Maria Wendel

Die Erforschung der Artenvielfalt von Flora und Fauna ist ein nie endendes Projekt der Menschheit. Bislang wurden aktuellen Schätzungen zufolge nur etwa zehn Prozent aller Tier-, Pflanzen- und Pilzarten weltweit wissenschaftlich beschrieben, informiert das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB). Umso spannender sind immer wieder fossile Funde, die ein Bild darüber vermitteln, welche Tiere das Ökosystem früherer Zeitalter besiedelt haben. Solch einen Fund gab es jetzt in Ecuador.

112 Millionen Jahre alte Insekten entdeckt: Sensationsfund in Bernstein

Ein Forschungsteam hat in Ecuador eine spektakuläre Entdeckung gemacht: In 112 Millionen Jahre altem Bernstein wurden die ältesten bekannten Insektenfossilien Südamerikas gefunden, informiert die Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung in einer Pressemitteilung. Der Fund stammt demnach aus der Kreidezeit und bietet einzigartige Einblicke in das bislang kaum erforschte Waldökosystem des früheren Superkontinents Gondwana.

Bemerkenswert sind laut der Senckenberg-Gesellschaft unter den etwa 60 Bernsteinproben die 21 eingeschlossenen Insekten, sogenannte Bio-Inklusen, darunter:

Zugleich fanden sich in den Sedimenten ein Spinnenetzfragment sowie zahlreiche Pflanzenfossilien wie Sporen und Pollen. Geochemische Untersuchungen der Forschenden deuten darauf hin, dass das Harz vermutlich von immergrünen, araukarienähnlichen Bäumen stammt. „Wir gehen davon aus, dass vor 112 Millionen Jahren in Äquatorial-Gondwana ein feuchter, dicht bewaldeter Lebensraum existierte, der bereits von blühenden Pflanzen geprägt war“, fasst Dr. Mónica Solórzano-Kraemer vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt die Ergebnisse zusammen.

Untersucht wurde das Material aus dem Steinbruch Genoveva in der ecu­a­do­ri­a­nischen Provinz Napo von der Bernsteinforscherin Dr. Solórzano-Kraemer, gemeinsam mit Studienleiter Dr. Xavier Delclòs von der Universität Barcelona und weiteren Forschenden aus Spanien, Panama, Kolumbien, Ecuador, Schweden und den USA. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment veröffentlicht.

Zeitkapsel aus der Kreidezeit: Welche Erkenntnisse zieht man aus dem Bernstein-Insektenfund?

Bernstein ist laut der Senckenberg-Pressemitteilung von unschätzbarem Wert für die Wissenschaft, da winzige, sonst kaum fossil überlieferte Organismen wie Insekten, Spinnen, Sporen oder Pollen in dem versteinerten Baumharz dreidimensional und quasi unbeschadet bewahrt werden. „Aus der Kreidezeit kennen wir solche Bio-Inklusen fast nur von Fundorten der Nordhalbkugel. Unser Verständnis der Biodiversität und der Ökosysteme der Südhalbkugel, während der Zeit von vor 143,1 bis 66 Millionen Jahren, als die heutigen Kontinente sich vom Superkontinent Gondwana abspalteten, ist dagegen sehr begrenzt“, erklärt Dr. Mónica Solórzano-Kraemer.

Laut den Forschenden handelt es sich bei dem Bernstein-Fund um eine „Zeitkapsel“, die das Leben vor über 100 Millionen Jahren dokumentiert: „Es liefert nicht nur einen direkten Nachweis für ein harzreiches Waldökosystem, sondern auch für dessen vielfältige Gliederfüßerfauna in der frühen Kreidezeit“, resümiert die Frankfurter Forscherin.

Übrigens: Über 50 Jahre wurde ein Insekt in einem beliebten Urlaubsland nicht mehr gesehen – doch jetzt scheint die Orientalische Hornisse in Kroatien zurück zu sein. Besonders Allergiker müssen aufpassen: Ihr Stich kann lebensbedrohlich sein.