Christian Satorius

Zwei Wanderer treffen im Wald auf einen Bären. Der eine Wanderer holt sofort ein Paar Turnschuhe aus seinem Rucksack und zieht sie an. Sagt der andere Wanderer: „Das hat keinen Zweck. Auch mit den besten Sportschuhen bist du auf gar keinen Fall schneller als der Bär.“ Antwortet der erste Wanderer: „Es reicht ja auch, wenn ich schneller bin als du!“

Dem möchte man nicht in der Natur begegnen.
Dem möchte man nicht in der Natur begegnen. | Bild: Stefan Sauer/dpa

Schon mal gehört? Dann dürfte das mit dem Lachen so eine Sache sein, denn auch der lustigste Witz reizt nicht mehr zum hemmungslosen Drauflosbrüllen, wenn man ihn schon zu oft gehört hat. Neu muss der Witz deswegen allerdings noch lange nicht sein, man darf ihn halt nur noch nicht kennen.

Was macht einen guten Witz denn sonst noch aus? Dieser Frage sind die professionellen Witzforscher, die sogenannten Gelotologen, nachgegangen und haben dabei Interessantes herausgefunden.

Nicht zu kurz und nicht zu lang

Demnach gibt es gleich eine ganze Reihe von Faktoren, die erfüllt sein sollten, damit ein Witz zum ganz großen Lacherfolg wird.

Zunächst spielt die Länge eine große Rolle. Wir alle kennen die langweiligen Witzeerzähler, die einfach nicht auf den Punkt kommen, die reden und reden, bis keiner mehr zuhört.

Arzt- und Krankenhaus-Witze sind beliebt. Mit Humor hält man die Ängste, die Krankheiten auslösen können, auf Distanz.
Arzt- und Krankenhaus-Witze sind beliebt. Mit Humor hält man die Ängste, die Krankheiten auslösen können, auf Distanz. | Bild: Patrick Seeger/dpa

„Zu lange Witze lassen das Interesse des Zuhörers schnell schwinden“, meint dann auch Dr. Richard Wiseman von der britischen University of Hertfordshire. Für diese Erkenntnis muss man sicherlich kein Gelotologe sein, für die nächste aber vielleicht schon.

Im Schnitt 40 Wörter

„Zu kurze Witze schaffen es gar nicht erst, das Interesse des Zuhörers überhaupt zu wecken“, bilanziert der Psychologe die Auswertung seiner Studie, für die er 40 000 Witze aus 70 verschiedenen Ländern analysiert hat. Im Schnitt enthielten die Witze 40 Wörter. Dieser hier fällt also aus dem Rahmen: „Winnetou hat sein Zelt aufgeräumt – Tipi topi.“

Diese Kleine hat Spaß.
Diese Kleine hat Spaß. | Bild: Patrick Pleul/dpa

Je länger ein Witz ist, desto wichtiger wird seine Struktur, weiß Robin Dunbar von der University of Oxford. Es komme darauf an, möglichst schnell eine bestimmte Erwartungshaltung beim Hörer aufzubauen, um diese dann am Schluss mit der Pointe auf komische und überraschende Weise eben gerade nicht zu erfüllen.

Die Pinguine und der Polizist

So wie hier: Ein Polizist hält ein Auto an, auf dessen Rücksitz drei vergnügte Pinguine sitzen. Sagt der Polizist zum Fahrer: „Bringen Sie die mal lieber ganz schnell in den Zoo.“ Am nächsten Tag stoppt derselbe Polizist den gleichen Wagen erneut. Wieder sitzen die drei Pinguine vergnügt auf dem Rücksitz. Sagt der Polizist zum Fahrer: „Ich hatte Ihnen gestern doch gesagt, Sie sollen mit den Tieren in den Zoo fahren.“ Antwortet der Fahrer: „Das habe ich ja auch gemacht. Heute wollen wir aber ins Kino.“

Fünf bis sechs Gedankengänge

Der Zuhörer darf den Überblick nicht verlieren, meint Dunbar, der für seine kleine Untersuchung 65 Witze an 55 Studenten getestet hat. „Unsere Studie hat gezeigt“, resümiert der britische Psychologe, „dass zwei handelnde Personen und maximal fünf bis sechs Gedankengänge am lustigsten sind.“

Trotz der straffen Struktur darf natürlich die Pointe auf gar keinen Fall fehlen. Sie gehört unbedingt an den Schluss und sollte keinesfalls schon zu früh durchsickern. Das ist allerdings ein Punkt, den viele Witzeerzähler leider nicht beherrschen. Nichts verdirbt einen guten Witz schneller als eine zu früh verratene Pointe.

Die Pointe muss sitzen

Die folgende Scherzfrage zeigt das sehr schön, denn hier kommt es wirklich auf ein ganz präzises Timing an: „Was ist beim Elefanten klein und beim Affen groß?“ – „Das A!“ Um hier lachen zu können, muss man nicht nur die beiden Tierarten kennen, sondern auch wissen, wie sie geschrieben werden.

Eine bhutanesische Briefmarke zeigt eine Zeichnung des Yeti. In Bhutan zweifeln wenige Menschen – nicht einmal die königliche Familie – ...
Eine bhutanesische Briefmarke zeigt eine Zeichnung des Yeti. In Bhutan zweifeln wenige Menschen – nicht einmal die königliche Familie – an der Existenz des Yeti. | Bild: Doreen Fiedler/dpa

Ein guter Witz kann nur dann funktionieren, wenn Hörer und Sprecher ein bestimmtes Hintergrundwissen teilen, wissen Kommunikationsexperten. So wie hier: Treffen sich zwei Yetis im Himalaya-Gebirge. Sagt der eine: „Ich habe gestern Reinhold Messner gesehen!“ Sagt der andere: „Was? Gibt es den wirklich?“

Das Umfeld muss stimmen

„Die Menschen lachen eher über Dinge“, meint Gelotologe Wiseman, „die ihr persönliches Lebensumfeld betreffen, ihrer Altersgruppe entsprechen und ihre eigenen Wertvorstellungen widerspiegeln.“

Mit den Wertvorstellungen ist das aber so eine Sache. Was der eine schreiend komisch findet, ist für den anderen nur geschmacklos oder gar blasphemisch. Bei politischen und religiösen oder moralischen Themen kann das schnell zur Gratwanderung werden.

Vorsicht ist auch beim schwarzen Humor geboten. Sagt der Arzt zum Patienten: „Es tut mir leid, aber Sie haben nicht nur Krebs, sondern auch noch Alzheimer.“ Antwortet der Patient: „Na, wenigstens keinen Krebs!“

Humor muss man erst lernen

Klar, dass beim Witzeerzählen auch das Alter eine gewisse Rolle spielt, denn zumindest kleinere Kinder verstehen ja noch nicht alles. Ihre Witzkompetenz muss sich erst noch herausbilden, das Sprachvermögen sich verbessern und der Wissens- sowie Erfahrungsschatz sich erweitern.

Manchmal bemerken Kinder gar nicht, dass sie gerade einen Witz gemacht haben. Fragt der Vater Klein Fritzchen: „Wo ist denn dein Zeugnis?“ Antwortet Klein Fritzchen: „Das habe ich Kevin geliehen. Der will damit seine Eltern erschrecken!“

Menschen, die Ängste oder Sorgen haben, verlieren die Fähigkeit zu lachen oft.
Menschen, die Ängste oder Sorgen haben, verlieren die Fähigkeit zu lachen oft. | Bild: Franziska Gabbert/dpa

Logisch, dass es auch situationsabhängig ist, ob ein Witz richtig zündet oder eben auch nicht. Die ganze Atmosphäre, eben das gesamte Drumherum, spielt durchaus eine große Rolle. „Gestresste Menschen, die unter Zeitdruck stehen, lachen nicht“, meint dann auch Robert Provine, Psychologe an der amerikanischen University of Maryland in Baltimore. „Angst und Sorgen sind tödlich für jedes Lachen.“