Personenbezogene Daten sind in der Online-Welt zu einer Währung geworden. Täglich liefere ich den Netzwerk-Konzernen, ob sie nun Google, Facebook oder Amazon heißen, kostenfrei Informationen, die sie gewinnbringend vermarkten. Ob diese Vermarktung zu meinem Nutzen ist oder zum Nutzen der Volkswirtschaft, ist überhaupt nicht gesichert. Dass durch die systematische Datenverknüpfung aber Zigmilliarden-Erlöse erwirtschaftet werden, ist ein Faktum.
Als Ordoliberaler kenne ich aus der Offline-Marktwirtschaft die Grundprinzipien der Freiburger Schule. Deren Begründer Walter Eucken formulierte einst die Eckpunkte einer wohlfahrtsfördernden und menschenwürdigen Wirtschaftsordnung. Sie beruht auf einem intensiven Wettbewerb mit funktionierendem Preissystem, das durch seine starke Leistungsorientierung hohe Innovationsanreize setzt und die Freiheit des Einzelnen schützt. Voraussetzungen einer wahrhaft sozialen Marktwirtschaft sind die Prinzipien des Privateigentums und der Vertragsfreiheit. Eigentums- und Verfügungsrechte an materiellen wie immateriellen Gütern müssen privaten Akteuren zugeordnet werden, die mit diesem Eigentum auch nach eigenem Belieben zu ihrem persönlichen Nutzen verfahren können.
Besteht mein persönlicher Nutzen in der Online-Welt in möglichst präzisen Suchergebnissen des Quasi-Monopolisten Google? Dabei wird der Internet-Gigant durch die EU-Kommission gezwungen, die Bevorzugung seiner eigenen Werbepartner im Such-Algorithmus zu unterlassen. Wer auf Facebook und Co. unterwegs ist, muss der Datenweitergabe, die das komplette Nutzerverhalten einschließt, an deren Werbepartner zustimmen. Sonst kann er das Quasi-Monopol Facebook nicht nutzen. Aktuell prüft das Bundeskartellamt, ob hier nicht die marktbeherrschende Stellung zur exzessiven und missbräuchlichen Datensammlung ausgenutzt wird.
Um den rechtlichen Schutz der Eigentumsrechte an Daten ist es nicht gut bestellt. Daran ändert auch die frische EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSVGO) oder das vom Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil von 1983 postulierte „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ nichts. Wenn die Regulierungsbehörden nicht konsequent für mehr Verbrauchermacht kämpfen, in dem sie deren Eigentumsrechte an ihren Daten vor Missbrauch durch markbeherrschende Online-Plattformen sichern, dann wird sich in der Online-Welt kein marktwirtschaftlicher Wettbewerb durchsetzen können. Kartellbehörden sollten auch vor Untersagungsverfügungen nicht zurückschrecken, die Anbietern bestimmte Geschäftstätigkeiten verbieten. Was in der alten Offline-Welt funktionierte, kann auch in der Online-Welt genutzt werden.
Ferner muss die Rechtsprechung durch hohe Strafen und Schadensersatzfestsetzungen Missbrauch sanktionieren. Dann bekommt die Datennutzung einen impliziten Preis. Jedes Unternehmen kann sich dann hochrechnen, was Datenmissbrauch kostet. Derzeit liegt dieser Preis praktisch bei null. Deshalb besteht auf Seiten der Internet-Giganten kein Anreiz, die Eigentumsrechte der Nutzer an ihren Daten zu achten.
Der Verfasser war bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Heute lebt er als freier Autor in Ravensburg.