Um weiterhin genug Geld für Zukunftsinvestitionen zu haben, drückt der Autozulieferer ZF Friedrichshafen auf die Kostenbremse und stellt Teile seines Unternehmens zum Verkauf. „Wir werden Strukturen hinterfragen und Entscheidungswege verkürzen. Und wir werden verstärkt auf die Kosten achten“, sagte der seit Jahresbeginn amtierende ZF-Vorstandschef Holger Klein bei der Präsentation der Konzernbilanz für 2022. Mit der derzeitigen Ertragskraft des Unternehmens könne man „nicht zufrieden sein“.

Von einem Euro bleiben 4,7 Cent

2022 hat der nach Bosch zweitgrößte deutsche Automobilzulieferer zwar mit 43,8 Milliarden Euro einen Umsatzrekord eingefahren. Unterm Strich ist der Gewinn gegenüber dem Vorjahr aber um gut die Hälfte auf 376 Millionen Euro eingebrochen, etwa wegen hohen Lagerhaltungskosten und teuren Produktanläufen.

Gemessen am operativen Ergebnis (bereinigtes Ebit) blieb von jedem erwirtschafteten Euro zuletzt nur noch 4,7 Cent in der Kasse hängen. Nach Aussagen Kleins wären aber langfristig mindestens sechs Cent nötig. Die derzeitige Transformation der ZF sei historisch, sagte er. Dafür bedürfe es einer „auskömmlichen Gewinnmarge“.

Getriebeproduktion bei ZF: Investiert wird nur noch, wenn‘s ein Hybridgetriebe ist.
Getriebeproduktion bei ZF: Investiert wird nur noch, wenn‘s ein Hybridgetriebe ist. | Bild: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Im Automobilsektor zeigt sich derzeit ein gespaltenes Bild. Während Hersteller wie Mercedes Benz oder BMW Rekordgewinne einfahren und Konzerne wie General Motors für ihre US-Mitarbeiter Rekordprämien von fast 13.000 Dollar ausloben, wird die Luft für die Zulieferer dünn.

Mehrere kleine Firmen in Deutschland sind schon pleite, und auch die Branchenriesen stehen unter Druck. Zwar steigen die Umsätze inflationsgetrieben an, die Erträge aber sinken. ZF-Konkurrent Bosch weist aktuell eine Umsatzrendite von rund vier Prozent aus. Das liegt weit unter den selbst gesteckten Zielen.

ZF versilbert Firmenteile

ZF hat daher schon im vergangenen Geschäftsjahr entschieden, Teilbereiche des Unternehmens für Investoren zu öffnen. Dabei geht es etwa um die Division Passive Sicherheitstechnik, das konventionelle PKW-Achsengeschäft und autonom fahrende Shuttles. Wie viel Geld hereinkommen soll, wollte Klein am Donnerstag nicht sagen.

Geld einsparen will man durch die Gründung einer Art neuen Super-Division. Dafür sollen die Pkw-Fahrwerktechnik und die Sparte Aktive Sicherheitstechnik zusammengelegt werden.

Verdiente sich seine Meriten bei Mahle in Stuttgart und ist jetzt neuer Finanzchef bei ZF: Michael Frick.
Verdiente sich seine Meriten bei Mahle in Stuttgart und ist jetzt neuer Finanzchef bei ZF: Michael Frick. | Bild: Felix Kästle/dpa

Mit mehr als 14 Milliarden Euro Umsatz soll so ein Riese am Markt für Fahrwerkskomponenten entstehen. Außerdem wolle man fokussierter investieren. Klein nannte klassische Zukunftsfelder wie die E-Mobilität oder die Digitalisierung, aber auch Nutzfahrzeuge und die Industrietechnik. Hier ist ZF beispielsweise mit diversen Innovationen für Windräder erfolgreich, etwa beim Bau von extrem leistungsfähigen Windradgetrieben.

Welche ZF-Werke haben Zukunft?

Nicht zuletzt unterlaufen alle deutschen ZF-Werke derzeit einen sogenannten Zielbildprozess. An dessen Ende soll feststehen, ob die einzelnen Standorte eine Zukunft haben oder aber im Extremfall geschlossen werden.

Für 18 Werke sei eine entsprechende Zukunftsvereinbarung mit der Arbeitnehmerseite bereits geschlossen worden, so Klein. Bei sieben weiteren Werken sei sie absehbar. Bei acht Werken suche man noch gemeinsam mit den Arbeitnehmern nach Lösungen. Für ein Werk im norddeutschen Damme gebe es keine Zukunftsperspektive. Es soll geschlossen werden.

Gerüchte um Stellenabbau bei ZF

Zu den Auswirkungen auf die künftige Mitarbeiterentwicklung äußerte sich Klein nicht im Detail. Hatte ZF im vergangenen Geschäftsjahr weltweit noch rund 7000 Stellen aufgebaut, sagte der ZF-Chef nun, man werde „mit dem Beschäftigungsaufbau sehr, sehr vorsichtig sein“. Klein betonte: „Ich sehe, dass wir in vielen Bereichen wachsen, in anderen aber schrumpfen.“ Er würde sich daher „schwertun, konkrete Zahlen für die Beschäftigungsentwicklung zu nennen“.

Der ZF-Betriebsrat hatte in den vergangenen Monaten von bis zu 9000 Stellen gesprochen, die in den kommenden Jahren allein in Deutschland wegfallen könnten. Klein äußerte sich hierzu nicht, sagte aber, er sei Betriebsrat und IG Metall dankbar dafür, solche Punkte klar anzusprechen. Am Ende gehe es darum, die Produktion im Inland wettbewerbsfähig zu halten.

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Zu schaffen macht ZF auch die hohe Verschuldung. Nach Aussagen des neuen ZF-Finanzvorstands Michael Frick sind die Bruttoschulden des Stiftungskonzerns 2022 um rund 400 Millionen Euro auf 12,9 Milliarden Euro angestiegen. Dafür bezahle ZF derzeit Zinsen von etwa 320 Millionen Euro pro Jahr, sagte Frick.

Angesichts steigender Zinsen und weiter anstehender Refinanzierungen würde zu diesem Betrag im Jahr 2023 „eine leichte Millionenzahl“ hinzukommen. Dennoch werde es möglich sein, sich 2023 zu entschulden. „Eine mittlere dreistellige Millionenzahl sollte hier möglich sein“, sagte Frick.

Viele Neuaufträge, gute Produkte

Positiv ist, das sich ZF 2022 in allen Weltregionen die Marktentwicklung übertroffen hat, wie Finanzchef Frick sagte. Klein ergänzte, die Auftragseingänge hätten mit sieben Milliarden Euro ein historisch hohes Niveau erreicht. Außerdem hat ZF einen Auftragsbestand von 30 Milliarden Euro bis 2030 für elektrifizierte Antriebe in den Büchern. Und der PKW-Zentralrechner ProAI hat sich bereits über 14 Millionen Mal verkauft. Klein sagte: „Unsere Produkte kommen ausgezeichnet an.“