In keinem Bundesland arbeiten mehr Menschen für den Bau von Windkraftanlagen auf hoher See als in Baden-Württemberg. Diese überraschende Erkenntnis ergibt sich aus einer Studie des Marktforschungsinstituts wind:research. Danach entfallen auf den Südwesten 4450 der 24 350 Jobs in Deutschland. Besonders in den Bereichen Forschung und Entwicklung sei das Land stark, erläuterte Studienleiter Dirk Briese in Stuttgart.

Zahl der Arbeitsplätze sinkt

Beim Ausbau der Windkraft auf See herrscht allerdings ebenso Flaute wie bei den Anlagen auf dem Festland. In den nächsten Jahren rechnet Briese mit einem Zubau von jeweils 500 bis 700 Megawatt, weit weniger als im bisherigen Rekordjahr 2015 mit 2,3 Gigawatt Leistung. Vor diesem Hintergrund erwartet er, dass sich die Zahl der Arbeitsplätze 2020 um 10 Prozent auf 22 000 reduzieren wird. „Wenn der Ausbau nicht wächst, wird die Beschäftigtenzahl auch in Baden-Württemberg über 2021 hinaus sinken“, warnte Briese.

Auch ZF mit dabei

Von der Offshore-Windkraft profitieren renommierte Firmen aus dem Südwesten. Briese nennt etwa den Antriebsspezialisten ZF aus Friedrichshafen, den Kranbauer Liebherr, den Befestigungsspezialisten Würth und die EnBW als Projektentwickler. Alle zusammen hätten eine Milliarde Euro Umsatz erzielt, ein Zehntel der Branche.

Anlagenbauer besorgt

„In Baden-Württemberg arbeiten in der Offshore-Windenergie vor allem Ingenieure in der Forschung und Entwicklung“, erläuterte Briese. Die Anlagenbauer beurteilen die Geschäftserwartung kritisch. „Der Ausbau der Windenergie auf See wird in den kommenden zwei bis drei Jahren deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt liegen“, sagte Gerd Krieger vom Verband der Anlagenbauer VDMA.

Ausbau angemahnt

Die Branchenvertreter forderten die Bundesregierung auf, so schnell wie möglich die lange versprochenen zwei Gigawatt an zusätzlicher Kapazität auf dem Meer auszuschreiben. Wenn es keine wirtschaftliche Perspektive durch einen kontinuierlichen Ausbau gebe, drohe die Abwanderung von Firmen ins Ausland, warnte Krieger. Im ungünstigsten Fall rechnet die Branche mit dem Verlust von mehr als 8000 Arbeitsplätzen in Deutschland, wenn es gut laufe, könnten bis 2035 rund 10 000 Jobs neu geschaffen werden.

Derzeit freie Kapazitäten

Krieger wies darauf hin, dass es derzeit freie Kapazitäten für Strom aus zusätzlichen Windrädern auf See in den Stromnetzen gebe, weil Kohlekraftwerke abgeschaltet worden seien. „Es gibt ein beträchtliches Potenzial in der Netzoptimierung.“ Dies gelte unabhängig vom Bau der Stromautobahnen.