Nach ZF will auch Airbus an seiner Betriebsrente schrauben. Beim Autozulieferer aus Friedrichshafen ringen Betriebsrat und Management derzeit um die Zukunft der Altersversorgung. Heute wird erneut verhandelt. Doch eine Lösung im ZF-Rentenstreit wird es wohl erst im nächsten Jahr geben. Beim Luft- und Raumfahrtkonzern, der in Immenstaad 2270 Mitarbeiter der Airbus-Division Defence and Space beschäftigt, ist man schon einen Schritt weiter.
Nach SÜDKURIER-Informationen liegt ein unterschriftsreifes Konzept auf dem Tisch, dem der Betriebsrat in Kürze zustimmen wird. Grund für die betriebsinterne Rentenreform ist in beiden Fällen die Niedrigzinsphase, welche die Finanzierung der Betriebsrente gefährdet. Wir erklären Ihnen, welche Relevanz die Betriebsrente hat und in welche Richtung die Reformversuche gehen.
- Wie wichtig ist die Betriebsrente heutzutage noch? Betriebsrenten als zweite Säule des Rentensystems neben der gesetzlichen Rente und der privaten Vorsorge spielen weiter eine wichtige Rolle. „Betriebsrenten sind ein wichtiger Baustein des deutschen Rentensystems. 57 Prozent aller Arbeitnehmer erhalten eine Betriebsrente“, sagt die Renten-Expertin Heinke Conrads vom Beratungsunternehmen Willis Towers Watson. Das sieht auch Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) so. „Die Betriebsrente ist nach wie vor die umfangreichste freiwillige Sozialleistung, die Unternehmen anbieten“, sagt er. „Unternehmen sparen zusammen mit den Arbeitnehmern ungebrochen eine Menge an“, so Stiefermann weiter.
- Welche Branchen zahlen besonders hohe Betriebsrenten? Tendenziell sind die Betriebsrenten dort hoch, wo auch die Löhne hoch sind, beispielsweise in der Metallbranche oder der chemischen Industrie. Wer in der Dienstleistungsbranche, beispielsweise als Friseur, Reinigungskraft oder bei einem Sicherheitsdienst arbeitet, guckt bei der Betriebsrente oft in die Röhre.
- Wie sieht es bei uns in der Region aus? Vor allem Beschäftigte in der Industrie profitieren von Betriebsrenten. "Die Betriebsrente von Rolls-Royce Power Systems ist ein fester Bestandteil der sozialen Absicherung unserer Mitarbeiter", teilt ein Sprecher von Rolls-Royce Power Systems (RRPS) in Friedrichshafen mit. Man habe nicht vor, die Betriebsvereinbarung zur Betriebsrente zu kündigen. Auch die Beschäftigten vom Maggi-Standort in Singen haben Anspruch auf eine Betriebsrente. Sie profitieren von der Nestlé-Pensionskasse des Mutterkonzerns. "Die Pensionskasse trägt dazu bei, den gewohnten Lebensstandard im Alter zu sichern", wirbt der Konzern auf seiner Homepage. Der Autozulieferer IMS Gear aus Donaueschingen hat ein mehrstufiges Betriebsrentenmodell. Das Unternehmen zahlt seinen Mitarbeitern ab drei Jahren Betriebszugehörigkeit zusätzlich zu altersvorsorgewirksamen Leistungen einen finanziellen Zuschuss. Dieses Modell habe sich bewährt.
- Warum zahlen Unternehmen überhaupt Betriebsrenten? In erster Linie wollen Unternehmen mit Betriebsrenten Fachkräfte anwerben und bereits beschäftigtes Personal langfristig binden. „Für Unternehmen ist das Angebot von Betriebsrenten auch ein Instrument der Mitarbeitergewinnung“, sagt Conrads.
- Nach welcher Logik funktionieren Betriebsrenten? Bei ZF zahlt das Unternehmen für jeden Mitarbeiter in Deutschland 1,1 Prozent des Bruttoeinkommens in die betriebliche Rentenkasse. Die Mitarbeiter legen ein Prozent des Einkommens obendrauf und können die Selbstbeteiligung auf bis zu fünf Prozent aufstocken. Viele ZF-Mitarbeiter tun dies gerne, denn die Beiträge versprechen eine Garantieverzinsung von 6 Prozent. Nach einer ähnlichen Logik funktioniert die Airbus-Betriebsrente. Allerdings will das Unternehmen künftig keine feste Verzinsung mehr garantieren.
- Warum reformieren viele Unternehmen ihr Betriebsrentensystem? In Zeiten von Nullzinsen kann eine Garantieverzinzung nach hinten losgehen. Denn wo bekommt man heutzutage auf dem Kapitalmarkt noch Renditen von vier, fünf oder sechs Prozent? „Der Trend bei den Betriebsrenten geht deshalb weg von festen Zinsversprechen“, erklärt Conrads. „Ökonomisch ist es vernünftig, den Zins an die Kapitalmarktentwicklung zu koppeln und die Betriebsrenten zukunftsfest aufzustellen, damit auch künftige Generationen davon profitieren können“, sagt sie. Ähnlich argumentiert Klaus Stiefermann. „Die Unternehmen können es heute nicht mehr leisten, üppige Versprechen zu machen“, sagt er.