Das Interesse an der Sonderschau und ihrem Begleitprogramm mit Vorträgen, Musik und Theater ist riesig. Dicht gedrängt stehen die Zuhörer bei den Einführungen zu Stocksmayrs Leben und Werk, die sein Wiederentdecker Hansjörg Straub gibt. Seit zehn Jahren ist er dem lange Zeit vergessenen Künstler, Erfinder und Lebensreformer auf der Spur und die wichtigsten Zeitzeugen und Unterstützer, die ihm bei seinen Nachforschungen halfen, sind da: So Stocksmayrs Enkel Andreas Rohl, der seinen Großvater nie kennengelernt hat, sich ihm aber sehr nahe fühlt und selbst eine Künstlerpersönlichkeit ist: Er und seine Frau Waltraud sind aus Österreich angereist. „Ich möchte mich vor dieser Stadt verbeugen für diesen Nachruf“, sagt Rohl. „Ich lebe seit Jahren mit den Werken meines Großvaters in enger Beziehung. Ich dachte schon, ich wäre der Einzige, der diese Kunstwerke betrachtet.“
Er ist spätestens jetzt bei weitem nicht mehr allein. Zu den aufmerksamsten Betrachterinnen zählen die betagten Künstlerinnen Barbara Michel-Jaegerhuber und Ilse Fark, die Stocksmayr noch persönlich gekannt haben. Ganz wichtige Quellen waren für Straub die Überlingerinnen Elisabeth Martin und Gretel Leutz sowie der Lokalhistoriker Albin Mayer aus Stocksmayrs Heimat Unter-Radlberg bei St. Pölten. Straub dankt ihnen und allen, die die Ausstellung ermöglichten, auch dem Kulturamt, den Sponsoren und Museumsleiter Peter Graubach und seiner Familie.
Bürgermeister-Stellvertreterin Sibylla Kleffner schließt Straub selbst in ihre Dankesworte ein. Straub habe mit seinem unglaublichen Engagement der Stadt „ein neues, überraschendes und unschätzbares Kapitel Kulturgeschichte (zurück)geschenkt.“ Kleffner hält eine feinfühlige Eröffnungsrede, die sich intensiv mit dem Ausstellungstitel beschäftigt: „Suche nach dem Eldorado.“ Glück habe Letzteres dem Suchenden selten gebracht, auch nicht Stocksmayr zu Lebzeiten. Doch seine Ideen und Visionen hätten nichts an Aktualität eingebüßt. „Lassen Sie sich anstecken von dieser visionären Energie“, fordert Kleffner die Besucher auf. Sie unterstreicht ferner, einer der wichtigsten Aufträge einer Stadt sei, das kulturelle Leben, ihre Künstler, und die Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte zu fördern. Kulturamtschef Michael Brunner hört das gerne. Und bei Stocksmayr, betont er, „ging es nicht nur um Utopien, sondern auch um die großen Lebensfragen.“
Phantastische, nie verwirklichte Türme sowie Windenergie-Anlagen hat dieser ebenso entworfen wie Überlingen aus allen möglichen Blickwinkeln gemalt, was Einheimische wie Fridolin Mandausch und Agnes Ruf begeistert. Manche Motive existieren noch, wie das Geschäft „Held & Menke“, andere sind längst verschwunden wie das „Hotel Hecht“ und das Gärtchen neben dem Aufkircher Tor, auf das Mandausch zeigt. „Das hat dem Friseur Bär gehört“, weiß Ruf noch.
Revoluzzer, Visionär und Heimatmaler – Stocksmayr war eine vielschichtige Persönlichkeit und so passt auch dieses unkonventionelle Museumsfest zu ihm: mit Salonmusik von Thomas Blaser und Eberhard Graf und dem frischen Improvisationstheater des Paars Anna und Jonathan Skawski. Und statt Häppchen gibt's Erbsensuppe, gekocht von Alexander Metzler. Stocksmayr hätte das alles sicher gefallen.