Nach dem Ende der Apartheid vor fast 25 Jahren galt Südafrika lange Zeit als Hoffnungsträger auf einem Kontinent, der geprägt ist von tiefer Armut und politischer Stagnation. Dies lag zum einen an der Versöhnungspolitik von Nelson Mandela, dem ersten schwarzen Präsidenten, zum anderen an der zunächst eingeschlagenen Wirtschaftspolitik, die viele Anleger positiv überraschte. Doch längst ist die Bewunderung tiefer Ernüchterung über den Niedergang gewichen. Unter dem 2007 in einer Palastrevolte an die Macht gelangten Präsidenten Jacob Zuma ist die einstige Finanzdisziplin in ihr Gegenteil verkehrt und das Land auf Ramschstatus gesetzt worden.

Umso größer ist die Hoffnung, dass sich mit der Wahl des wirtschaftsfreundlichen Geschäftsmannes Cyril Ramaphosa, der bereits vor 20 Jahren Nelson Mandela beerben sollte, nun vieles zum Besseren wenden wird. Die starke Erholung der südafrikanischen Randwährung zu dessen Wahl als neuem Chef des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), der einstigen Befreiungsbewegung, ist ein weiteres Indiz dafür, wie (über-)groß der Optimismus ist. Kein Zweifel: Ramaphosa ist ungleich besser als seine unterlegene Gegenkandidatin Nkosazana Dlamini-Zuma, von der weder politisch noch wirtschaftlich ein echter Kurswechsel zu erwarten gewesen wäre.

Dennoch wäre es naiv, den neuen ANC-Vorsitzenden als Wunderheiler zu betrachten, der die vielen Probleme durch Handauflegen löst: Zum einen hat der 65-Jährige jahrelang die Politik Zumas als Vizepräsident mitgetragen. Zum anderen ist das eigentliche Problem am Kap nicht nur der Staatschef, sondern mehr noch die kaum minder korrupte Regierungspartei ANC, die Zumas wirtschaftsfeindliche und inzwischen zunehmend antiwestliche Politik bis zuletzt gebilligt hat.

Ramaphosas denkbar knapper Sieg über Zumas Ex-Frau zeigt zudem, wie tief gespalten der ANC inzwischen ist. Unter den Top 6 des mächtigen ANC-Politbüros befinden sich noch immer drei enge Verbündete Zumas. Sollte Ramaphosa dennoch wie versprochen gegen die unter Zuma völlig aus dem Ruder gelaufene Korruption vorgehen, riskiert er ein Auseinanderbrechen des ANC und ein politisches Erdbeben.

Allerdings bleibt ihm eigentlich keine andere Wahl, wenn er seine Macht konsolidieren und einen möglichen Gegenschlag von Zuma und dessen Verbündeten verhindern will. Viel Zeit bleibt nicht. So ist durchaus denkbar, dass Ramaphosa den von ungezählten Korruptionsskandalen geplagten Zuma schon in den nächsten Wochen als Präsident entlassen und das Amt selbst übernehmen wird. Zumal Zuma nach der Niederlage seiner Kandidatin im Nachfolgerennen als ein „lame duck“-Präsident gilt und sich das Machtzentrum im ANC zunehmend vom Amtssitz der Regierung in Pretoria ins Hauptquartier des ANC nach Johannesburg verlagern dürfte, wo Ramaphosa künftig den Ton angeben wird.

Eine besonders dramatische Folge der chaotischen Politik unter Zuma ist neben der Zerstörung wichtiger staatlicher Institutionen vor allem der Niedergang von Afrikas stärkster Volkswirtschaft. Seit der Fußball-WM am Kap im Jahre 2010 befindet sie sich in einem steten Sinkflug. Wegen der unter Zuma noch weiter verschärften Rassenquoten, die Unternehmen oftmals zwingen, Mitarbeiter allein wegen ihrer Hautfarbe, aber ohne die notwendige Ausbildung einzustellen, ist das Wachstum inzwischen auf unter 1 Prozent gefallen.

Leicht wird die Wende zum Besseren nach zehn verlorenen Jahren unter Zuma gewiss nicht werden. Nach seiner verheerenden Präsidentschaft braucht Südafrika dringend einen Führer, der den Menschen, wie einst Mandela, eine neue Vision geben und Aufbruchsstimmung verbreiten kann. Unter Mandela kämpfte das Land mühsam, aber am Ende erfolgreich für den Aufbau einer liberalen Demokratie. Im neuen Kampf geht es nun vor allem darum, diese große Errungenschaft vor der Zerstörung durch seine Erben zu bewahren.