Jan Zilius, einst Personalvorstand beim Energiekonzern RWE und seit bald drei Jahren Vorsitzender der neunköpfigen Mindestlohnkommission, konnte seine Zufriedenheit nicht verbergen. „Der gesetzliche Mindestlohn ist ein Stück Normalität in Deutschland geworden“, sagte er in Berlin. Gleichzeitig verkündete er, dass sich die Vertreter der Arbeitgeber wie der Gewerkschaften einstimmig auf eine weitere Erhöhung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns geeinigt haben – am 1. Januar kommenden Jahres steigt er von derzeit 8,84 brutto pro Stunde auf 9,19 Euro, ein Jahr später in einem zweiten Schritt auf 9,35 Euro.
An Tarifentwicklung orientiert
Auch wenn in der Kommission einzelne Gesichtspunkte unterschiedlich diskutiert worden seien, hätten sich die Mitglieder an der allgemeinen Tarifentwicklung orientiert und auch den Mindestschutz für Arbeitnehmer, die Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen und die Entwicklung am Arbeitsmarkt berücksichtigt, berichtete Zilius. Somit habe man die gesetzlichen Vorgaben umgesetzt. Und auch Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, legte Wert auf die Feststellung, dass die Erhöhung eine „exakte Abbildung von zwei Tarifjahren“ darstelle. „Das ist kein politischer Mindestlohn.“ Zufrieden zeigte sich auch Stefan Körzell, Mitglied des DGB-Bundesvorstands. Das sei ein Ergebnis, das sich sehen lassen könne, sagte er.
Drei Millionen Menschen
Zwar muss die Bundesregierung den Beschluss der Kommission noch mit einer Verordnung umsetzen, doch es gilt als sicher, dass Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) das Ergebnis ohne Änderungen annimmt. Rund drei Millionen Menschen, die derzeit Mindestlohn bekommen, haben damit im kommenden Jahr etwas mehr Geld in der Tasche, nachdem der Mindestlohn 2014 mit 8,50 Euro gestartet war und zum 1. Januar 2017 erstmals auf 8,84 erhöht wurde. Für Verbraucher kann die Mindestlohn-Anhebung teils höhere Preise zur Folge haben.
In einem 177-seitigen Bericht an die Bundesregierung weist die Kommission darauf hin, dass die einst umstrittene Einführung des Mindestlohns zu keinen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt geführt habe. Zwar habe es „eine Reihe von spezifischen Anpassungsreaktionen“ in den Betrieben gegeben, die von der Lohnuntergrenze direkt betroffen waren. „Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene sind allerdings bisher keine messbaren Auswirkungen auf gängige Wettbewerbsindikatoren wie Arbeitskosten, Lohnstückkosten, Produktivität und Gewinne zu beobachten.“ Zwar gab es bei den Minijobs unmittelbar nach der Einführung einen Rückgang, doch dieser habe sich nicht fortgesetzt. Vom Mindestlohn hätten vor allem geringfügig Beschäftigte, Arbeitnehmer in Ostdeutschland, Personen ohne Berufsausbildung, Mitarbeiter in kleinen Unternehmen sowie Frauen profitiert.
Für wen der Mindestlohn gilt
Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer – außer für Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten. Auch für Azubis, Menschen mit Pflichtpraktikum oder Praktika unter drei Monaten gilt er nicht. Daneben gibt es in einigen Branchen Mindestlöhne, die über der Lohnuntergrenze liegen.