Missbrauchsfälle seien vor allem in bestimmten Großstädten in Nordrhein-Westfalen aufgetreten, sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit (BA), der Deutschen Presse-Agentur. Die für die Auszahlung des Kindergelds zuständige Familienkasse der BA habe kürzlich mit ihren Partnern in Wuppertal und Düsseldorf 100 Verdachtsprüfungen durchgeführt und in 40 Fällen fehlerhafte Angaben festgestellt. „Die Summe des in diesen 40 Fällen unberechtigt bezogenen Kindergelds lag bei 400 000 Euro.“
Eine Gesamtsumme möglicher Missbrauchsfälle lasse sich nicht seriös schätzen, sagte der Sprecher. „Diese Ergebnisse sind keine allgemeingültigen Quoten, die bundesweit für alle ausländischen Kindergeldbezieher angenommen werden könnten.“
Um Missbrauch zu bekämpfen, gebe es bereits einen verstärkten Datenaustausch auch mit ausländischen Sozialleistungsträgern, um ungerechtfertigte Kindergeldzahlungen zu vermeiden. Die Familienkasse fordere zudem, einen tagaktuellen Meldedatenabgleich zwischen den Meldebehörden und Sozialleistungs- und Steuerbehörden einzurichten, fügte der BA-Sprecher hinzu.
Die Kindergeld-Empfängerzahl im Ausland hat zuletzt einen neuen Rekord erreicht - im Zuge der EU-Freizügigkeitsregelungen steigen vor allem die Zahlen von Osteuropäern an, die sich in Deutschland anmelden und Kindergeld beziehen.
Wie das Bundesfinanzministerium der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, wurden im Juni für 268 336 Kinder, die außerhalb von Deutschland in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum leben, Kindergeld gezahlt. Das ist eine Zunahme um 10,4 Prozent im Vergleich zu Ende 2017.
Der Stadt Stuttgart sind Medienberichten zufolge keine Fälle systematischen Kindergeldbetrugs bekannt. Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) sagte in einem Interview mit dem Südwestrundfunk, er sehe derzeit kein Problem: „Es ist keine Frage des Betrugs und erst recht nicht der Sinti und Roma, also einer Landsmannschaft.“ Höhere Kindergeldzahlungen ins Ausland kämen in der Regel durch zugewanderte Arbeiter zustande: „Die meisten Arbeitskräfte kommen zu uns, weil wir Arbeit haben. Dann ist das Kindergeld im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten in osteuroischen Ländern relativ auskömmlich.“ Wölfle betonte aber: „Das sind in der Regel Arbeitskräfte, auf die wir dringend angewiesen sind.“ Man könne – und müsse nun vielleicht auch – darüber nachdenken, die Höhe des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land, in dem die Kinder leben, anzupassen. Wölfle sagte, er vertraue dabei auf die europäische Gesetzgebung und den Rechtsstaat. (dpa)