Frau Mandoki, wie geht es Ihnen?

Gut, vielen Dank. Ich bin gerade von Dreharbeiten zu einem neuen Erzgebirgskrimi wieder nach Hause gekommen und putze … (lacht)

Jetzt zeigt das ZDF allerdings erst mal einen Krimi aus der Reihe, der schon länger abgedreht ist. Krimis sind natürlich selten leichte Kost, aber „Familienband“ sticht dennoch durch seine Düsternis hervor. Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie das Drehbuch bekommen haben?

Noch mehr als bei den anderen Filmen der Reihe passt die Atmosphäre des Erzgebirges perfekt zu diesem Fall. Der düstere Fichtenwald, das Mystische – für einen Krimi ist das optimal. Der dichte Wald im Erzgebirge hat nicht dieses pittoresk-bayerische. Das Buch zu „Familienband“ fand ich sehr spannend. Grundsätzlich freue ich mich sehr über den Anspruch, gerade auch bei dieser Reihe, dass man gesellschaftspolitisch den Finger in die Wunde legt und zu Diskussionen anregt. Das ist meiner Ansicht nach mit ein Grund, warum wir diese Krimis machen.

Ein tragendes Thema des Krimis ist Ausländerfeindlichkeit. Bei Ihrer Figur, Karina Szabo, hat man verständlicherweise das Gefühl, dass sie des Öfteren kurz vorm Explodieren ist. Wie geht es Ihnen, wenn Sie rassistische Sprüche hören?

So etwas ist – mit Verlaub – unfassbar dämlich, weil der Gedanke, der dem Ganzen vorausgeht, ja unterstellen müsste, dass man sich aussuchen könnte, wo man geboren wird. Das finde ich einfach sehr beschränkt und das macht mich wirklich aggressiv.

Wie empfinden Sie die Situation beim Dreh im Erzgebirge und in Sachsen im Allgemeinen? Hören Sie dort auch solche Sprüche?

Ja, das begegnet einem schon. Wir haben jetzt auch in Chemnitz gedreht – die Stadt hat dahingehend ein Problem, das wissen wir spätestens seit den Ausschreitungen 2018. Es ist irgendwie paradox, weil ich die Stadt selbst als unfassbar herzlich erlebe. Auch Leipzig ist ganz toll und sehr weltoffen. Das Erzgebirge selber ist das nicht unbedingt. Die Region ist teilweise gebeutelt von der Wende und hat eine große Abwanderung erlebt, gerade auch bei jungen Leuten. Das führt zu einem enormen Frust bei denen, die geblieben sind. Das nimmt die AfD lechzend an. Diese Dynamik begegnet einem immer wieder. Umso wichtiger finde ich es, dass wir das auch im Film zum Thema machen.

Fühlt sich das Erzgebirge nach all der Zeit, die Sie dort schon verbracht haben, heute ein bisschen wie eine Heimat auf Zeit an?

So würde ich es nicht formulieren, weil ich doch eher ein urbaner Mensch bin. Aber das Team ist für mich definitiv wie nach Hause kommen. Kai Scheve, der Robert Winkler spielt, ist ein enger Freund. Wir sind sehr verbunden miteinander, und es ist natürlich so, dass ich mich im Erzgebirge inzwischen ganz gut auskenne und einen ganz guten Eindruck davon habe, was die Menschen dort beschäftigt. Das ist, glaube ich, auch unsere Aufgabe, das zu zeigen.

Wenn man so einen politischen Krimi dreht, wie geht es da in den Pausen zu? Eher still und nachdenklich?

Allgemein ist das natürlich bei schwereren Stoffen immer so, und gerade bei diesem Film war es eine sehr konzentrierte und sehr intensive Arbeit.

Mit Ihrer langjährigen Erfahrung als Schauspielerin, fällt Ihnen das Umschalten zwischen der Rolle und Lara Mandoki manchmal dennoch schwer?

Nein, das ist Teil des Jobs. Ich habe Anfang des Jahres in Auschwitz eine Serie für Arte gedreht über Hedwig Höß, die Frau des Lagerkommandanten. Ich bin morgens in die Rolle ein- und abends wieder ausgestiegen. In der Ermittlerrolle, mit den vielen Filmen, die ich als Karina Szabo gedreht habe, stellt sich natürlich ein gewisser Automatismus ein. Natürlich ist Schauspiel immer auch ein bisschen Magie, aber am Ende des Tages ist es ein Handwerk und dazu gehört auch das Ein- und Aussteigen aus einer Situation oder einer Rolle. Man sollte, glaube ich, nicht in dieser Durchlässigkeit verharren, das wäre nicht gesund.

Karina Szabo (Lara Mandoki, Mitte) sucht mit Corinna Ott (Katharina Wackernagel, von links), Försterin Saskia Bergelt (Teresa Weißbach, ...
Karina Szabo (Lara Mandoki, Mitte) sucht mit Corinna Ott (Katharina Wackernagel, von links), Försterin Saskia Bergelt (Teresa Weißbach, mit Hund Wolke) und Ralph Ott (Götz Schubert, rechts) nach der vermissten Mia. | Bild: Hardy Spitz/ZDF

Karina Szabo hat neuerdings einen Camper. Könnten Sie sich das auch vorstellen? Als Schauspielerin sind Sie ja ohnehin viel unterwegs.

Das wäre gar nichts für mich. Ich bin froh, wenn ich zu Hause bin – weil ich eben so viel unterwegs bin. Mein Auto und ich sind ziemlich zusammengewachsen, ich habe manchmal das Gefühl, das ist mein Schneckenhaus. Auf privater Ebene bräuchte ich das nicht auch noch.

Was für ein Auto fahren Sie denn?

Einen kleinen Audi A1, der hat sicher schon 160.000 Kilometer auf dem Tacho. (lacht)

Karina Szabo nimmt im aktuellen Film ein Bad in einem See, von dem zuvor gesagt wird, die Wassertemperatur betrage so um die fünf Grad. Wie kalt war es wirklich?

11 Grad.

Und wie war‘s?

Total krass! (lacht) Ich habe mich tatsächlich länger darauf vorbereitet, weil es per Definition Eisbaden ist und man das nicht einfach so tun sollte. Es war auf jeden Fall kein leichter Drehtag.

Würden Sie‘s trotzdem wieder machen?

Ja, natürlich. Sofort. Diese besonderen und extremen Erlebnisse, die man bei der Arbeit als Schauspieler:in immer wieder mal hat, sind sehr bereichernd und machen den Beruf auch so schön.

Sie sind auch in der Serie „Das Boot“ zu sehen. Sind solche historischen Rollen, ganz abgesehen davon, ob es die von Ihnen gespielte Figur wirklich gegeben hat oder nicht, eine besondere Herausforderung?

Historisch zu drehen, ist großartig. Das bringt noch mal eine ganz andere Ebene mit sich, die unheimlich viel Spaß macht und eine ganz besondere Herausforderung ist. Ich genieße das sehr, auch in die Kostüme der Zeit zu schlüpfen.

Genießen Sie als Schauspielerin auch den Wechsel zwischen verschiedenen Genres, also nach einem Krimi auch mal eine Komödie zu drehen, etwas Leichtes?

Den Wechsel genieße ich, ja. Aber die Komödie ist nicht leicht zu spielen, sondern gerade schwer, weil man eben gerade nicht lustig spielt. Für mich ist eher die Ermittlerfigur die „ Erholung (lacht), weil sie am wenigsten emotionale Höhen und Tiefen durchmacht, sondern mehr in einer beobachtenden Position ist. Auch wenn das in „Familienband“ tatsächlich anders ist als sonst.

Wie gefällt Ihnen denn die Entwicklung von Karina Szabo?

Gerade, was den aktuellen Film anbelangt, finde ich, hat sich die Figur der Szabo weiterentwickelt. Das Konzept von manchen Krimi-Formaten aber, nämlich dass es einen älteren Ermittler gibt und eine jüngere Ermittlerin, die ihm gegenüber in einer eher zurückgestellten Haltung ist, sollte meiner Meinung nach eigentlich überholt sein. Dieser Generationen- und auch Geschlechterkonflikt ist ein spannender, über den man immer wieder sprechen sollte. Ich fände es auch spannend, den Konflikt selbst zum Thema zu machen und darüber zu erzählen, was sich tagtäglich überall in der Gesellschaft abspielt.

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Im deutschen Fernsehen ist der Krimi das bestimmende Genre. Was hebt den Erzgebirgskrimi von anderen Formaten ab?

Wir sind „On the road“-Ermittler, die kein Büro im Polizeirevier haben. Das hat sonst, glaube ich, niemand. Das macht diese Reihe sehr besonders.

Wenn es nach Ihnen geht, spielen Sie Karina Szabo gern noch ein bisschen länger, oder?

Das hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Aber solange das ZDF weitermachen möchte, solange die Geschichten spannend bleiben und sich viele Zuschauer:innen für uns interessieren, wofür ich sehr dankbar bin, freue ich mich natürlich.