht aus, um Nachteilsausgleiche im ÖPNV zu erhalten. Wer allerdings einen Schwerbehindertenausweis mit einer Wertmarke besitzt, darf nach Angaben der Deutschen Bahn kostenlos Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs nutzen. Dazu zählen alle von der Deutschen Bahn oder anderen Eisenbahnunternehmen betriebenen Nahverkehrszüge sowie öffentliche Verkehrsmittel auf Verbundstrecken.

Bei der sogenannten Wertmarke handelt es sich nach Angaben des BayernPortals um ein Beiblatt zum Schwerbehindertenausweis, das den Inhaber zur kostenfreien Nutzung des ÖPNV berechtigt. Wer einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen G, aG, H, Bl oder Gl besitzt, kann eine solche Wertmarke beim zuständigen Versorgungsamt beantragen. Laut dem Informationsportal pflege.de erhalten Personen mit den Merkzeichen Bl, H, VB oder EB sowie Menschen, die Leistungen nach SGB II empfangen, die Wertmarke kostenfrei. Schwerbehinderte mit den Merkzeichen G, aG oder Gl zahlen hingegen eine Gebühr von 104 Euro pro Jahr.

Sofern der schwerbehinderte Passagier zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt ist (Merkzeichen B im Schwerbehindertenausweis), kann diese im Nah- und Fernverkehr unentgeltlich mitfahren. Dasselbe gilt für einen Begleithund, wie die Deutsche Bahn auf ihrer Website angibt.

Übrigens: Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen, künftig Änderungen beim Schwerbehindertenausweis einzuführen. Die Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises soll aber auch in Zukunft nicht zur Norm werden.

Welche Vorteile gelten mit einem GdB 70 im Fernverkehr?

Anders als im ÖPNV gilt der Deutschen Bahn zufolge für Personen mit Schwerbehindertenausweis und Wertmarke bei Fahrten im Fernverkehr prinzipiell eine Ticketpflicht. Demnach müssen auch Menschen mit einem GdB 70 grundsätzlich eine Fahrkarte erwerben, um die Züge des Fernverkehrs (ICE und IC) zu nutzen.

Jedoch gilt für ausgewählte Zugstrecken eine Ausnahmeregelung. Nur auf diesen berechtigt der Schwerbehindertenausweis mit Wertmarke zur kostenlosen Mitfahrt. Welche Streckenabschnitte dazuzählen, ist in der Reiseauskunft der Deutschen Bahn vermerkt. Vor Fahrtantritt sollten Reisende mit Einschränkungen daher stets prüfen, ob ihre Fahrtroute von dieser Ausnahmeregelung betroffen ist.

Die Deutsche Bahn bietet für Menschen mit Schwerbehinderung keine gesonderte Ermäßigung auf die Fahrpreise im Fernverkehr an. Allerdings können Personen mit einem Grad der Behinderung von 70 oder höher beim Erwerb einer BahnCard sparen und auf diese Weise indirekt Vergünstigungen bei den Fahrtkosten in Anspruch nehmen.

Welche Vergünstigungen gibt es beim Kauf von BahnCards ab einem GdB 70?

Laut der Deutschen Bahn können schwerbehinderte Personen ab einem GdB 70 beim Kauf einer BahnCard von Ermäßigungen profitieren. Die vergünstigte BahnCard 25, die Inhabern 25 Prozent Rabatt sowohl auf den „Flexpreis“ als auch die Sparangebote des Fernverkehrs bietet, kostet jährlich 40,90 Euro (2. Klasse) oder 81,90 Euro (1. Klasse). Der reguläre Jahrespreis für die BahnCard 25 liegt derzeit bei 62,90 Euro (2. Klasse) beziehungsweise 125 Euro (1. Klasse).

Mit der BahnCard 50 erhalten Bahnkunden Fernverkehrstickets mit „Flexpreis“ 50 Prozent günstiger und Sparangebote 25 Prozent günstiger. Wer mindestens einen GdB 70 besitzt, zahlt für die BahnCard50 122 Euro (2. Klasse) beziehungsweise 241 Euro (2. Klasse). Regulär werden dafür 244 Euro (1. Klasse) oder 492 Euro (2. Klasse) fällig. Die Ermäßigungen für alle vier BahnCard-Varianten gelten ebenfalls für Menschen, die aufgrund einer vollen Erwerbsminderung Rente beziehen.

Übrigens: Wer den ihm zugewiesenen Grad der Behinderung als zu niedrig empfindet, kann einen Verschlechterungsantrag stellen, um den GdB zu erhöhen. Alternativ haben Betroffene die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Einstufung einzulegen.