Maria Wendel

Der Akku des eigenen E-Autos ist voll, aber man braucht den Strom gerade nicht? Kein Problem – zumindest bald für Kunden von BMW und E.ON: Ab nächstem Jahr soll es für deutsche E-Autofahrer möglich sein, ihren Strom zu verkaufen. Die beiden Unternehmen bieten einen ersten kommerziellen Tarif für das smarte Laden an – und bieten Kunden damit einen Bonus von bis zu 720 Euro pro Jahr.

Strom von Elektroautos verkaufen: Wie funktioniert bidirektionales Laden?

Bidirektional bedeutet „in zwei Richtungen“: Mit einer passenden Wallbox können E-Autos künftig nicht nur Strom für den eigenen Betrieb speichern, sondern auch in den Haushalt oder das Stromnetz zurückspeisen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Dabei wird in mehrere Varianten unterschieden:

  • Vehicle-to-load (V2L) oder Vehicle-to-Device (V2D): Dabei befindet sich im E-Auto eine ganz normale Steckdose, an die man elektrische Geräte anschließen kann. Genutzt wird dies bereits von Campern oder Handwerkern. 

  • Vehicle-to-Home (V2H): Das E-Auto speist über die Wallbox gespeicherten Strom in das Hausnetz ein.

  • Vehicle-to-Grid (V2G): Strom wird aus dem Autoakku über die Wallbox an das Verteilnetz abgegeben.

Durch die „Vehicle-to-Grid“-Technik können Besitzer von E-Autos durch das Einspeisen ins öffentliche Stromnetz Geld verdienen. Das Angebot vom Autohersteller BMW und Stromkonzern E.ON sei nach eigenen Angaben das erste bidirektionale Angebot für Privatkunden in Deutschland. Elektroautos würden dadurch aktive Teilnehmer am Energiemarkt und könnten erstmals als flexible Stromspeicher eingesetzt werden. Das könnte dabei helfen, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen.

Ab Frühjahr 2026 soll das für Besitzer des neuen BMW iX3 möglich sein, die zudem eine BMW Wallbox Professional zu Hause haben. Diese Wallbox kostet derzeit nach Golem-Recherchen über 2000 Euro und ermöglicht bidirektionales Laden mit bis zu 11 Kilowatt Leistung. Zusammen mit E.ON und einem speziell entwickelten V2G-Stromtarif wird dann ermöglicht, Energie von der Hochvoltbatterie im E-Auto ins Netz zurückzuspeisen. Kunden, die ihre Fahrzeugbatterie für das intelligente Laden und Entladen durch Anstecken zur Verfügung stellen, erhalten laut der BMW-Pressemitteilung einen jährlichen Bonus von bis zu 720 Euro. Das entspreche etwa 14.000 Kilometern kostenloser Fahrleistung.

Wie sieht es mit der Akkulebensdauer aus, wird sie durch häufigeres Laden und Entladen verkürzt? BMW zufolge werde die Lebensdauer der Batterie nicht beeinträchtigt: Intelligente Schutzfunktionen würden dafür sorgen, dass die Hochvoltbatterie immer in einem Optimum für die Lebensdauer gehalten werde. Auch eine kürzlich veröffentlichte Studie der RWTH Aachen zeigt, dass bidirektionales Laden die Lebensdauer von Elektroauto-Batterien kaum beeinträchtigt.

Mit E-Auto Strom ins Netz einspeisen: Wie verbreitet ist bidirektionales Laden?

Laut dem Spiegel kündigten mehrere Unternehmen auf der Automesse IAA Mobility in München ähnliche Pläne wie BMW und E.ON an. Darunter etwa Mercedes-Benz mit dem Elektro-SUV GLC und einer speziellen Wallbox, die für 2026 angekündigt wurde. In Großbritannien hat der Stromanbieter Octopus das Angebot bereits ausgerollt. Anfang 2026 will er nun auch deutschen Kunden ein Paket aus E-Auto-Leasing und flexiblen Stromtarifen anbieten.

Weltweit ist das „Vehicle-to-Grid“-Verfahren nicht neu: Laut dem Spiegel wird das bidirektionale Laden in einigen europäischen Ländern bereits kommerziell angeboten. Viele Automodelle seien längst dafür ausgerüstet. Laut dpa, der eine E.ON-Analyse vorlag, seien Anfang 2025 mehr als 225.000 Autos zugelassen gewesen, die technisch für sogenanntes bidirektionales Laden vorbereitet waren.

Bisher habe sich die Technik in Deutschland jedoch trotz mehrerer Versuche bislang nicht etabliert, berichtet der Spiegel. Gründe könnten einerseits sein, dass erst 2,8 Prozent der Haushalte mit sogenannten smarten Stromzählern ausgestattet seien. Andererseits müsse man doppelt Netzentgelte zahlen, wenn man Strom aus dem Netz speichert und dann wieder zurückspeist. Auch der TÜV-Verband berichtet laut dpa von noch vielen offenen regulatorischen Fragen, die grundlegend geklärt werden müssten: „Es fehlen rechtliche Rahmenbedingungen, einheitliche Standards und marktfähige Tarife.“

Übrigens: Die öffentliche Ladeinfrastruktur für E-Autos wird in Deutschland immer weiter ausgebaut. Wie viele öffentliche Ladestationen stehen eigentlich derzeit zur Verfügung? Zum 1. Juli 2025 verzeichnete das Ladesäulenregister der Bundesnetzagentur 172.150 Ladestationen für Elektroautos. Die Anzahl und Auslastung variieren allerdings je nach Region.