Maria Wendel

Die Corona-Pandemie, Kriege, Inflation – die vergangenen Jahre haben Unternehmen weltweit vor enorme Herausforderungen gestellt. Inmitten wirtschaftlicher Unsicherheit und steigender Lebenshaltungskosten fragen sich viele Beschäftigte, ob jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Gehaltsverhandlung ist. Doch gerade in Krisenzeiten kann es sich lohnen, den eigenen Wert selbstbewusst zu vertreten.

Unternehmen reagieren in Krisen mit Sparmaßnahmen: Dennoch mehr Gehalt verhandeln?

Wie die WirtschaftsWoche (WiWo) berichtet, wirkt sich die aktuelle wirtschaftliche Lage negativ auf die Gehaltsentwicklung in Deutschland aus. Firmen agieren vorsichtig, stellen weniger Mitarbeiter ein oder verschieben Gehaltsanpassungen – besonders in krisengeplagten Branchen. Ein Lichtblick: In Bereichen mit starkem Fachkräftemangel, zum Beispiel IT sowie Gesundheits- und Pflegeberufe, haben Bewerber laut IQB Career Services eine gute Verhandlungsposition für ihr Gehalt.

Wer nicht von Tarifverträgen in seiner Branche profitiert, muss selbst sein Gehalt verhandeln. Dafür gibt es einige Tipps, um dem Argument des Vorgesetzten „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung“ etwas entgegensetzen zu können. Nach Einschätzung von Verhandlungsexpertin Claudia Kimich ist das Argument des „schlechten Zeitpunkts“ häufig vorgeschoben. Dies erläuterte Kimich gegenüber Focus Business: „Wenn keiner fragt, bleibt mehr finanzieller Spielraum für diejenigen, die sich trauen.“ Kimich bekräftigt außerdem gegenüber dem Handelsblatt: Wer gute Arbeit leiste, müsse diese nicht der weltpolitischen Lage oder anderen Umständen unterordnen. Laut Kimich ist es auch in Krisen- und Inflationszeiten möglich, mehr Gehalt zu verlangen.

Gehaltsverhandlung trotz Krise: Gute Argumente für mehr Gehalt

Wenn der Arbeitgeber aktuell schwer von Krisen gebeutelt ist, etwa Mitarbeiter entlassen muss oder in Kurzarbeit schickt, wirkt dies zunächst nicht wie der beste Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung, berichtet bewerbung.com, eine Webseite von Xing. Gehaltsverhandlungen können sich dennoch lohnen: Wer seinen Marktwert kennt und strategisch verhandelt, kann demnach auch in schwierigen Zeiten bessere Konditionen erzielen. Für das Gespräch sollte man sich vorab gute Argumente zurechtlegen, die ein höheres Gehalt rechtfertigen, etwa:

  • Man wurde – trotz der Krise – befördert oder trägt mehr Verantwortung und erbringt damit mehr Leistung.

  • Der erfolgreiche Abschluss eines Projekts und ähnliche Erfolge, die dem Unternehmen im besten Fall einen Mehrwert gebracht haben, können ebenfalls Anlass für eine Gehaltsverhandlung sein.

  • In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, seine bisher erreichten Erfolge festzuhalten, gerade wenn diese im Arbeitsalltag eher unter dem Radar laufen, empfiehlt karriere.at. Konkrete Beispiele zeigen, welche Leistung man für das Unternehmen erbringt.

  • Laut dem Portal sollte man sich außerdem vorab einen Überblick über den eigenen Marktwert verschaffen: Welches Gehalt ist aktuell für die Branche oder den Beruf üblich? Dabei können Online-Gehaltsrechner und Bewertungsplattformen für Arbeitgeber behilflich sein. Das in der Branche und Region übliche Durchschnittsgehalt kann in der Gehaltsverhandlung eine gute Argumentationshilfe sein, informiert auch stepstone.de

  • Hat man sich neue Fähigkeiten, zum Beispiel durch Weiterbildungen, angeeignet? Und kann damit neue Aufgaben übernehmen oder das Unternehmen anderweitig voranbringen? Das Handelsblatt berichtet, dass neue Qualifikationen mehr Gehalt rechtfertigen, weil man damit für das Unternehmen an Bedeutung gewinnt.

Neben dem Gehalt gewinnen auch Zusatzleistungen, Weiterbildung und Arbeitsplatzsicherheit an Bedeutung für Arbeitnehmer, wie aus aktuellen Erkenntnissen des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) hervorgeht. Wenn sich der Arbeitgeber nicht auf mehr Gehalt einlassen möchte, könnte man also auch über andere Vorteile verhandeln – wie flexible Remote-Office-Regelungen, mehr Urlaubstage, Gesundheitsangebote, Fahrradleasing oder Firmenfahrzeuge.

Noch ein Tipp: Wenn man vom Vorgesetzten mit einem späteren Zeitpunkt vertröstet wird, weil die aktuelle wirtschaftliche Lage nicht gut ist, kann man einen konkreten Zeitpunkt erfragen. Wann oder unter welchen Gegebenheiten kann man mit einem neuen Termin für eine Gehaltsverhandlung auf den Chef zukommen?

Übrigens: Der gesetzliche Mindestlohn garantiert Arbeitnehmern in Deutschland ein existenzsicherndes Einkommen. Doch er muss nicht in jedem Job gezahlt werden – es gibt Ausnahmen, zum Beispiel für Auszubildende während ihrer Berufsausbildung, Praktikanten, Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Behinderung.