Lukas von Hoyer

Wenn das Arbeitszeitkonto ins Minus kippt, dann liegt die Situation auf der Hand: Eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer hat weniger gearbeitet als es der jeweilige Arbeitsvertrag vorsieht. Minusstunden stellen damit das Gegenteil zu Überstunden dar. Negativstunden können durch unterschiedliche Szenarien entstehen - und sind nicht immer gültig. Außerdem gibt es mehrere Wege, wie sie wieder aus dem Arbeitszeitkonto verschwinden.

Arbeitsrecht: Minusstunden dürfen nicht immer notiert werden

Minusstunden können, genau wie es bei Überstunden der Fall ist, in jedem Job anfallen. Sie dürfen aber nicht in jedem Fall auf dem Arbeitskonto erfasst werden, wie bei arbeitsvertrag.org nachzulesen ist. Das Erfassen der Minusstunden ist demnach nur möglich, wenn es eine Pflicht für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer gibt, diese nachzuarbeiten. Eine solche muss arbeitsrechtlich abgesichert sein.

Für die Zulässigkeit von Minusstunden braucht es eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag, dem Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung. Dort muss auch festgelegt werden, unter welchen Umständen Minusstunden aufgebaut und auch wieder abgebaut werden können. Außerdem gelte: ohne Arbeitszeitkonto, keine Minusstunden. Allerdings gilt laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 eine Pflicht zur Zeiterfassung.

Minusstunden durch Arbeitgeber verursacht: Was gilt?

Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Minusstunden nicht selbst verschuldet haben, dürfen ihnen diese auch nicht zur Last gelegt werden. Das geht aus Paragraf 615 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hervor. Dort steht, dass Arbeitgeber ihre Angestellten für Negativstunden voll vergüten müssen, falls diese durch das Unternehmen selbst angeordnet wurden.

Ein solches Szenario ist denkbar, wenn die volle Auslastung eines Betriebes durch die Auftragslage nicht gewährleistet ist und Angestellte daher von ihren Führungskräften in einen frühzeitigen Feierabend geschickt werden. Die DGB Rechtsschutz GmbH nennt ein interessantes Detail aus der Zeit der Corona-Pandemie: Auch Auftragsausfälle, die durch Corona bedingt sind, ermächtigen Arbeitnehmer nicht dazu, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Hause zu schicken und ihnen Minusstunden zu notieren.

Müssen Minusstunden nachgearbeitet werden?

Wer sich mit Minusstunden konfrontiert sieht, sollte zunächst prüfen, ob diese rechtmäßig entstanden sind. Das Portal arbeitsvertrag.org empfiehlt, den folgenden Fragen auf den Grund zu gehen:

  • Habe ich einem Arbeitszeitkonto zugestimmt? (Beispielsweise durch eine Unterschrift des Arbeitsvertrags)

  • Ist vertraglich geregelt, wie Minusstunden abgebaut werden können?

  • Ist die Anzahl der Minusstunden nachvollziehbar? (Die Auflistung sollte Tag für Tag durchgegangen werden)

Wenn es mit den Minusstunden seine Richtigkeit hat, müssen diese von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgeglichen werden. In Deutschland gibt es keinen Gesetzesrahmen, der vorgibt, wie genau mit Negativstunden umgegangen werden muss. Daher liegt es zu einem großen Teil an den Arbeitgebern, wie Minusstunden abgebaut werden können.

Laut einem Bericht des Unternehmens gfos, das eine Software für die Zeiterfassung entwickelt hat, haben Angestellte in aller Regel die Möglichkeit, Minusstunden durch das Leisten von Überstunden auszugleichen. Arbeitergeber geben dafür häufig einen Zeitrahmen vor. Wird das Arbeitszeitkonto in diesem nicht ausgeglichen, sind Kürzungen des Gehalts möglich. Falls der Arbeitgeber stattdessen Urlaubsansprüche kürzt, können Sie sich wehren. Das ist laut arbeitsvertrag.org nicht rechtens.

Was passiert mit Minusstunden bei Kündigung?

Wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seiner Kündigung Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto stehen hat, muss er diese bis zum Datum, an dem er das Unternehmen verlässt, durch Überstunden ausgleichen. Ist das nicht der Fall, darf der Arbeitgeber die fehlenden Stunden laut dem Handelsblatt mit dem letzten Gehalt verrechnen.

Übrigens: Kaffeepausen und Raucherpausen zählen nicht zur Arbeitszeit. Der Arbeitgeber darf diese in der Regel aber auch nicht verbieten.